Lärmbelastung verringern
«Die Schallimmissionen durch die Windenergieanlage wurden entsprechend den kantonalen und nationalen Richtlinien berechnet und anschliessend nach den Belastungsgrenzwerten der Lärmschutzverordnung (LSV) beurteilt.» Die LSV schreibt für die Errichtung neuer Anlagen je einen Grenzwert für den Tag und die Nacht vor. Während der Nacht treten an einem einzigen Messpunkt Überschreitungen des Planungswerts auf. Dort sei in der Nacht jedoch niemand vor Ort.
«Das Einzelgutachten von unabhängigen Experten zum Lärmschutz hat gezeigt, dass die geplante Windenergieanlage nur marginal zur Gesamtlärmbelastung des Standortes beiträgt. Im Rahmen der Prüfung wurden jedoch Schallquellen identifiziert, die den heutigen Anforderungen nicht mehr entsprechen.»
Der dominante Lärm wird durch die aktuell bestehenden Industrieanlagen von SFS verursacht, insbesondere durch die Kühlgeräte auf dem Dach. «SFS evaluiert Minderungsmassnahmen dafür und setzt diese schrittweise um. Somit wird sich die gesamte Lärmbelastung des Standortes – inklusive der Windenergieanlage – gegenüber der aktuellen Situation verringern.»
Und wie sehen die Gegner das?
Dass der Lärm der SFS reduziert werden muss, sehen auch die Gegner so. «Erstens muss die Lärmschutzsanierung der bestehenden Anlagen so schnell wie möglich durchgeführt werden. Zweitens darf kein neues Problem geschaffen werden, deshalb muss man auf die Windkraftanlage zum Schutz der Anwohner verzichten.»
Kompromisse sind für die Gegner keine Option. Denn das Windrad müsste stark verkleinert werden, wodurch sich der jetzt schon vergleichsweise geringe Stromertrag auf einen Bruchteil reduzieren würde. «Aber es gibt andere und bessere Möglichkeiten. Zum Beispiel könnte ein kleines, mit Holz betriebenes Fernheizkraftwerk neben der Wärme auch Strom erzeugen, und zwar das Vielfache eines Windrades und noch dazu wertvollen Bandstrom statt Flatterstrom.»
Energiekosten reduzieren
Die SFS hält jedoch am Windrad fest: «Mit einer eigenen Windenergieanlage, und damit der Verdoppelung unserer Eigenstromproduktion in der Schweiz, wollen wir unsere Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft wahrnehmen, uns von den konfliktträchtigen fossilen Energieträgern weiter lösen und einen Beitrag zur regionalen Energiesicherheit leisten.» Als dezentrale Produktionsanlage entlastet das Projekt «RhintlWind» die Netze und trägt damit zur Reduktion der Energiekosten für die Allgemeinheit bei.
«Mit diesem Projekt wollen wir unsere Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft wahrnehmen und mit gutem Beispiel vorangehen. Dazu gehört mehr, als nur grünen Strom einzukaufen. Durch die Windenergieanlage stärken wir unsere Energieunabhängigkeit, sichern zukunftsgerichtete Arbeitsplätze und setzen einen Meilenstein in der nachhaltigen Standortentwicklung des Rheintals.» Speziell im Winter ist die Windenergie die optimale Ergänzung zur Solarenergie. Der produzierte Strom wird direkt der bestehenden Infrastruktur zugeführt, «weshalb keine aufwendige und umweltbelastende Erschliessungsinfrastruktur benötigt wird.»
«Tiefe Verachtung für die demokratische Mitsprache»
So weit mal das Windrad. Der Elefant im Raum ist derzeit aber der stattgegebene Rekurs. Mit ebendiesem sind die Gegner in ihrem Feldzug jetzt einen Schritt weitergekommen. «Das Einräumen eines Fehlers nach einem auf voller Linie verlorenem Verfahren beweist nicht Einsicht, sondern ist taktische Schadensbegrenzung», echauffiert sich Hettegger. Dass die Kantonale Planung der Bevölkerung die wichtigste Grundlage für die Mitwirkung vorenthalten hat, «ist ein Skandal und offenbart eine tiefe Verachtung für die demokratische Mitsprache durch das Volk.» Die Ergänzung des Richtplanes mit der Einzelanlage sollte mit allen Mitteln durchgepeitscht werden, um sie nachträglich in die Richtplananpassung 23 hineinpacken zu können. «Das konnten wir glücklicherweise verhindern.»
