Im offenen Brief fordern sie den Kanton zum Handeln auf.
Die Eidgenössische Kommission für Migration (EKM) gab eine Studie zur Situation von Kindern in der Nothilfe im Asylbereich in Auftrag. Das Resultat der Studie der Marie Meierhofer Instituts ist für acht NGOs aus dem Kanton St.Gallen «besorgniserregend».
Kinder in schlechtem psychischem Zustand
«Die Studie des Bundes hält fest: Kinder und Jugendliche, die in der Nothilfe leben, sind grossen Risiken in Bezug auf ihr Wohl, ihre Gesundheit und Entwicklung ausgesetzt. Ihr Wohlergehen ist stark gefährdet», schreiben die Unterzeichnenden. Die Studienautorinnen prangern vor allem den schlechten psychischen Zustand der Kinder an.
«Die soziale Isolation, die sie umgebende Perspektivlosigkeit und ihre Ohnmacht in der Folge von Entscheiden, an denen sie nicht partizipieren können – das alles macht sie verletzlich und schwächt sie dauerhaft.» Die Kinder würden eine Reihe «verstörender und kontinuierlich traumatisierender Ereignisse» in den Kollektivunterkünften erleben.
Situation verstösst gegen geltendes Recht
Das Rechtsgutachten zur Studie kommt zum Schluss, dass die gegenwärtige Situation der Kinder in der Nothilfe geltendes Recht verletzt. Sie verstosse gegen die UN-Kinderrechtskonvention sowie gegen verfassungsrechtliche Bestimmungen zum Schutze von Kindern und Jugendlichen.
«Wir kennen die in der Studie beschriebene äusserst prekäre Situation der betroffenen Kinder im Kanton St.Gallen und begleiten sie und ihre Eltern, teilweise seit Jahren», schreiben die Organisationen. «Bei Besuchen in den Kollektivunterkünften, in unseren Projekten oder Therapiestunden sehen wir die Kinder, ihre Resilienz – und ihre Not.»
Trotz viel Freiwilligeneinsatz und therapeutischer Expertise könne man die Not der Kinder nur begrenzt lindern, denn das Leiden der Kinder werde durch die behördlich auferlegten Lebensbedingungen ständig aufrechterhalten.
Forderung an den Kanton: Handlungsempfehlungen umsetzen
Die Unterzeichnenden fordern den Kanton auf, die Handlungsempfehlungen der Studie ernst zu nehmen und umzusetzen:
- Langzeitbezüge (mehr als ein Jahr) von Nothilfe durch Kinder und Jugendliche vermeiden
- Bei einem Langzeitbezug die Lebensbedingungen deutlich verbessern
- Soziale Teilhabe sicherstellen
- Familiengerechte Unterkünfte mit Rückzugs- und Lernmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche zuweisen
- Gezielte Förderung ermöglichen
- Unterstimulation bei Kindern im Vorschulalter verhindern
- Zugang zur Volksschule und zur Berufsbildung verbessern
- Zugang zu medizinischen Behandlungen erleichtern
- Psychologische Betreuungsangebote bereitstellen
- Psychologische Unterstützungsprogramme entwickeln
- Freizeitbeschäftigungen zugänglich machen
- Klare Zuständigkeiten und Abläufe für den Umgang mit Gefährdungen definieren
- Einheitliche und verbindliche Standards definieren und deren Einhaltung regelmässig überprüfen
Man sei interessiert an einem Dialog mit den Behörden, «um gemeinsam an der Umsetzung der Handlungsempfehlungen zu arbeiten.» Das Kindeswohl müsse stets an erster Stelle stehen.