Seit jeher möchte der Walter Zoo seinen Besucherinnen und Besuchern die Nähe zu Tieren vermitteln und Emotionen kreieren: „Schon mein Grossvater hatte die Philosophie, dass Kinder über die Nähe, Faszination und das Verstehen von Tieren einen Zugang zu den Lebewesen erhalten, der sie dann zum Artenschutz animiert“, sagt Dr. Karin Federer, Vorsitzende der Geschäftsleitung des Walter Zoos und Initiantin des neuen „Leuchtturmprojekts“. Ganz im Sinn des Zooleitbildes „Faszinieren, Bilden, Schützen“ soll das neue Projekt Kinder und Erwachsene nicht nur begeistern, sondern darüber hinaus Wissen vermitteln und für den Schutz bedrohter Tierarten sensibilisieren.
Masterplan definiert grosse Ziele
„Wir wollen unseren Zoo im Sinne unseres Leitbildes stetig weiterentwickeln – und identifizieren dafür fortlaufende neue Möglichkeiten“, so Federer. Im „Masterplan 2040“ hat der Zoo sich bereits konkreten Zielen verschrieben. Zum einen wolle man die zoologischen Kernaufgaben noch besser erfüllen, die Besucher- und Parkplatzinfrastruktur verbessern sowie eine stetig angepasste und zeitgemässe Tierhaltung bieten. Auf der anderen Seite sollen aber auch für die Begeisterung und das Zusammenleben Tier & Mensch neue Reize gesetzt werden. Dies vor allem über neue Tiere und Anlagen.
Bauland kommt hinzu
Um den Zoo erweitern zu können, konnte zusätzliches Land zwischen Parkplatz und Zootheater sowie vom Naturlehrpfad Richtung Kaserne Neuchlen gekauft resp. gepachtet werden. Bereits 2022/23 eröffnete der Zoo in einer ersten Etappe die Kleine Panda- und Zwergotteranlage sowie das fliegende Klassenzimmer (Flugtraining) im östlichen Zooareal. In der zweiten Etappe soll nun ein Grossprojekt realisiert werden, dass bereits seit über 12 Monaten intensiv geplant wurde: Ebenfalls im Osten, unter dem Areal der Wallabys neben dem Savannenhaus, soll ein neues zweistöckiges Gebäude entstehen, welches auf Grund der Topografie in den Hang hineingebaut wird und nur 2 Meter über die Erdoberfläche hinausragt.
Artensterben aufhalten
Im Erdgeschoss wird die Bewegung „Reverse the Red“ der Weltnaturschutzorganisation IUCN aufgegriffen, und darin aufgezeigt, wie die Gefährdung bedrohter Arten rückgängig gemacht werden kann. Aktuell sind rund 31‘000 Tierarten weltweit vom Aussterben bedroht: „Reverse the Red ist eine Hoffnungsbewegung, die sich dafür einsetzt, diesen Trend umzukehren“, erklärt Federer. Dies möchte der Zoo unterstützen und seine Besucher für das Artensterben sensibilisieren.
Wiederansiedlung heimischer, bedrohter Tierarten
Die Besucher erhalten auf ihrem Rundgang im Erdgeschoss Informationen, Einblicke und Tipps, um selbst im Artenschutz aktiv zu werden. Auch einheimische, vom Aussterben bedrohte Tiere werden zu sehen sein. „Im Rahmen diverser Wiederansiedlungsprojekte bekommen die Besucher dann auch Informationen dazu, wie wir die Tiere später auswildern“, erklärt Federer. Denn das Auswildern und die Wiederbelebung diverser Populationen sind elementare Bestandteile des Zooauftrages im Rahmen diverser Artenschutzprogramme.
Phytoplankton lässt Wasser leuchten
Spektakulär wird es dann im Untergeschoss: Eine „Höhle der lebenden Lichter“ wird die Besucher zur einer „leuchtenden“ Bootsfahrt mit biofluoreszierenden Glühwürmchen und Phytoplankton einladen: An der Höhlendecke prangt dann ein von den Würmchen sternenartig erleuchteter Himmel, im Wasser flackert das blaue „Meeresleuchten“. Doch wie wird dieses natürliche Phänomen erzeugt? „Glühwürmchenlarven nutzen die sogenannte Biolumineszenz – also ihr Leuchten – zur Futteranlockung. Im Fall des Meeresleuchtens, das vom algenähnlichen Einzeller, dem Phytoplankton, erzeugt wird, handelt es sich um den Fotosynthesevorgang der Pflanzen, der von einer enzymatischen Reaktion hervorgerufen wird“, erklärt Federer. Ein komplexer Vorgang mit Wow-Effekt für alle ins Licht gehüllten Besucher.