Harte Unterstellungen. Dabei hat die SFS im Oktober im Sinne der Transparenz die Machbarkeitsstudie bereits selber veröffentlicht. Dort erklärt man: «Wir haben bereits am 18. Oktober die gesamte Machbarkeitsstudie mit einer Zusammenfassung der Erkenntnisse aus den zwölf Einzelgutachten der unabhängigen Experten publiziert. Seit diesem Zeitpunkt sind alle Unterlagen öffentlich zugänglich. Daher hat der Entscheid der Verwaltungsrekurskommission auf unser Vorgehen keinen Einfluss.»
Mit sachlichen Argumenten überzeugen
Diese Studie darf jetzt eingesehen werden. Die Gegner wissen bereits genau, wonach sie suchen wollen. «Uns interessieren alle Untersuchungen und Ergebnisse zu den Auswirkungen, damit wir das Projekt sachlich beurteilen können. Besonders interessieren uns die Lärmschutzgutachten, weil die Einhaltung der Lärmschutzgrenzen bei den geringen Abständen zu Wohnbauten von vorneherein nicht plausibel erschien.»
Die Erkenntnisse und Argumente werden in der Öffentlichkeit eingebracht und die Bevölkerung über die tatsächlichen Auswirkungen aufgeklärt. «Wir möchten alle Beteiligten mit sachlichen Argumenten davon überzeugen, dass Heerbrugg völlig ungeeignet und eine Windkraftanlage dort nicht bewilligungsfähig ist.» Sachliche Informationen statt der «propagandistischen Darstellung des Betreibers und des tendenziösen und teilweise fehlerhaften Berichtes des Amtes.»
Auftritt SFS: «Der Dialog mit den Anwohnern sowie die transparente Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit ist uns ein grosses Anliegen. Die Machbarkeitsstudie ist kein Betriebsgeheimnis und wurde von uns auch nie so bezeichnet. Wir haben nach dem ersten Mitwirkungsverfahren frühzeitig angekündigt, die gesamte Studie inklusive einer übersichtlichen Zusammenfassung vor der zweiten Mitwirkung zu veröffentlichen.» Als die Forderung zur Veröffentlichung der Studie aufgekommen sei, lief noch die Prüfung der Unterlagen durch den Kanton. Um auch die Rückmeldungen des Kantons – beispielsweise zum Lärmschutz – in der Machbarkeitsstudie zu ergänzen, sei es wichtig gewesen, den Grundlagenbericht des Kantons abzuwarten.
Und wie geht es jetzt weiter?
Am 9. Februar wird über eine Gemeinde-Initiative für einen Mindestabstand von 500 Metern und bewohnten Gebäuden abgestimmt. «Derzeit sind wir auch dabei, Visualisierungen von geplanten Windparks zu erstellen – ein wichtiges Mittel, um der Bevölkerung eine realistische Vorstellung zu ermöglichen, weshalb sie vom Kanton der Bevölkerung vorenthalten werden», so Hettegger. Auf nationaler Ebene werden Unterschriften für die beiden eidgenössischen Volksinitiativen zum Waldschutz und Gemeindeschutz gesammelt. Die Forderungen: «Keine Windräder im Wald und Waldrand, sowie Windparks müssen vors Gemeindevolk.»
Die Gegner gehen dabei sehr aggressiv vor: «Die offenbar seit Jahren bestehende Überschreitung der Lärmgrenzwerte durch die bestehenden Anlagen wurde verschwiegen, insbesondere auch auf der SFS-Infoveranstaltung.» Auch die Behörden hätten nichts gesagt. Die Offenlegung sei mit dem Argument «Geschäftsgeheimnis» abgelehnt worden. «Jetzt wissen wir, welches Geschäftsgeheimnis damit gemeint war!»
