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Viel Publikum an der Jagdhorn-Matinee in Oberhelfenschwil Bild: Peter Weigelt1 / 3
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Die Jagdhornbläser Hubertus St. Gallen während der Matinee. Kirche Oberhelfenschwil. Bild: Peter Weigelt2 / 3
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Platzkonzert vor der Kirche Bild: Peter Weigelt3 / 3
Neckertal
29.10.2023
30.10.2023 11:40 Uhr
Jagd - Praktizierter Naturschutz! Interview mit Oskar Trunz.

Jagdhörner
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Jagdhornbläsergruppe Hubertus St.Gallen
Der über die Region hinaus bekannte Vollblutmusiker, Autor und Theologe Dänu Wisler hat am Sonntag 29.10.2023, in der Kirche Oberhelfenschwil eine Jagdhorn-Matinee mit den Jagdhornbläsern Hubertus St.Gallen organisiert. Im Rahmen der gutbesuchten Matinee führte er ein Interview mit Oskar Trunz, Jäger und seit 55 Jahren Mitglied des Jagdvereins Hubertus St. Gallen.
Dänu Wisler: Oskar Trunz, Wer bist Du?
Oskar Trunz: Ich bin in Wittenbach in einer Jägerfamilie aufgewachsen und daher von Kindesbeinen her in die Jagd involviert. Ich war während über 20 Jahren beim Amt für Natur, Jagd und Fischerei sowie beim Veterinäramt des Kantons St. Gallen tätig. In all diesen Jahren konnte ich mir einen vertieften Eindruck in die jagdlichen Belange, die Fischerei sowie in die Haltung von Wild- und Nutztieren in unserem Kanton verschaffen. In der Folge war ich noch einige Jahre als Geschäftsführer in einem KMU in der Privatwirtschaft tätig.
Während 12 Jahren war ich Mitglied in der Kommission der Wildparkgesellschaft Peter & Paul, St. Gallen und bin dort noch immer aktives Mitglied.
Seit mittlerweile 55 Jahren bin ich Mitglied des Jägervereins Hubertus. Während dieser Zeit übte ich 10 Jahre das Amt des Präsidenten aus und bin verschieden Bereichen des Vereins immer noch sehr aktiv.
4 Jahre lang war ich Sekretär des Verbandes RevierJagd St. Gallen und auch 10 Jahre
Vorstandsmitglied des St. Gallischen Jägerverbandes.
Ich bin seit 1976 Revierpächter im Kanton St. Gallen. Anfänglich im Revier Wittenbach, wo ich aufwuchs. Mittlerweile bin ich seit 43 Jahren aktiver Pächter im Revier Bernhardzell.
Meine Hobbys sind nebst der Jagd und der Natur auch die Fotografie.

Dänu Wisler im Interview mit Oskar Trunz während der Jagdhorn-Matinee in der Kirche Oberhelfenschwil
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Peter Weigelt
DW: Als ich zum Mal die Blockhütte beim Jagdschiessstand Erlenholz betrat, ist mir ein Spruch an der Wand aufgefallen: «Ich bin schon oft mit leeren Händen von der Jagd zurückgekehrt, aber nie mit einem leeren Herzen.» Später habe ich herausgefunden, dass dieser Spruch von dir stammt. Was meinst du damit?
OT: Das kann ich ganz einfach erklären: Während meines doch schon langen Jägerlebens war ich unzählige Male im Revier, in der Regel ganz alleine, meistens jedoch in Begleitung meines Jagdhundes. Manchmal - während der Jagdzeit – bin ich mit Erfolg, also Beute nach Hause gekehrt. Meistens verliefen meine Reviergänge jedoch ohne dass ich ein Wildtier der Wildbahn entnommen habe, also ohne Beute.
Im Herzen habe ich jedoch immer etwas nach Hause gebracht; sei es eine Begegnung oder Beobachtung eines oder mehrerer Wildtiere, eine Begegnung mit einem Menschen, welcher im Wald Erholung suchte oder ein gutes Gespräch mit einem Landwirt oder einem Forstwart.
Und, wenn ich niemandem begegnet bin, erfreute ich mich der wunderbaren Natur und der Tatsache ein freier Mensch und Jäger in unserem wunderschönen Land sein zu dürfen – ein Jäger mit der Waffe, aber immer mehr auch mit der Kamera.
Deshalb mein Leitsatz: «Ich bin schon oft mit leeren Händen von der Jagd zurückgekehrt, aber nie mit einem leeren Herzen.»

