Am 18. Mai 1450 erhielt die Stadt St.Gallen eine ungewöhnliche Nachricht von den Appenzellern: Kunigunde von Altstätten, eine Frau aus dem Geschlecht der Edlen von Altstätten, war als Landmännin in das Appenzeller Landrecht aufgenommen worden. Diese knappe Mitteilung markiert einen Moment in der Geschichte, der uns einen seltenen Einblick in das Leben einer Frau im 15. Jahrhundert bietet.
Kunigunde wurde in eine Familie hineingeboren, die über Generationen hinweg das Meieramt innehatte.
Meier waren Verwalter von Gütern und Rechten, die einer Herrschaft gehörten und damit in den niederen Adel aufgestiegen waren. Als Edelgeschlecht erlangten sie bereits im 13. Jahrhundert die niedere Gerichtsbarkeit und verwalteten die Güter des Klosters St.Gallen in seinem Territorium. Sie hatten eine bedeutende Rolle, die nicht nur wirtschaftliche Macht, sondern auch sozialen Einfluss mit sich brachte.
Kunigundes Vater, Rudolf IV. von Altstätten, wurde 1430 mitsamt seinen Burgen Neu-Altstätten und Neuburg, die zum Pfand der Herrschaft Pfannenstein im Vorarlberg gehörten, in das Burgrecht der Stadt St.Gallen aufgenommen. Modern gesehen könnte man von einen Art Einbürgerung sprechen. Dieses Burgrecht stellte sicher, dass die Familie unter dem Schutz der Stadt St.Gallen stand, was gerade in unruhigen Zeiten von grosser Bedeutung war.
Trotz dieses Schutzes waren Kunigunde und ihre Mutter während des Alten Zürichkriegs (1439–1446) im Rheintal nicht vor Übergriffen sicher.
Die Truppen, die in das Gebiet einmarschierten, brachten Gefahren für die Bewohner mit sich, und Kunigunde und ihre Mutter erfuhren nicht den erhofften Schutz der Stadt St.Gallen. Diese Enttäuschung führte dazu, dass Kunigunde sich an die Appenzeller wandte und bei ihnen Schutz suchte.
Ihr Wunsch führte schliesslich dazu, dass sie und ihre Leute den Appenzellern Treue schworen. Dies wird in einer Missive aus dem Jahr 1445 (Nr. 195) bestätigt.