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03.01.2025

Warum es zu verbotenem Holzverkauf kam

Missive vom 12. Februar 1568 von Statthalter und Rat zu Appenzell
Missive vom 12. Februar 1568 von Statthalter und Rat zu Appenzell Bild: StadtASG, Missive 897
Das Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde hat den Briefverkehr («Missiven») der Stadt St.Gallen von 1400 bis 1650 digital erfasst. Als «Missive des Monats» stellen wir Ihnen jeden ersten Freitag im Monat ein besonders interessantes Schriftstück vor. Heute widmen wir uns dem Holzhandel, der alles andere als auf die leichte Schulter genommen wurde.

Holz war über Jahrhunderte eine der wichtigsten Ressourcen. Deshalb wurden Verstösse gegen Vorschriften im Umgang mit Holz scharf bestraft. Am 12. Februar 1568 informierten Statthalter und Rat zu Appenzell Bürgermeister und Rat zu St.Gallen, dass der Sohn von Hans Knecht aus Teufen St.Gallern Holz verkauft hatte, das ihm anscheinend nicht gehörte, und zwar «nüt wenig».

Die Besitzer machten offenbar Anzeige, wodurch sich die Appenzeller Obrigkeit gezwungen sah, eine Beschwerde bei der Stadtsanktgaller Regierung einzureichen. Die Appenzeller mahnten die St.Galler Stadtregierung, dafür zu sorgen, dass kein weiteres Holz abtransportiert werde, sonst müsse man rechtliche Schritte unternehmen.

Der Brief bringt eines der wichtigsten Themen der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wirtschaft zum Ausdruck: Der Wald war im Mittelalter von weit substanziellerer Bedeutung als heute. Holz wurde in der Landwirtschaft gebraucht, beispielsweise in grossen Mengen als Zaunholz oder in Rebbaugebieten, wie dem St.Galler Rheintal, für Rebstecken, um die Weinstöcke daran hochzuziehen. Enorm war auch der Bedarf an Brenn- und Bauholz.

Die Stadt St.Gallen bezog ihr Holz aus den benachbarten Gemeinden, allen voran aus Gaiserwald, Waldkirch – und wie der Brief zeigt – auch aus Teufen.

Auf dem Plan der Stadt St.Gallen und der umliegenden Orte um 1683/84 sind oben die Waldgebiete von Bernhardzell und unten jene zur Grenze mit dem Land Appenzell zu erkennen, Johann Jacob Scherer zugeschrieben Bild: StadtASG, PlanA S2, 1e

Wie gross der Druck auf diese Ressource war, beweisen die Waldordnungen des Hohfirstwaldes von 1483 und des Bernhardzellerwaldes von 1496 in der heutigen Gemeinde Waldkirch. Die Wälder gehörten in das Territorium der Abtei und unterstanden deren Herrschaft und Aufsicht. In diesen Waldordnungen wurden die Holznutzung und der Verkauf zum Schutz des Waldes, aber auch des fürstäbtischen Eigentums massiv eingeschränkt.

Die Einleitung der Waldordnung von Hohfirst bringt das Problem der unberechtigten Holznutzung, wie dies im vorliegenden Brief von 1568 moniert wird, klar zum Ausdruck. Es heisst dort, der Wald sei lange Zeit nicht nur von denen, die dort nutzungsberechtigt waren, sondern auch von anderen Leuten ausgebeutet worden. Damit dürften auch Stadtsanktgaller gemeint sein.

Gegen die Übernutzung wurde in den erwähnten Waldordnungen aus der Zeit Ende des 15. Jahrhunderts Folgendes festgesetzt: Drei zuvor bestimmten Männern kam die Aufgabe von «Forsthütern» zu, die zu entscheiden hatten, welches Holz geschlagen werden durfte. Verboten waren die Köhlerei und das Kalkbrennen sowie das Roden.

Ausschnitt aus der Waldordnung von Bernhardzell aus dem Jahr 1496 Bild: Stiftsarchiv St.Gallen, KK.3.L.2

Beim Brennholzverbrauch wurde das Übel an der Wurzel gepackt. Die Waldordnung von Bernhardzell bestimmte, dass in einem Haus nur ein Kochherd sowie ein Stubenofen befeuert werden durften. Diese Bestimmung ist wohl so zu verstehen: Wenn verschiedene Parteien dasselbe Haus bewohnten, hatten sie dieselben Wärmequellen zu verwenden, um Energie zu sparen.

Der Verkauf von Holz war grundsätzlich verboten. Ausnahmen wurden für die Sicherstellung des Unterhalts in Notzeiten gemacht. Dann war es im Hohfirstwald in Absprache mit den drei «Forsthütern» und im Bernhardzellerwald mit Erlaubnis des Abts möglich, Holz auf den Markt zu führen. Am ehesten ist damit der Markt der nahen Stadt St.Gallen gemeint.

Die erwähnte Missive Nr. 897 ist abrufbar unter:

Literatur

  • Ziegler, Ernst (Hg.): Gaiserwald. Abtwil – St.Josefen – Engelburg, Gaiserwald 2004.
Stefan Sonderegger / Toggenburg24