Symbolbild Jagd
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Jagdverein Hubertus St.Gallen
DW: Kürzlich habe ich einen Artikel gelesen mit dem Titel «Jagd ist praktizierter Naturschutz». Kritiker dagegen behaupten, Jagen sei sinnloses Töten von Tieren. Was ist die Jagd für dich?
OT: Jagd ist für mich eine Leidenschaft und eine Berufung, aber auch eine Aufgabe im Interesse der Öffentlichkeit. Ich zitiere dazu Hansjörg Blankenhorn, den ehemaligen Eidgenössischen Jagdinspektor; "In unserer Kulturlandschaft braucht es eine Regulierung der Wildbestände. Hier gibt es keine vernünftige Alternative zur Jagd."
DW: Eine Aufgabe, die von den Jägern wahrgenommen wird, ist die Rehkitzrettung. Die Setzzeit der Rehe ist von Mitte Mai bis Mitte Juni. In dieser Zeit bist auch du oft unterwegs. Was machst Du genau? Wie läuft so eine Rehkitzrettung konkret ab?
OT: Während der Zeit, in welcher die Rehgeissen ihre Kitze setzen bin ich jeden Morgen, an denen die Bauern das Heu- und das Ökogras mähen, mit meinem Kitzretter-Team von morgens um Vier Uhr bis ca. Acht Uhr unterwegs. Am Vorabend informieren mich die Bauern, welche Felder sie am anderen Morgen mähen werden. Mit meinem Team und einer Drohne mit integrierter Wärmebildkamera können wir die in der Wiese befindlichen Kitze sehr gut Orten. Danach werden die Kitze mit einer Harasse abgedeckt und mit einer Fahne markiert, bevor wir sie dann in Sicherheit bringen.
Wir informieren dann den Landwirt über das Vorhandensein eines oder mehrerer Kitze. Nach dem Mähen der Wiese werden die Kitze wieder frei gelassen.

Gerettetes Rehkitz
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Portal24
DW: Von welcher Grössenordnung reden wir da? Wie viele Kitze habt ihr in diesem Jahr vor der Mähmaschine gerettet? Wie viele sind es im Kanton?
OT: Im vergangenen Sommer haben wir in unserem Revier 12 Kitze und den vergangenen 5 Jahren, seit wir Kitze mit Hilfe der Drohne retten, über 80 Kitze gerettet.
Im Kanton St. Gallen wurden in diesem Jahr gemäss der Erhebung bei den Jagdrevieren 599 Kitze mit Drohnen und Wärmebildkameras gerettet.
DW: Wie finanziert sich das eigentlich?
OT: Der gesamte organisatorische und zeitliche Aufwand wird ehrenamtlich durch die Jäger erbracht. In diesem Jahr wurden im Kanton St. Gallen ca. 5'400 Stunden durch die Jägerschaft aufgewendet. Bei der Beschaffung der Drohnen sind die Jagdgesellschaften auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Eine komplette Drohnenausrüstung mit Wärmebildkamera kostet zwischen 6'000 und 7'000 Franken.

Jagdhornbläser verblasen das erlegte Wild um ihm die Ehre zu erweisen.
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Jagdhornbläsergruppe Hubertus St.Gallen
DW: Es gibt kritische Stimmen, die behaupten, die Jäger retten die Kitze nur, damit sie sie dann im Herbst abknallen können. Ist das so?
OT: Die Jäger sehen die Kitze lieber, wenn sie in ihrem Lebensraum natürlich aufwachsen können, als wenn sie von den immer grösseren und schnelleren Maschinen vermäht werden und dabei elendiglich zu Grunde gehen. Die Jäger nutzen die erwachsenen Rehe dann nach Jahren als natürliche Ressourcen der Natur. Dies auch um die Bestände zu regulieren um das Gleichgewicht der Natur zu erhalten. Zudem besteht die Gefahr von Botulismus, wenn Kadaver im Heugras liegen, insbesondere bei der Verfütterung des Heugrases mittels Siloballen. So können ganze Vieh- und Schafbestände qualvoll zu Tode kommen. Kitzrettung ist Tierschutz und somit auch im Interesse der Landwirtschaft. Die Jagd ist nicht nur eine naturnahe Passion, sondern auch ein gesetzlicher Auftrag.