In der georgischen Hauptstadt Tiflis fand die angekündigte Demonstration gegen den Betrug bei den Parlamentswahlen statt. Vor dem Parlamentsgebäude versammelten sich mehrere Tausend Personen. Die Demonstranten protestierten gegen die prorussische Regierungspartei und die durch Betrug beeinträchtigten Parlamentswahlen. Geschwenkt wurden Fahnen von Georgien, der EU und der Ukraine und es erklang die offizielle Hymne der Europäischen Union.
Die Demonstranten gaben zu verstehen, dass sie auch in den Folgetagen demonstrieren werden.
Opposition verlangt Neuwahlen und internationale Kontrolle
Verschiedene Anführer der georgischen Opposition ergriffen das Wort: Sie bezeichneten die Wahl als manipuliert und verlangten eine Wiederholung der Wahl.
Diese «Koalition für den Wandel» verzichtet offiziell auf ihre parlamentarischen Mandate und erklärte, sie habe nicht die Absicht, die dem georgischen Volk gestohlenen Stimmen zu legitimieren. «Die einzigen Verhandlungen mit der Regierung werden die Abhaltung von Neuwahlen mithilfe internationaler Beobachter sein», sagte der Chef der Vereinigten Nationalen Bewegung, Giorgi Waschadse.
In einem Interview mit dem französischen Sender «Antenne 2» sagte die georgische Staatspräsidentin Salomé Zourabichvili, dass es ein grosser Wahlbetrug sei und dass dafür «unser nördlicher Nachbar», Russland verantwortlich ist.
Und bei CNN sagte Zourabichvili: «Wir kennen Betrug … Betrug dieses Ausmasses … in Georgien ist beispiellos. (…) 70 % der georgischen Bevölkerung unterstützen in allen Meinungsumfragen den europäischen Weg und die europäische Integration. Und plötzlich hat sich das bei einer Wahl geändert.»
Wahlbetrug in unbekannt grossem Umfang
Datenanalysten konnten den Wahlbetrug nachweisen. Während sich die Resultate in den grossen Städten in einer statistischen Norm befinden, sind sie in rund 400 ländlichen Wahllokalen jenseits von jeder Erklärbarkeit, nicht nur weil dort 100% aller registrierten Wähler alleine für die Regierungspartei stimmten. In bestimmten Gegenden, in denen die pro-russische Partei „Georgischer Traum“ die Nase vorn hatte, gelang es ihr, bis zu 133 % der registrierten Wähler zu mobilisieren.
Auf Seiten der wahlbetrügenden Partei «Georgischen Traum» und von ihren russischen Verbündeten werden die Demonstrationen als «Putschversuch» angeprangert. Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew forderte die Verhaftung der georgischen Präsidentin.
Ungarns Regierungschef diniert mit Regierung
Unterdessen traf der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban in Tiflis ein. Am Flughafen wurde er vom georgischen Vizepremier Levan Davitashvili empfangen. Zuvor hatte die EU betont, dass sie Orban kein Mandat für den Besuch Georgiens erteilt habe. Viktor Orban wohnt in einem Hotel in der Nähe des Parlaments, wo die Demonstration stattfand und wurde von den Demonstranten ausgebuht. Später traf er die georgische Regierung zu einem Essen.
Von der Leyen fordert Aufklärung
Die EU-Chefin Ursula von der Leyen schrieb auf «X»: «Das georgische Volk kämpft für die Demokratie. Sie haben ein Recht zu erfahren, was dieses Wochenende passiert ist. Ein Recht darauf, dass Unregelmässigkeiten zügig, transparent und unabhängig untersucht werden. Denn freie und faire Wahlen bilden den Kern der europäischen Werte.»