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Schweiz
18.11.2025

Wohnraum ist im Kanton Mangelware

Planung ist zwar das A und O, aber ohne Räumlichkeiten geht gar nichts.
Planung ist zwar das A und O, aber ohne Räumlichkeiten geht gar nichts. Bild: zVg.
Wohnraum gesucht. Mit dem Aufruf für umnutzbare Flächen in Schaffhausen erhofft sich das kantonale Sozialamt, die angespannte Unterbringungssituation im Asylsystem entschärfen zu können. Dazu sprach der «Bock» mit Stefan Pfister und HUMA.

«Die Wohnungsknappheit ist nicht nur für Personen aus dem Asylbereich ein Problem. Der Wohnungsmarkt im Kanton Schaffhausen wächst weniger schnell als die Bevölkerung. Der Wohnungsmarkt ist ziemlich ausgetrocknet», so die ernüchternde Feststellung von Stefan Pfister, Asyl- und Flüchtlingskoordinator des Kanton Schaffhausen. Insbesondere im Preissegment von 1000 bis 1500 Franken Miete pro Monat bestehe ein hoher Nachfrageüberhang. Dies entspreche genau dem Preissegment, in welchem auch das kantonale Sozialamt Wohnraum für den Asylbereich sucht.

Um das Vorhaben «Flächen umzunutzen» möglichst sozial und dennoch kosteneffizient umsetzen zu können, hat das kantonale Sozialamt HUMA als Beratung mandatiert. Der Verein unterstütze das Sozialamt in den ersten Phasen der Projekte. Aufgrund der grossen Erfahrung und Konzepte sei er in der Lage Objekte pragmatisch zu beurteilen und die Grundlagen für betriebswirtschaftliche Überlegungen zu liefern.

Kontinuierlich Wohnraum gesucht

«Der Kanton Schaffhausen ist gesetzlich verpflichtet, die durch den Bund zugewiesenen Personen aus dem Asylsystem unterzubringen. Derzeit sind das knapp 400 Personen pro Jahr», erklärt Pfister im Gespräch mit dem «Bock». Mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine sei der Bedarf an zusätzlichem Wohnraum signifikant gestiegen. «Die Strategie des Kantons ist es, die Personen in Wohngemeinschaften in Mietwohnungen unterzubringen.» Das Ziel sei es, die Personen bevölkerungsproportional auf die Gemeinden zu verteilen. Manche Gemeinden würden aber über wenig miet- und bezahlbaren Wohnraum verfügen.

Der Kanton suche laufend Wohnraum. Der Umfang desselben sei nicht nur abhängig von den Zuweisungen, sondern ebenfalls davon, wie viele Personen in dessen Strukturen verbleiben würden – auch wenn sie keinen Anspruch etwa aufgrund Ablösung Sozialhilfe oder Statuswechsel mehr hätten. «Derzeit verbleiben vermehrt Personen in unseren Strukturen, da alternativer Wohnraum fehlt», so der Asyl- und Flüchtlingskoordinator. Nach sieben Jahren kämen Personen, welche noch nicht von der Sozialhilfe abgelöst wurden, in die Obhut der Gemeinden. Auch diese Personen seien weiterhin auf preiswerten Wohnraum angewiesen. Dazu werde auch weiterhin auf dem Wohnungsmarkt Ausschau gehalten.

«Wir sind überzeugt, dass nachhaltige Lösungen, bei der Unterbringung von geflüchteten, zu deren raschen Integration beitragen.»
Martin Bölsterli Vize-Präsident HUMA

Jedes Objekt ist einzeln zu begutachten

Die Frage, was für Punkte die Objekte zu erfüllen hätten, könne nicht pauschal beantwortet werden. Jede potenzielle Immobilie muss einzeln beurteilt werden, erklärt Stefan Pfister: «Es ist davon auszugehen, dass die Objekte vor einer Nutzung umgebaut oder durch temporäre Installationen ergänzt werden müssen.» Letztlich würden betriebswirtschaftliche Überlegungen, wie Kosten und Nutzen sowie Opportunitätskosten entscheiden, ob und wie sich ein Objekt für die Nutzung eignet. «Aus diesem Grunde ist unser Inserat ‹Wohnraum› gesucht sehr offen formuliert.»