Australische Glühwürmchen leuchten hell
Der von einem Wasserfall umrahmte Eingang zur Höhle wird sich unterhalb der heutigen Wallaby-Anlage befinden. Die in der Höhle angesiedelte Glühwürmchenpopulation hat ihren Ursprung in Australien – die vom Walter Zoo verwendete Population stammt vom Zoo in Tokio, der weltweit der einzige Zoo ist, der diese Glühwurmart beheimatet. „Wir züchten bereits jetzt Glühwürmchen, damit wir mit einem soliden Grundstamm starten können“, so Federer. Bis die Würmchen ihre volle Leuchtkraft haben, kann es nach der Eröffnung der Höhle eine Weile dauern. „Zu Gute kommt uns, dass eine Mücke täglich 100-150 Eier legt. Die Mücke selber lebt als Mücke aber nur einige Tage.
Acht Boote schippern mit 1km/h
Ganze acht Boote sollen dann im Höhleninneren zirkulieren – die Fahrt damit ist für Gross und Klein möglich und erfolgt ohne Altersbeschränkung. „Die Bootsfahrt wird mit nur einem Kilometer pro Stunde sehr langsam vorangehen und circa vier bis fünf Minuten dauern – sie ist nicht gefährlich“, erklärt Federer. Beim Ein- und Ausstieg wird ein Mitarbeiter des Zoos behilflich sein. Die Boote kommen über eine Stabilisierungsschiene im „Hafen“ an – eines der Boote wird behindertengerecht und mit dem Rollstuhl befahrbar sein.
800 Quadratmeter grosses Untergeschoss
Die Fahrt im Höhlensee erfolgt über eine Seilkonstruktion. „Uns ist es wichtig, dass die Besucher Zeit haben, die Eindrücke aufzunehmen, das Leuchten auf sich wirken zu lassen“, sagt Federer. Daher auch die Variante mit dem Boot: „Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass die Augen sich erst an die absolute Dunkelheit gewöhnen müssen – ist man dann noch beschäftigt damit, einen Fuss vor den anderen zu setzen, geht viel Faszination verloren.“
Von „down under“ und Neuseeland inspiriert
Denn die Idee zum neuen „LEUCHTturmprojekt“ kam Federer in den Australienferien: Auf einer Geschäftsreise ihres Partners besuchten sie eine von Glühwürmchen bewohnte Höhle. „In der Dunkelheit fing die ganze Höhlendecke an zu leuchten – es war ein unbeschreiblicher Moment“, erzählt sie. In Neuseeland habe sie dann eine ähnliche Höhle mit Glühwürmchen im Rahmen einer Bootstour erlebt. „Seitdem hat mich die Idee nicht mehr losgelassen – ich wollte so etwas Begeisterungsfähiges zu uns in den Zoo holen.“
Teuerste Zooanlage bisher
Einziger Haken? Der Bau der rund 4'165 Quadratmeter grossen Anlage ist nicht günstig. Mit rund 16,1 Millionen Franken wird das neue Gebäude die bisher teuerste Anschaffung im Zoo. Rund ein Viertel des Betrages hat der Zoo bereits zusammen. Die fehlenden 12 Millionen sollen über diverse Fonds, private Investoren und Crowd-Funding generiert werden. Für das Funding hat der Zoo bereits eine Webseite kreiert, auf der Interessierte Geld spenden können. Ab 100 Franken kann man einem Glühwürmchen Leben schenken – für 175 Franken gibt es zudem noch ein leuchtendes Geschenk nach Hause.
Eröffnung für 2027 geplant
Die Baueingabe war im Winter 2023, der Baustart für Herbst 2025 anvisiert. „Wenn alles funktioniert und wir die Finanzierungsziele erreichen, soll das Erdgeschoss im Frühjahr 2027 erfolgen“, so Federer. Im Herbst 2027 soll dann die Höhle mit dem unterirdischen See eröffnet werden. „Das Projekt braucht Mut, wir sind alle im Glühwürmchenfieber“, so Federer. „Es wird dem Zoo eine gewisse Einzigartigkeit geben, die uns bereits jetzt stark motiviert.“
Zooeintritt maximal einen Franken höher
Werden damit auch die Eintrittspreise des Zoos steigen? „Genau können wir das noch nicht sagen, aber es könnte Auswirkungen im Rahmen von 50 Rappen bis einen Franken pro Eintritt haben“, so Federer. Wie bereits beim Zootheater und dem Flugtraining soll auch die Fahrt mit dem Boot im Preis inklusive sein. „Wir denken aktuell auch über dynamische Preise nach, so dass der Eintritt online erworben oder unter der Woche günstiger kommt als vor Ort und am Wochenende.“