Martin Huber ist ehemaliger Inhaber und Geschäftsführer der Firma Huber Fenster in Herisau. Vor einigen Jahren hat er das Unternehmen seinen Söhnen übergeben und führt seitdem die Firma «Divario Ukraine», die seit 20 Jahren Eichen-Fensterkanteln herstellt. Als er im April 2022 die riesige Zerstörung in der Ukraine sah, wurde ihm klar, dass dringend Hilfe benötigt wurde. «Mein erster Gedanke war: Wo sollen die Menschen, deren Häuser zerstört wurden, im Winter leben? Wir müssen ihnen helfen!», erinnert sich Huber.
Vom Fensterbauer zum Lebensretter
Um den Betroffenen zu helfen, entschied sich Huber, seine Fähigkeiten im Holzbau einzusetzen. Er nahm Kontakt mit Enrico Uffer von der Firma Uffer Holzbau in Savognin auf, die für ihre hochwertigen Holzmodulhäuser bekannt ist. Uffer war von der Idee, mit Holzwohnmodulen zu helfen, begeistert und entwarf ein erstes einfaches Haus für eine Familie. Nach der Überprüfung der Materialverfügbarkeit in der Ukraine wurde ein Musterhaus in Savognin gebaut.
Die Ausbildung von vier ukrainischen Mitarbeitern, die sich zu dieser Zeit in der Schweiz aufhielten, war ein zentraler Bestandteil des Projekts. Sie lernten in Savognin von Grund auf, wie Materiallisten erstellt, Wohnmodule produziert und aufgebaut werden. Dieses erste und einzige in der Schweiz hergestellte Musterhaus wurde im Hauptbahnhof Zürich ausgestellt und zog grosse Aufmerksamkeit auf sich; auch die SRF-Sendung «10 vor 10» berichtete.
Nach drei Tagen wurde das Haus abgebaut, auf einen LKW geladen und in die Ukraine transportiert. Nur dreieinhalb Monate nach der Idee konnte eine Mutter mit ihren Kindern in das neue Haus einziehen. Kostenpunkt für ein solches Haus: rund 23´500 Franken.
Ein neues Zuhause auf 35 Quadratmetern
Die erste Version der Wohnmodule in Holzkonstruktion bietet auf 35 m² Platz für eine Familie. Es gibt einen Eingangsbereich mit Garderobe, einen Küchen- und Wohnbereich, ein Schlafzimmer und ein Badezimmer mit Dusche, Lavabo und WC. «Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und modernste Haustechnik zeichnen diese langlebigen Wohnmodule in Holz aus», erklärt Huber. Die Häuser werden bezugsbereit übergeben, komplett ausgestattet mit Möbeln, Betten, Matratzen, Waschmaschine und Boiler.
Für die Planung und Herstellung der Wohnmodule benötigten Huber und sein Team Unterstützung von einem erfahrenen Holzbauer. Enrico Uffer kannte Huber von vielen gemeinsamen Projekten im Engadin, wo sie oft Hubers Fenster in Uffers Holzkonstruktionen einbauten. «Die Materialien für die Häuser stammen überwiegend aus der Ukraine», erklärt Huber. «Die OSB-Platten liefert Swisskrono, eine Schweizer Firma, die 250 km von der Produktionsstätte entfernt ist. Sanitärsysteme werden von Geberit geliefert, die 160 km entfernt ist. Das Holz für die Ständerkonstruktionen stammt aus den umliegenden Wäldern, und auch die verzinkten Schraubfundamente sowie die Fenster sind ukrainischer Herkunft.»
Zur Finanzierung gründete Huber den Verein Ukraine-Hilfe, der im Handelsregister eingetragen ist und ehrenamtlich verwaltet wird. «Jeder Spendenfranken fliesst voll in den Bau der Module in der Ukraine», betont Huber. Die ersten hundert Häuser wurden im Norden der Ukraine aufgebaut; aktuell werden die ersten Module für die Region Cherson gebaut, die noch immer stark unter der Kakhova-Dammbruch-Tragödie leidet.