Stefan Pfister trägt dabei die Verantwortung für die Unterbringung und Koordinierung des Prozesses mit den externen und kantonsinternen Stellen. Er erarbeitet Entscheidungsgrundlagen und stellt allfällige Anträge bei den verantwortlichen Personen, wobei die Zuständigkeit je nach Betragshöhe variieren könne. «Der Kommunikation mit den involvierten Parteien messe ich eine besondere Bedeutung zu.» Ziel sei es, möglichst früh mit Anspruchs- und Interessengruppen einen respektvollen Dialog aufzubauen.

Von der Expertise profitieren

Das kantonale Sozialamt Schaffhausen arbeitet mit dem Zürcher Verein HUMA zusammen. Insbesondere bringe der Verein die Sicht einer nachhaltigen, würdevollen und trotzdem preiswerten Realisierung von Wohnraum im Asylbereich ein. Denn Asylunterkünfte hätten je nach Grösse besondere Erfordernisse und je nach Ausgestaltung erweise sich die Unterbringung integrationsfördernder oder nicht. Und genau über dieses Know-how verfüge HUMA.

Der Verein setzt sich zum Ziel, mit der Erarbeitung von «Planungshinweisen für nachhaltige Wohnbauten im Asylbereich» die kommunalen und kantonalen Stellen sowie die interessierte Öffentlichkeit zu sensibilisieren. «Wir sind überzeugt, dass nachhaltige Lösungen, bei der Unterbringung von Geflüchteten, zu deren raschen Integration beitragen», so Martin Bölsterli, Vize-Präsident HUMA. Durch die Beratungstätigkeit des Vereins für Kantone und Gemeinden würde in regelmässigen Teamtreffen ein Erfahrungsaustausch stattfinden, um den Zweck, die Ziele und die vorausschauende Strategie des Vereins laufend zu überprüfen.

Die Mitglieder des Vereins würden langjährige Erfahrung bei der Planung und dem Bau von Wohnraum in der Schweiz aufweisen. Ebenso bestehe ausgewiesene Kompetenz in der Internationalen Humanitären Hilfe, welche aufgrund von Auslandseinsätzen erworben wurde.

«Schweizweit gab es keine umfassenden Empfehlungen, wie Asylunterkünfte geplant und gestaltet werden können. Da viele Kantone und Gemeinden limitierte Planungskapazitäten haben und unter Zeitdruck stehen kam es vor, dass Unterkünfte entstanden, die beispielsweise zu wenig Privatsphäre für geflüchtete Menschen aufwiesen. Diese Herausforderungen bleibt bestehen, jedoch kann unsere Publikation da Abhilfe leisten», erklärt Bölsterli. Eine der vielen Herausforderung sei die Volatilität der Flüchtlingszahlen, welche grossen Schwankungen unterliegt. Nachhaltige Unterbringungslösungen zu finden, sei deshalb herausfordernd und könne nur im partizipativen Dialog mit den Kantonen, Gemeinden und zivilgesellschaftlichen Akteuren sowie der lokalen Bevölkerung gelöst werden.

Migrationsdruck wird anhalten

Stefan Pfister geht kurzfristig von einem weiteren Anstieg des Bedarfs an qualifizierten Räumlichkeiten aus. In Schaffhausen sei am Wohnungsmarkt keine Entspannung in Sicht. Mittelfristig sei es davon abhängig, wie sich die Situation in der Ukraine weiterentwickelt und welche Implikationen dies auf den Schutzstatus S hat. Das könne zu einer temporären Entlastung führen. «Langfristig stellt sich die Frage, wie viel qualifizierter Wohnraum für das kantonale Sozialamt respektive für Sozialhilfeempfangende innerhalb der Mietzinsobergrenzen zur Verfügung steht», hält Pfister fest. Das kantonale Sozialamt verliere zudem erfahrungsgemäss nach Sanierungen von Altbauten immer wieder Unterbringungsmöglichkeiten, da die neuen Mieten ausserhalb der Obergrenzen liegen.

Martin Bölsterli geht davon aus, dass der Migrationsdruck aufgrund von Naturkatastrophen, Krieg und dem Klimawandel anhalten wird: «Es ist deshalb wahrscheinlich, dass der Bedarf an zielgerichteter Beratung für Kantone und Gemeinden weiter steigen wird.»

  • Stefan Pfister ist Asyl- und Flüchtlingskoordinator des Kanton Schaffhausen und sucht aktuell qualifizierten und bezahlbaren Wohnraum. Bild: zVg.
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  • Martin Bölsterli, Vize-Präsident des Vereins HUMA, geht davon aus, dass der Migrationsdruck anhalten wird. Bild: zVg.
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Sandro Zoller, Schaffhausen24 / Toggenburg24
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