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22.07.2024
23.07.2024 07:42 Uhr

China-Deal: «Stadtrat, allein uns fehlt der Glaube»

Der Stadtrat prüft, seine Niederlage ans Bundesgericht zu ziehen. Der China-Deal wird immer dubioser.
Der Stadtrat prüft, seine Niederlage ans Bundesgericht zu ziehen. Der China-Deal wird immer dubioser. Bild: Linth24
Das St. Galler Tagblatt schrieb vergangene Woche über Rapperswil-Jonas China-Deal. Stadtrats-Vize Kurt Kälin konterte, man habe «es gut gemeint». Kommentar von Bruno Hug

Das St. Galler Tagblatt fragte letzte Freitag seitengross: «Hat das Volk beim China-Deal doch noch das letzte Wort?» Auch die Hauptstadt-Zeitung beschreibt, wie das St. Galler Verwaltungsgericht den Rapperswil-Joner Stadtrat verdächtigt, eine Grundbuch-Schätzung des «China-Landes» beeinflusst und den Landverkauf «willkürlich» abgeschlossen zu haben.

Wirklich gut gemeint?

Stadtrat Kurt Kälin sagte dem Blatt in Vertretung des Stadtpräsidenten, der Stadtrat habe es «gut gemeint» und Jungunternehmen «unterstützen wollen».
Das tönt nett. Doch, entweder schlief der Stadtrat, oder er glaubt blind alles, was ihm vom Vorsitz aufgetischt wird.

Warum geheim?

Jedoch: Trotz «gut gemeint» hätten sich die Räte fragen können: Warum muss das der Landverkauf heimlich am Volk vorbei ablaufen? Oder: Muss der Stadtrat wirklich Schnellentscheide fällen, nur weil die Chinesen schnell Geld in die Schweiz transferieren wollen? Oder: Warum werden die Chinesen gegenüber hiesigen Firmen bevorzugt?

Warum alte Schätzung?

Noch unbegreiflicher ist: Warum stützte sich der Stadtrat bezüglich seiner Verkaufskompetenz auf eine zehn (!) Jahre alte Schätzung, um damit den China-Deal ohne öffentlich Information durchziehen zu können? Wussten die (mitnickenden) Stadträte nicht, dass eine solch alte Schätzung null Aussagewert besitzt?

Weshalb dubiose Schätzung?

Und, weshalb, und wer vom Rat, bestellte kurz vor Verkauf dann noch eine Schnellschätzung beim Grundbuchamt, deren Seriosität das Gericht hochgradig anzweifelt?
Und das zu Recht, denn diese dubiose Schätzung flog erst ein Tag vor Vertragsabschluss mit den Chinesen in unbekannter Weise irgendwie daher, war aber weder geschrieben noch war sie rechtskräftig! Und obendrein enthielt sie für das China-Land einen anderen m2-Preis als für das Land rundum. (Wann endlich wird dieser Fall echt untersucht – oder muss jemand klagen?)

Das und vieles mehr stinkt beim China-Deal zum Himmel – siehe Kasten am Berichtsende.

Weshalb Bundesgericht?

Aktuell geht’s zur nächsten Krise: Weshalb überlegt der Stadtrat, das St. Galler Urteil ans Bundesgericht zu ziehen? Steht er den Chinesen näher als den Rapperswil-Jonern? Oder glaubt er, sich damit über die nächsten Wahlen zu retten? Und warum stemmt sich der Stadtrat überhaupt gegen die Volksmitsprache? 

Warum steigt der Stadtrat nicht aus?

Zu alledem kommt, dass der vom Stadtrat im April 2023 veröffentlichte Verkaufsvertrag mit den Chinesen definitiv dahingefallen ist. Was hat der Stadtrat also noch für Sorgen?

Oder hat er – wieder geheim – besagten Vertrag im Nachhinein verändert, und das, während sich die Gerichte mit dem Fall beschäftigt haben?

Warten auf Antwort

Linth24 wartet auf die Beantwortung dieser Fragen. Seit dem 27. Juni 2024. Der Stadtrat teilte am 5. Juli mit, er prüfe, ob er «Interessen Dritter» schützen müsse.
Er meint damit wohl jene der Chinesen – nicht die der hiesigen Bürger.

Pferdefüsse eines undurchsichtigen Geschäfts

Alle Fakten zeigen, wie der Stadtrat den China-Deal an der Bürgerschaft und an den hiesigen Firmen vorbeizirkelte:

  • Am 22. Juni 2020 debattierte der Stadtrat ein erstes Mal über das Geschäft und protokollierte, da das Land nicht den lokalen Firmen angeboten worden sei, sei Vorsicht angesagt. Der Stadtrat wusste also, dass er lokale Interessenten ausliess, verkaufte das schöne Land aber trotzdem den Chinesen.

  • Sieben Monate später, am 8. Februar 2021, fällte der Stadtrat seinen Verkaufsbeschluss und stützte sich auf eine 10 Jahre alte Landschätzung. Obwohl er zuvor sieben Monate Zeit gehabt hätte, eine aktuelle Schätzung vornehmen zu lassen.

  • Zu seiner Verkaufskompetenz legte sich der Stadtrat eine plumpe Begründung zurecht. Er schrieb in sein Protokoll, es sei «nicht davon auszugehen», dass der Landverkauf referendumspflichtig sei. Was das Verwaltungsgericht als «willkürlich» und «unhaltbar» einstuft.

  • Der Stadtrat begründete seine Verkaufskompetenz mit dem «amtlichen Steuerwert», was so nicht in der Gemeindeordnung stand. (Und was das St. Galler Gericht ebenfalls rügt.)

  • Die vom Stadtrat vor Vertragsunterzeichnung kurzfristig organisierte Landschätzung wird vom Gericht in Frage gestellt. Sie war beim Verkauf nicht einmal rechtsgültig und lag erst 2 Monate später amtlich vor.

  • Der Stadtrat hielt den Landverkauf an die China-Firma geheim, bis Linth24 den Fall fast zwei Jahre danach aufdeckte. Die Geheimnistuerei war sachlich nicht begründet und widersprach der Gemeindeordnung.

  • Der Stadtrat verkaufte das Land, statt es im Baurecht abzugeben, was für städtisches Land vollkommen unüblich ist.

  • Im Land-Verkaufsvertrag verpflichtete sich der Stadtrat, «sämtliche Baugesuchs-Unterlagen (der Chinesen) ohne Verzug zu unterzeichnen». Eine durch und durch gefährliche Zusicherung, die die Stadt noch schaden kann.

  • Der Land-Verkaufsvertrag wäre dahingefallen. Doch nach dessen Offenlegung hat ihn der Stadtrat mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Gunsten der China-Firma SinoSwiss irgendwie neu definiert.
    Vorderhand sperrt sich die Stadt noch, die Fakten offenzulegen.
Bruno Hug