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04.11.2024

Barbara Dillier, die Marathon-Frau

Bleibt gelassen: Barbara Dillier nimmt die Attacken aus dem gegnerischen Lager stoisch hin.
Bleibt gelassen: Barbara Dillier nimmt die Attacken aus dem gegnerischen Lager stoisch hin. Bild: Thomas Renggli
Linth24 wollte beleuchten, wie sich die Stadtpräsidiums-Kandidaten im Wahlkampf fühlen. Martin Stöckling hat abgesagt. Barbara Dillier öffnete die Türen. Von Thomas Renggli

Im ersten Wahlgang ums Stadtpräsidium stellte sie die Politik in Rapperswil-Jona auf den Kopf. Nun bläst ihr durch eine von Kontrahent Stöckling mitgetragenen Gegenkampagne eisiger Wind entgegen. Barbara Dillier (51) will sich aber nicht unterkriegen lassen. Ein Besuch in ihrem Wohnort Fischenthal.

Die Präsidentin persönlich

Es ist Freitagnachmittag – und der Grossteil der Gemeinde-Administration bereits im Wochenende. Doch die Türe des Gemeindehauses öffnete sich kurz nach dem ersten Klingeln. Es ist die Gemeindepräsidentin höchstpersönlich, die den Journalisten einlässt. «In Fischenthal sind wir unkompliziert», sagt Barbara Dillier.

Dreifache Mutter

Die Frau, dreifache Mutter, ausgebildete Sekundar- und Sportlehrerin mit Uni- und ETH-Abschluss, war ausserhalb des Züricher Oberlands bis vor kurzem nur wenigen bekannt. Doch mit der Kandidatur als Stadtpräsidentin von Rapperswil-Jona hat sich dies schlagartig geändert – umso mehr, als dass sie im ersten Wahlgang mit 4101 Stimmen Amtsinhaber Martin Stöckling (2534 Stimmen) sowie den dritten Kandidaten, Boris Meier (2583), deutlich hinter sich liess.

«Unglaublich positiv»

Auch mit mehr als einem Monat Abstand zeigt sich Dillier, die seit der Heirat 2001 das Rapperswil-Joner Bürgerrecht besitzt, über dieses Resultat schon fast ein wenig perplex: «Das war ein unglaublich positives Statement der Bürgerinnen und Bürger zu meiner Kandidatur – und ein Bekenntnis, dass sie sich eine neue politische Kultur wünschen.»

Sanfte Kritik

Sie führt das gute Ergebnis auch auf den Wahlkampf und die Nähe zu den Einwohnern zurück. Von der Bevölkerung in Rapperswil-Jona höre sie, dass das Vertrauen in die Politik verloren gegangen sei. Wichtige Projekte können nicht umgesetzt werden, weil zu wenig transparent vorgegangen und zu wenig kommuniziert worden sei. Die Beispiele seien zahlreich und bestens bekannt.

«Kommunikation und Dialog»

Barbara Dillier sagt, sie verfolge in ihrer Amtsführung in Fischenthal Prinzipien, die sich auch an einem neuen Ort nicht ändern würde: Kommunikation und Dialog sowie gut vorbereitete Projekte seien entscheidend. «Die Leute müssen immer wissen, woran sie sind. Und das benötigt Einsatz und einen langen Atem», ergänzt sie. Diesem Grundsatz bleibt Dillier auch als Co-Schulleiterin treu. Und den langen Atem hat sie am Schlosslauf in Rapperswil-Jona bewiesen - obwohl die Fünfkilometer-Strecke für die passionierte Marathonläuferin schon fast ein Sprint war.

Streitgespräch mit Stöckling

Fit ist sie auch für den Endspurt im Wahlkampf.  Am 6. November steht ein Streitgespräch mit Martin Stöckling beim Regionaljournal Ostschweiz von SRF auf dem Programm. Dass sie eine gewisse Vorsicht walten lässt und ihre Worte mit Bedacht wählt, ist auch auf den immer gehässiger werdenden Ton im Wahlkampf zurückzuführen. Das Stöckling-Lager schaltete in den «Obersee-Nachrichten» eine Inseratenkampagne und liess ein Flugblatt in allen Haushalten verteilen, auf denen Dillier mit teilweise gravierenden, und wie sie sagt, unbegründeten und falschen Vorwürfen eingedeckt wird. Dazu hält sie fest: «Wie jetzt auf den Mann – beziehungsweise auf die Frau – gespielt wird, ist sinnbildlich für die politische Situation in Rapperswil-Jona».

«Vorstellungen überdenken»

Was sie als Co-Schulleiterin bei einem solchen Verhalten unter Schülern machen würde? «Voll durchgreifen. So geht man nicht miteinander um.»

Und was entgegnet sie jenen Leuten, die ihr den Schritt von der Landgemeinde Fischenthal ins urbane Rapperswil-Jona nicht zutrauen? Dillier sagt bestimmt: «In meiner über sechsjährigen politischen Laufbahn als Gemeindepräsidentin habe ich beweisen, dass ich mich rasch in Dossiers einarbeiten, strategisch und lösungsorientiert denken und mehrheitsfähige Prozesse in Gang setzen kann».
In der Politik gehe es oft darum, Kompromisse zu finden und auch bereit zu sein, eigene Vorstellungen zu überdenken: «Das fehlt momentan in Rapperswil-Jona. Das soll sich ändern.»

Ab zum nächsten Termin

In Fischenthal schlägt die Kirchenuhr. Barbara Dillier schaut auf ihr Handgelenk. Sie muss zum nächsten Termin. Es ist eine durchaus symbolische Situation. Gut möglich, dass auch in Rapperswil-Jona am 24. November 2024 eine neue Zeitrechnung beginnt – mit Barbara Dillier an der Spitze der Stadtregierung.

  • Sonnige Aussichten: Dillier blickt dem zweiten Wahlgang ums Stadtpräsidium mit vorsichtigem Optimismus entgegen. Bild: Thomas Renggli
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  • Eine Frau für alle Fälle: Barbara Dillier bringt Familie, Job, Politik und Sport unter einen Hut. Bild: Thomas Renggli
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  • Braucht Fischenthal schon bald ein neues Gemeindeoberhaupt? Bei einer Wahl zur Rapperswil-Joner Stadtpräsidentin würde Dillier die Geschäfte in ihrer Wohngemeinde übergeben. Bild: Thomas Renggli
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Thomas Renggli