Im Gespräch mit Natal Schnetzer und Philipp Landmark erläutert der Thurgauer die Gemeinsamkeiten eines Fussballklubs mit Unternehmen.
Roland Gutjahr, haben Sie eine Ahnung vom Fussballgeschäft?
Ich dachte immer, dieses Fussballgeschäft sei sehr komplex und geheimnisvoll. Doch geheimnisvoll ist es höchstens, wenn man nur auf das Geschehen auf dem Platz schaut und nicht auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte. Sonst würde man merken, dass es hier eigentlich gleich läuft wie in der Wirtschaft.
Von Wirtschaft haben Sie definitiv eine Ahnung.
Ich würde mich als einen industriellen Handwerker bezeichnen. Aber es ist wohl so, dass wir als Unternehmerfamilie wie viele Tausende andere auch in den vergangenen Jahrzehnten dank harter Arbeit, Schweiss und Tränen einiges richtig gemacht haben. Hier im FC St.Gallen betrachte ich die Dinge ganz klar aus der Perspektive eines Unternehmers.
Welche Erkenntnis bringt diese Perspektive?
Ich habe die Eignerstrategien von einigen herausragenden Klubs wie Manchester United, Bayern München, Juventus Turin oder Ajax Amsterdam studiert. Diese Klubs florieren, weil sie wirtschaftlich wie sportlich erfolgreich sind. Das ist in der Wirtschaft genau gleich: Wenn eine Firma wirtschaftlich nicht funktioniert, dann kann sie noch so gut sein, höchstes Know-how haben und beste Qualität produzieren – ohne Geld ist der Ofen aus. In Schönheit sterben ist keine gute Idee in der Wirtschaft, und es darf auch kein Konzept für einen Fussballklub sein.
Beste Qualität zu produzieren, ist kein Erfolgsrezept?
Nur wenn auch die Rechnung aufgeht. Ich habe schon öfter Firmen für etwas bewundert, das sie spitzenmässig machen – und eines Tages gab es sie aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr. Ich wüsste durchaus, wie wir unsere Firma wirklich perfekt aufs Letzte organisieren könnten. Nur gäbe es uns dann vermutlich nicht mehr, weil diese Kosten meist nicht erwirtschaftet werden können. Es ist die Kunst, einen guten Mix zu finden. Sonst wäre ja jeder Theoretiker auch ein gewiefter Unternehmer.
Im Fussball gelten oft andere Gesetzmässigkeiten.
Noch gibt es Klubs, in denen der Präsident Geld einschiesst und seine Fantasien finanziert. Das sind oft Leute, die einen Kult um sich machen, die über ihr Geld Macht ausüben wollen. Wenn einer Geld bringt, dann will er meistens auch bestimmen. Das kommt vielfach verkehrt raus. Bei uns kann das nicht passieren, weil wir keine solche Figur haben: Wir sind eine Reihe von gleichgestellten Eignern ohne spezifische Interessen, mit Aktienpaketen in ähnlichen Grössenordnungen. Wir alle sehen eine gute sportliche und eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung im Zentrum. Wenn man sich die Posse in Luzern anschaut, stellt man fest, dass es nach wie vor Mäzene mit ausgewachsenem Ego gibt. Dieses in der Schweiz tatsächlich noch verbreitete Mäzenatentum wird aussterben. Es muss aussterben.