Nicole Bischof, in Ihrer Forschung haben Sie sich mit der Rolle von Kommunikation in der Organisationsentwicklung beschäftigt. Welche Erkenntnisse haben Sie über die effektivsten Kommunikationsstrategien in Transformationsprozessen gewonnen?
Vielfach wird viel zu wenig kommuniziert. Immer wieder sind Mitarbeiter nicht involviert und können daher nicht mitziehen. Gleichzeitig bedeuten Transformationsprozesse für die Führungspersonen viel Arbeit. Sie kommunizieren viel untereinander und verbringen viel Zeit in Meetings. Da kann der Eindruck entstehen, dass doch extrem viel kommuniziert wurde – und die Führung wundert sich über das fehlende Commitment der Angestellten. Hier helfen vorrangig Transparenz und Partizipation. Erst wenn jeder Einzelne die neue Richtung kennt und beschreiben kann, ist sie angekommen.
Sie haben auch die Bedeutung von Feedback-Mechanismen in der Kommunikation und Teamarbeit untersucht. Welche Strategien sind besonders effektiv, um die Teamleistung zu verbessern?
Damit Teams gut miteinander arbeiten können, braucht es Teamkompetenz. Deren zentraler Aspekt ist die Fähigkeit, klar und offen zu kommunizieren. Teammitglieder müssen in der Lage sein, ihre Gedanken und Gefühle klar auszudrücken und aktiv zuzuhören. Dies fördert den Austausch von Ideen und die Lösung von Konflikten. Dafür braucht es Zeit – jede Führungskraft tut gut daran, diese zur Verfügung zu stellen! Ein Meeting z. B. mit einem Check-in zu starten, wo Fragen formuliert werden können, hilft. Ein Abschluss mit Check-out ermöglicht, eigene Gedanken mitzuteilen.
Ihre Publikationen legen einen Schwerpunkt auf Gruppendynamik in der Organisationsentwicklung. Welche Interventionen haben sich als besonders wirkungsvoll erwiesen, um positive Gruppendynamiken zu fördern?
Mit dem Eisbergmodell der Kommunikation zu arbeiten, ist sicher eine meiner Lieblingsinterventionen: Es stellt die menschliche Kommunikation unter Berücksichtigung von zwischenmenschlichen Aspekten dar. Etwa 20 Prozent der Kommunikation – die Eisbergspitze – finden verbal statt; der wesentlich grössere Teil des Eisbergs – die nonverbale Kommunikation – befindet sich unter der Meeresoberfläche. So können auch Tabu-Themen gehoben und besprechbar gemacht werden, z. B. das Thema Macht, das in Gruppen immer vorhanden ist. Nur selten wird in Teams offen darüber gesprochen, wer welche Anteile an Gestaltungsspielräumen hat und wer Verantwortung übernimmt. Viele Menschen meinen, jeder möchte Anteile an Macht haben. Wird das Thema offen diskutiert, ergibt sich in den allermeisten Fällen ein anderes Bild: Viele Menschen sind froh, wenn jemand anderes die Verantwortung übernimmt.
In Ihrer Arbeit haben Sie sich auch mit den Auswirkungen von Kultur- und Geschlechterunterschieden auf die Teamarbeit befasst. Welche Ansätze empfehlen Sie, um die Zusammenarbeit in Teams zu stärken?
Auch hierfür habe ich ein Lieblingsmodell: das rangdynamische Modell nach Raoul Schindler. Die Alpha-Rolle ist den meisten bekannt. Dass es aber auch die fleissigen Mitarbeiter braucht und eine Opposition, die kritisch hinterfragt, was zur Routine geworden ist, damit Teams gut funktionieren, wissen die wenigsten. Wenn diese Positionen in einem Team rotieren können, kann es wachsen. So können Diversitätsunterschiede durch andere Rollen aufgelöst werden.
Und welche Techniken haben Sie identifiziert, die die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams fördern?
Zu diesem Thema habe ich im Grunde promoviert durch «Knowledge Communication among Science and Practice». Der Schlüssel zur Lösung liegt im gemeinsamen Tun: Nicht sich nur gegenseitig informieren, sondern gemeinsam am gleichen Arbeitsplatz ins Tun kommen. Hier gibt es viele tolle Methoden des Design Thinking, u. a. mit Lego Serious Play, das ich regelmässig mit Gruppen in der Werft 31 anwende, damit sie neue, innovative Lösungen entwickeln können.
Auch emotionale Intelligenz ist in der Teamarbeit wichtig, oder?
Absolut. Es ist wichtig, das eigene Bewusstsein dafür zu schärfen, dass uns mehr als nur der Seh- und Hörsinn zur Verfügung steht. Wann haben Sie sich das letzte Mal in einem Teammeeting gefragt: «Wie fühlt es sich gerade an, hier zu sein?», und haben sich getraut, auf die Antwort, die Ihre Wahrnehmung Ihnen gibt, zu hören? Wenn Sie der eigenen Intuition auch bei beruflichen Entscheidungen vertrauen, dann besitzen Sie sehr viel emotionale Intelligenz. Unser Unterbewusstsein arbeitet präzise, nur dass wir ihm selten vertrauen. Das sollten wir ändern; dann werden in Organisationen auch bessere Entscheidungen gefällt.