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St. Gallen
24.10.2024

Valida berät Menschen mit Behinderung

Die Valida eröffnet das erste Kompetenzzentrum für sexuelle Gesundheit für Menschen mit Behinde-rungen.
Die Valida eröffnet das erste Kompetenzzentrum für sexuelle Gesundheit für Menschen mit Behinde-rungen. Bild: Donato Caspari
Das Kompetenzzentrum für sexuelle Gesundheit mit Sitz in St.Gallen ist die erste Anlaufstelle in der Schweiz, die sich ausschliesslich um Fragen und Themen der sexuellen Gesundheit von Menschen mit Behinderungen kümmert.

«Ich wurde mit K.-o.-Tropfen betäubt, vergewaltigt, wurde schwanger und musste dann abtreiben.» Mit solchen und weiteren schwierigen Situationen wird Claudia Schwingruber, Leiterin des neu eröffneten Kompetenzzentrums für sexuelle Gesundheit, seit diesem Sommer regelmässig kontaktiert.

Menschen mit Behinderungen sind häufiger Opfer von psychischer, physischer und sexueller Gewalt. Dazu kommt: Oft wird den Betroffenen nicht geglaubt oder sie erhalten keine Informationen. Das erlebt auch Claudia Schwingruber, Leiterin des ersten nationalen Kompetenzzentrums für sexuelle Gesundheit, beinah täglich. «Besonders gefährdet gelten Personen, die durch Dritte betreut werden», weiss sie.

Anlaufstelle für alle Facetten der körperlichen Gesundheit

Die engagierte Fachfrau spürt Beratungsbedarf: «Sowohl Betroffene als auch Fachpersonen aus der Betreuung, aber auch Angehörige wünschen sich eine zentrale und vor allem anonyme Anlaufstelle». Mit der Gründung des Kompetenzzentrums an der Lehnstrasse 88 in St.Gallen gibt es seit dem Sommer 2024 eine solche. 

Sexuelle Gewalt ist hier nur eines von vielen Themen. Es geht um Körperwissen, Beziehungen führen und beenden, sexuelle Orientierung, Verhütung, Krankheiten, Kinderwunsch und vieles mehr. Fachpersonen und Angehörige erhalten Hilfestellung bei Einschätzungen und Reaktionen auf sexuelles Verhalten oder zu Fragen bezüglich Grenzverletzungen oder Prävention.

Die Fachfrau für sexuelle Gesundheit Claudia Schwingruber leitet die zentrale Anlaufstelle in St.Gallen. Bild: Donato Caspari

Das Kompetenzzentrum möchte dazu beitragen, Tabus und Vorurteile zu überwinden und fördert ein positives Verständnis von Sexualität und Behinderung und für Sexualität im Alter. Menschen mit Unterstützungsbedarf werden in ihrer sexuellen Bildung geschult, in ihren Rechten gestärkt und begleitet. Fachpersonen werden in schwierigen Situationen entlastet und erhalten rasche Unterstützung.

Mit Dates und Beratung sensibilisieren

Das Angebot des Kompetenzzentrums für sexuelle Gesundheit ist breit. Für Menschen mit Behinderungen gibt es Einzel- und Paarberatungen, analog oder digital. Spezielle Veranstaltungen wie zum Beispiel das Körper-Kafi lädt Singles ein, Gleichgesinnte zu treffen und neue Bekanntschaften zu knüpfen.

Oft wünschen auch Angehörige, Fachpersonen und Organisationen wie soziale Unternehmen, pädagogische Sonder- und Hochschulen, Altersheime oder Behörden die professionelle Unterstützung rund um das vertrauliche Thema. Wie soll sich beispielsweise eine Fachperson verhalten, wenn es sie stört, mit einem Klienten Erotikfilme auszuwählen und anschliessend dessen Intimpflege zu übernehmen?

«Das Kompetenzzentrum ist entscheidend, um selbstbestimmte und verantwortungsvolle Sexualität sowie gesunde Beziehungen zu sich und anderen zu fördern. Es geht nicht nur um Prävention und Schutz vor sexualisierter Gewalt, sondern auch darum, Menschen mit Behinderungen Zugang zu Informationen, Beratung und Unterstützung zu bieten. So können sie ihre sexuellen Rechte ausüben und erfüllte, respektvolle Beziehungen leben», erklärt Claudia Schwingruber. «Und im Notfall übernahm ich auch schon den Gang zu den Zeitschriften und Magazinen am Kiosk persönlich», schmunzelt die Sexualpädagogin und Mutter einer Tochter.

Unterstützung für Organisationen

Insbesondere Organisationen profitieren von regelmässigen Sprechstunden direkt vor Ort – in der Präsenzzeit finden Leistungsnutzer wie auch Fachpersonen mit Claudia Schwingruber eine professionelle Anlaufstelle direkt im Unternehmen. Bei spezifischen Themen bieten sich Workshops, Weiterbildungen und Vorträge an.

Unter anderem erlernen Fachpersonen und Angehörige das anerkannte Flaggensystem (Sensoa Flag System), um sexuelles Verhalten zu beurteilen, einzuschätzen und agogisch angemessen darauf zu reagieren. Künftig sollen weitere Angebote dazu kommen, wie zum Beispiel «SToRCH+ Real Care», Baby-Kurse, Peerberatungen und vieles mehr.

Kompetenzzentrum Sexuelle Gesundheit in Kürze

Das Kompetenzzentrum berät und begleitet soziale Organisationen, ihre Fachpersonen, Menschen mit Behinderungen oder deren Angehörige in allen Fragen rund um das Thema sexuelle Gesundheit. Das Angebot umfasst Weiterbildungen, Workshops, Beratungsgespräche für Einzelpersonen, Paare und Gruppen an zum Thema sexuelle Gesundheit. Es unterstützt, schützt und ermächtigt auch bei heiklen Fragen und zeitnah in schwierigen Situationen.

Übersicht Dienstleistungen:

  • regelmässige Beratungshalbtage vor Ort in einer Organisation (z.B. soziale Unternehmen, pädagogische Sonder- und Hochschulen, Altersheime/betreutes Wohnen, Behörden)
  • themenspezifische Weiterbildungen/Workshops nach Vereinbarung
  • Einzel- und Paartherapie für Menschen mit Behinderungen
  • Beratungen für Fachpersonen

Die Anlaufstelle befindet sich im sozialen Unternehmen Valida, an der Lehnstrasse 88 in St.Gallen. Alle Informationen zum Angebot finden sich unter diesem Link.

Nach anerkannten Methoden berät und begleitet das Kompetenzzentrum soziale Organisationen, ihre Fachpersonen, Menschen mit Behinderungen oder deren Angehörige. Bild: Donato Caspari
pd/jos/toggenburg24