Am 9. November 1924 wurde das Volkshaus feierlich eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben. Die Gemeindeinfrastruktur hat in diesen Jahrzehnten verschiedene Veränderungen erfahren. Aus diesem Anlass hat der Gemeinderat eine kleine Ausstellung anfertigen lassen, die auf die relevanten Stationen der Entwicklung zurückblickt und einen Ausblick wagt.
Sehnsucht nach Fortschritt
Nach den Wirren des ersten Weltkriegs sehnte sich die Bevölkerung nach gesellschaftlichen und sozialen Fortschritten. Der Ruf nach öffentlichen Einrichtungen war nicht zu überhören, denn die damals bestehenden Infrastrukturen konnten den Bedürfnissen nicht mehr gerecht werden. Die Firma Heberlein & Co. AG hat deshalb 1921 der Gemeinde zum Zweck eines Volkshauses die durch sie erstandene ehemalige Liegenschaft der Schiffli-Stickerei Hofstetter in der Thurau als Schenkung angeboten. Zwei Jahre später hatte das Wattwiler Stimmvolk dem gemeinderätlichen Gutachten zugestimmt und es konnte zügig mit dem Baubetrieb begonnen werden. Der damals bestehende Fabrikanbau musste abgebrochen werden. An dessen Stelle wurden ein alkoholfreies Restaurant und eine Küche mit Office realisiert. Zusätzlich wurde quer zum bestehenden Kopfbau ein Saal-Neubau mit einem kleineren und einem grösseren Saal erstellt. Am 9. November 2024 konnte das lang ersehnte Werk seiner Zweckbestimmung übergeben und mit einer würdigen Einweihungsfeier eröffnet werden.
Schenkung als Volkshaus
Die gesamten Aufwendungen wurden nebst den geleisteten Beiträgen von Bund und Kanton unter dem Titel «Bekämpfung der Arbeitslosigkeit» vollumfänglich von der Heberlein & Co. AG übernommen. Am 3. Januar 1925 übertrug die Heberlein & Co. AG die Liegenschaft mit allem Inventar schuldenfrei an die Politische Gemeinde. Im Zentrum der Schenkung standen der Wunsch und die Hoffnung, einerseits mit bescheidenen Ansätzen die Verpflegung im Volkshaus zu ermöglichen und anderseits das gesellschaftliche und geistige Leben in Wattwil und Umgebung nachhaltig wieder zu beleben und zu fördern. Bereits 25 Jahre später war man sich an der offiziellen Jubiläumsfeier allseits einig, dass sich die in das Volkshaus gesetzten hohen Erwartungen voll erfüllt hatten. In den ersten 50 Jahren fanden rund 4 500 Veranstaltungen und Tagungen in den Räumlichkeiten des Volkshauses statt.
Transformation zum Thurpark
Da die alkoholfreie Führung des Restaurants auf dem Getränkesektor nur unbedeutende Umsätze ergab, wurde im Jahre 1973 die Bewilligung zum Ausschank alkoholischer Getränke, die bislang nur für den Saalbetrieb galt, eingeholt. Dies brachte die gewünschte Umsatzsteigerung. Gleichzeitig wurde im Sinn einer attraktiveren Bezeichnung die Umbenennung der Anlage in «Thurpark» vorgenommen. Die Jahre gingen auch am Volkshaus bzw. Thurpark nicht spurlos vorüber und es drängten sich Renovationen an Gebäude und Einrichtungen auf. 1981 wurde vom Stimmvolk die Zustimmung zu einer Totalsanierung und dem Ersatz des Mitteltraktes abgeholt. Der bestehende einstöckige Mitteltrakt wurde abgebrochen und durch einen dreistöckigen Neubau ersetzt. Ausserdem wurden unter anderem die Säle niveaugleich zusammengelegt und die bestehenden Pfeiler, Bögen und Hubtore beseitigt. Erfreulicherweise leistete die Heberlein-Stiftung wiederum einen namhaften Beitrag an die Gesamtkosten des Umbaus.
Diverse Nutzungen
Über die Jahre hinweg fanden verschiedene Nutzungen in den Räumlichkeiten des Volkshauses bzw. Thurpark Platz. So befand sich 1932 bis 1975 die Gemeindeverwaltung und anschliessend 1976 bis 1997 die Pflegerinnenschule Toggenburg Linth in den Räumlichkeiten des Volkshauses. Seit 2004 bis heute ist das Regional Didaktische Zentrum (RDZ) der Pädagogischen Hochschule St.Gallen im Thurpark eingemietet, und seit 2017 befindet sich auch der Familientreff Wattwil in der Thurpark-Liegenschaft.
Zukunft und Weiterentwicklung
Der Thurpark hat für die Gemeinde eine historische Bedeutung und aufgrund der Nutzungen auch eine wichtige zentrale Funktion. Die Gemeinde hat deshalb im Rahmen einer übergeordneten Analyse 2019 eine Machbarkeitsstudie erstellt, mit der Vernetzungen und Abhängigkeiten der verschiedenen Infrastrukturen und öffentlichen Nutzungen in der Gemeinde aufgezeigt werden. Für das Objekt «Thurpark» wurde von den Bedürfnissen abgeleitet ein Variantenfächer erstellt und sechs verschiedene Varianten geprüft. Aufgrund der Bausubstanz und den Einschränkungen als Schutzobjekt besteht die Empfehlung einer Totalsanierung des Bestandes. Teilweise könnte damit auch der ursprüngliche Charakter wiederhergestellt werden. Wegen der anspruchsvollen Struktur des Mitteltraktes wird für eine zukünftige Nutzung vorgeschlagen diesen zu ersetzen. Optional können die Dachgeschosse von Kopf- und Saal-Bau ebenfalls ausgebaut werden.
Erhalten und weiterentwickeln
Eine mögliche Konkretisierung wird in naher Zukunft geprüft und entsprechende Planungen mit Zustimmung der Bürgerschaft gestartet. Die wichtige Gemeindeinfrastruktur soll erhalten und weiterentwickelt werden – so dass sie auch ein zweites Jahrhundert der Bevölkerung dienlich sein wird.