Auch von anderen brisanten Fakten ist die Rede: «Überschreitung der Lärmgrenzwerte, Lärm-Altlast und ein viel schwächerer Wind als in der Vorstudie angenommen, der sogar die Vorgaben des Kantons unterschreitet und zu einer falschen Einstufung des Nutzungsinteresses führt.» Die Behauptung daher: In der Öffentlichkeit hätten diese Fakten so lange wie möglich vertuscht werden sollen.
Und wie sieht die SFS das?
Windpotenzial. «Das Energiepotenzial wurde mithilfe von einjährigen Messungen eines Messturms am entsprechenden Standort ermittelt. Das unabhängige Gutachten der Interwind AG bestätigt, dass mit dem gemessenen Windaufkommen mindestens 5 GWh Strom pro Jahr erzeugt werden können.» Die Machbarkeitsstudie zur geplanten Windenergieanlage bestätige damit deren Wirtschaftlichkeit. «Die Windenergieanlage wird rund 60 % der Zeit in Betrieb sein und rund 40 % stillstehen. Die Anlage wird von SFS finanziert und betrieben, weshalb wir natürlich an einem wirtschaftlichen Betrieb interessiert sind.»
Wertminderung von Immobilien. «Es lässt sich kein Zusammenhang zwischen Windenergieanlagen und der Wertminderung von Immobilien nachweisen. Es gibt dazu weltweit verschiedene, sich zum Teil widersprechende Studien. Eine für das Projekt relevante Studie von Wüest Partner AG aus dem Jahr 2019, die für das Bundesamt für Energie und den Kanton Thurgau erstellt wurde, konnte ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen den Immobilienpreisen und Windenergieanlagen feststellen.» (Quelle: https://suisse-eole.ch/de/fakten/immobilienpreise/).
Schattenwurf. Der Schattenwurf werde anhand zweier verschiedener Richtwerte beurteilt und reglementiert. Die astronomisch maximal mögliche Schattenwurfdauer zeige das Worst-Case-Szenario. «Dies ist die Zeit, bei der die Sonne theoretisch zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang durchgehend bei wolkenlosem Himmel scheint, die Rotorfläche senkrecht zur Sonneneinstrahlung steht und die Windenergieanlage in Betrieb ist.»
Das unabhängige Expertengutachten habe ergeben, dass ohne Massnahmen bei 24 Gebäuden Grenzwerte überschritten werden. Aufgrund der Überschreitung von meteorologisch wahrscheinlichen Grenzwerten werde die Windenergieanlage mit einem Schattendetektor ausgerüstet. Dieser schaltee die Anlage automatisch ab, wenn ein Grenzwert überschritten werde. «Unsere geplante Windenergieanlage wird auf jeden Fall mit einem Detektor ausgerüstet, der alle Grenzwerte berücksichtigt, und dessen Funktionalität nachgewiesen werden muss.»
«Lärm macht krank»
Abschliessend ein Plädoyer der Gegner: «Gesundheit ist unser wichtigstes Gut. Das geplante Windrad ist auf Nabenhöhe ungefähr so laut wie eine Motorsäge oder ein Presslufthammer, der Lärm ist pulsierend und unangenehm. Lärm führt zu Stress, ist ein Risikofaktor für zahlreiche Krankheiten und beeinträchtigt die kognitiven Leistungen von Schulkindern.» Das könne man auf der Webseite des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) nachlesen.
Und die SFS: «Wir respektieren die demokratischen Entscheidungsprozesse und schätzen den Dialog mit allen Anspruchsgruppen. Es ist uns jedoch ein Anliegen, Fehlinformationen, die beispielsweise zur Finanzierung der Anlage oder zu den Schallemissionen gemacht wurden, zu berichtigen. Die Abstimmung am 9. Februar ist für unser Vorhaben richtungsweisend.» Für den kommenden Januar sei eine weitere Informationsveranstaltung geplant. «Ein weiterer Meilenstein ist die Aufnahme der Anlage in den kantonalen Richtplan. Nach abgeschlossenem Bewilligungsverfahren planen wir, die Anlage frühestens 2026 errichten zu können.»