Als «Missive des Monats» stellen wir Ihnen jeden ersten Freitag im Monat ein besonders interessantes Schriftstück vor. Heute: Anhand von Missiven lässt sich erahnen, in welch grosser Not süddeutsche Städte nach dem Dreissigjährigen Krieg waren – und wie gefragt die Hilfe der Gallusstadt.
Am 1. Dezember 1648 ersuchten Bürgermeister und Rat von Kaufbeuren ihre Amtskollegen in St.Gallen um ein Darlehen von 4- bis 5000 Gulden. Hintergrund des Begehrens war, dass Kaufbeuren aufgefordert wurde, innert Monatsfrist 6200 Gulden an die Kreiskasse Ulm zu senden.
Kaufbeuren hatte nämlich die Pflicht, 12'000 Gulden an die schwedische Armee bezahlen zu müssen, welche die Stadt nach Ende des Dreissigjährigen Krieges noch immer besetzt hielt. Diese sogenannte Satisfaktionszahlung war Voraussetzung für den Abzug der Besatzer. Sie war Kaufbeuren – wie vielen anderen Orten in Süddeutschland – im Westfälischen Friedensschluss vom Oktober 1648 auferlegt worden.
Kaufbeuren aber lag wie Tausende andere deutsche Städte und Dörfer ruiniert am Boden: Krieg und Pest hatten in den vorangegangenen Jahrzehnten gewütet, die Bevölkerung hatte sich teils um die Hälfte reduziert.