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Kommentar
Politik
29.09.2025

Bald keine Weihnachtsbeleuchtung mehr erlaubt?

Ziel ist es sowohl Energieverbrauch und Lichtverschmutzung zu senken als auch eine umweltgerechte Beleuchtung sicherzustellen. (Symbolbild)
Ziel ist es sowohl Energieverbrauch und Lichtverschmutzung zu senken als auch eine umweltgerechte Beleuchtung sicherzustellen. (Symbolbild) Bild: jg
Die Stadt St. Gallen führt bis Monatsende ein öffentliches Mitwirkungsverfahren zum neuen Lichtkonzept durch, das eine nachhaltige Regulierung der Aussenbeleuchtung vorsieht.

Auch vergangene positive Entwicklungen lassen sich zeigen, so etwa die etappenweise Umstellung der öffentlichen Beleuchtung auf stromsparende LED-Leuchten. 

Vom Lichtsinn zum Vorschriften-Dschungel

So weit die Lobrede – Nun ist der Stadt St. Gallen die Sicherung durchgebrannt: Aus nachvollziehbaren Intentionen entsteht eine regelrechte Regulierungsflut. Die geplante Gesetzesnovelle ist derart vielseitig und komplex, dass einem beim Lesen fast schwindlig wird – begleitet von einem 87-seitigen Bericht zum Lichtkonzept. Statt praktikable Lösungen anzubieten, werden mit obskuren Plänen, Bewilligungspflichten und Verboten selbst kleinste Aspekte des Alltags durchreguliert. Ob private Aussenbeleuchtung, dekorative Lichter, Treppenhaus- oder traditionelle (Weihnachts)beleuchtungen – alles soll detaillierten Vorschriften unterliegen. Allem Anschein nach möchte die Stadt praktisch in allen Angelegenheiten des Privatlebens sich das letzte Wort vorbehalten. Bisher kannten wir die DDR nur aus den Geschichtsbüchern.

Wo sind wir denn angekommen, wenn wir jegliche Lichtquellen genehmigen lassen müssen? Die Stadt macht selbst vor den privaten Grundstücken keinen Halt. Festhalten, es wird absurd: In gewissen Gebieten soll die private Allgemeinbeleuchtung verboten sein, während selbst Dekorationen oder Werbung nur noch eingeschränkt oder mit Bewilligung erlaubt sind. Selbst für Privatstrassen oder  Treppen gibt es vorgeschriebene Lichtfarben, Leuchtentypen oder Dimmzeiten. In anderen Worten:

„Fiat lux“ – oder zu Deutsch: „Es werde Licht“, wie Gott (bzw. die Stadt St. Gallen) sprach.

Zu Recht lehnt auch der Hauseigentümerverband (HEV) der Stadt St. Gallen das Vorhaben dezidiert ab. Demnach ist die Vorlage ideologisch überladen und fachlich mangelhaft – dem ist nichts beizufügen.

Der Grinch regiert St. Gallen: Weihnachten im Dunkeln?

Vor allem (aber nicht ausschliesslich) Eigenverantwortung und Selbstbestimmung werden durch Rechtssetzungsakte à la UDSSR ersetzt. Die Bekämpfung der Lichtverschmutzung wird regelrecht als Alibi vorgeschoben, um im Kontrollwahn jegliche Freiheiten einzuschränken.

Sollten Kinder sich nach der fehlenden Beleuchtung des Weihnachtsbaums erkundigen, dann hat der Grinch zugeschlagen…und er trägt – wie auch die Stadt St. Gallen – die Farbe grün. Ob die Stadt bei Treppenstürze zufolge fehlender Beleuchtung ins Recht gefasst werden kann? («Liebe Mobiliar…»)

Bundesverfassung als reine Empfehlung?

Zudem stellt sich zu Recht die Frage, inwiefern damit die verfassungsmässig verankerte Eigentumsgarantie noch eingehalten werden kann. Diese Garantie sollte (bewusst Konjunktiv) Eigentümer davor schützen, dass willkürlich über ihr Eigentum bestimmt wird. Während Einschränkungen ins Privateigentum in gewissen Fällen gesetzlich vorgesehen sind, wird die St.Gallerische Bevölkerung im Kontrollwahn dermassen in ihrer Freiheit eingeschränkt, dass schon von enteignungsähnlichen Zuständen die Rede sein dürfte.

«Allgemeine Polizeikontrolle – Stromzähler zeigen!»

Eine Durchsetzung mittels polizeilicher Mittel ist (noch) nicht vorgesehen. Weniger absurd ist das aktuelle Vorhaben aber nicht. Vollzogen werden sollte das Vorhaben mit etlichen Instrumenten wie u.a. Bewilligungspflichten für private Beleuchtungen, Betriebszeiten und sogar Sanktionen. Ein solcher staatlicher Kontrollwahn erinnert unweigerlich an dunkle Zeiten und ist an Absurdität kaum zu überbieten. Fehlt nur noch, dass eine Belohnung ausgeschrieben wird, wenn man seinen Nachbarn bei der Lichtpolizei verpfeift.

Da die Stadtpolizei bereits jetzt für die Durchsetzung des Immissionsschutzreglements zuständig ist, liegt es nahe, dass sie künftig als Anlaufstelle für allerlei Unfug missbraucht wird. Der neue Art. 23 sieht vor, dass die Polizei Verstösse mit «geeigneten Mitteln» durchsetzen kann – eine schwammige Formulierung, die unnötig viel Interpretationsspielraum lässt. Was beim Lärmschutz noch Sinn ergibt, führt hier nur zur Überlastung einer Behörde, die Wichtigeres zu tun hat. Der Missbrauch von Notrufen ist übrigens schon heute strafbar – nur so nebenbei.

Was man braucht, ist eine pragmatische, umsetzbare und vor allem praktische Lösung, die nicht am Volkswillen vorbeireguliert und zugleich das zugrundeliegende Anliegen fördert. So viel sei gesagt: Die aktuelle Vorlage tut es nicht. So lobenswert das Ziel ist, der Zweck heiligt nicht alle Mittel – der Kollateralschaden ist zu gross. Anstatt Prioritäten zu setzen, überschätzt der Verwaltungsapparat damit seine Rolle.

Aktuell befindet sich das ungestüme Vorhaben noch in der Vernehmlassung. Die Jungfreisinnige Region St. Gossau – St. Gallen ruft die Leserschaft dazu auf, sich bis zum 31. Oktober 2025 aktiv an der Vernehmlassung zu beteiligen und sich einzubringen, bevor es kein Zurück mehr gibt:

https://partizipieren.stadt.sg.ch/de/lichtkonzept-stadt-stgallen-und-entsprechende-erlasse-im-

immissionsschutzreglement/participant

Jungfreisinnige St. Gallen-Gossau / Toggenburg24