«Zum Projekt «Thursanierung Wattwil» fand unlängst das Mitwirkungsverfahren statt. Mit der Auflage wurden die Details und die Kosten des Grossprojektes erstmals öffentlich bekannt. Die Ergebnisse aus dieser Mitwirkung sind noch nicht öffentlich. Auf Grund der doch schon jahrelangen Diskussionen über das Projekt ist zu erwarten, dass die Stellungnahmen im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens ebenfalls sehr kontrovers ausfielen. In der Einfachen Anfrage 61.23.28 vom 22. Mai 2023 im Kantonsrat wurden verschiedene Fragen zum Projekt und zu den Kosten gestellt; die Beantwortung steht noch aus.
Umfassende Interessenabwägung
Von Seiten Projektleitung wie auch vom Departement wird immer wieder betont, dass im Rahmen des Projekts eine umfassende Interessenabwägung stattfinde. Bereits das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat in einem Bericht aus dem Jahre 2021 von einem ungenügenden Kosten-/Nutzenverhältnis gesprochen. Eine Interessenabwägung beim Kulturlandbedarf fehlt. An die gesamten Projektkosten von zurzeit 112 Mio. Franken (Basis 2018) wird die Standortgemeinde einen grossen Beitrag leisten müssen. Zudem sollen auch die Werke für die Verlegung der Werkleitungen Kosten tragen müssen.
Rechtssprechung widerspricht der Praxis
Bis anhin wurde davon gesprochen, dass die Beiträge der öffentlichen Hand als gebundene Ausgaben gelten, und die Bevölkerung daher nicht darüber befinden könne. Im kürzlich publizierten Bundesgerichtsurteil 1C_567/2022 vom 02. August 2023 zum Hochwasserschutzprojekt Region Wil (das vier Bäche in den Gemeinden Rickenbach, Wilen und Wil betrifft), hat das Bundesgericht entschieden, dass das Ergreifen von Hochwasserschutzmassnahmen zwar erforderlich sei, dass die Vorinstanz, das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, jedoch zu Unrecht angenommen habe, es bestehe in sachlicher, örtlicher und zeitlicher Hinsicht keine Handlungsfreiheit der betroffenen Gemeinden. Das Projekt sei auch nicht von einer derartigen Dringlichkeit, die den Behörden in zeitlicher Hinsicht keinerlei Spielraum mehr belassen würde. Aus diesen Gründen habe die Politische Gemeinde Wilen die politischen Rechte der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger verletzt, indem sie ihren Kostenanteil als gebundene Ausgabe qualifizierte. Diese Rechtsprechung widerspricht der bisherigen Praxis und Meinung der Verantwortlichen im Projekt der Thursanierung.
Grundsätzlich dafür, aber…
Weite Teile der Bevölkerung und der Politik dürften im Grundsatz hinter der Thursanierung stehen. Mehrheitsfähig wird allerdings nur ein Projekt mit Augenmass sein. Es erscheint daher notwendig, dass unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Mitwirkungsverfahrens geprüft wird, wie das Gesamtprojekt redimensioniert und zu einem mehrheitsfähigen Gesamtprojekt geführt werden kann. Es ist ein Scherbenhaufen zu vermeiden, mit weiteren Hunderttausenden von Franken unnötiger Planungskosten.
Fragen an die Regierung
Wir bitten die Regierung um Beantwortung der folgenden Fragen:
- Wann darf mit der Kommunikation der Ergebnisse aus dem Mitwirkungsverfahren gerechnet werden?
- Nach welchen Kriterien finden die Stellungnahmen aus der Mitwirkung und in einer Gesamtinteressenabwägung Berücksichtigung bei der Überarbeitung des Projekts?
- Welchen Einfluss hat der Bundesgerichtsentscheid 1C_567/2022 für das Projekt Thursanierung in Bezug auf den Kostenteiler und die politische Mitwirkung der Stimmbevölkerung auf Stufe Gemeinde?
- Wie sehen die politischen Prozesse in diesem Projekt auf kommunaler und kantonaler Ebene aus?»