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Leserbrief
Schweiz
18.12.2024
17.12.2024 22:30 Uhr

Kastrations- und Chippflicht für Schweizer Katzen – bald Realität?

Bild: NetAP
Medienmitteilung des NetAP, Network for Animal Protection. Mit zwei Motionen, die noch in dieser Session eingereicht werden, wird in Bundesbern auf das Katzenelend in der Schweiz aufmerksam gemacht. Es wird gefordert, dass dieses mit einer Kastrations- und Chippflicht endlich nachhaltig bekämpft wird.

Das Katzenelend in der Schweiz wächst laufend weiter. Fast zwei Millionen Katzen[1] mit Halter und zusätzlich unzählige herrenlose Katzen sorgen immer mehr für Unmut in der Bevölkerung. Die Katzen müssen als Sündenbock für Vieles herhalten: sie sind schuld an jedem Kothaufen im Garten, am Rückgang der Biodiversität und mittlerweile auch am Klimawandel. Während für ersteres auch zahlreiche Wildtiere in Frage kämen, müssten sich für die anderen beiden Vorwürfe in erster Linie die Menschen an die eigene Nase fassen.

Fakt ist: Es gibt eine Überpopulation an Katzen in unserem Land. Und am meisten leiden die Katzen selbst darunter. Eine neue Studie des Bundes versucht, die unkontrollierte Katzenpopulation zu schätzen, also jene Katzen, die nicht einem Halter zugeordnet werden können. Aufgrund der nur beschränkt verfügbaren Daten geht man offenbar von einer Zahl zwischen 125'000 und 700'000 Katzen mit einem wahrscheinlichsten Wert von 225'000 aus. Also 225'000 Katzen, die sich zusätzlich zu all den Heim- und Hofkatzen laufend vermehren. Dabei darf nicht vergessen werden: All diese herrenlosen Katzen haben ihren Ursprung bei Haltern, die sich nicht um die Kastration kümmerten. Hinzu kommt, dass jedes Jahr mindestens 200'000 Katzen getötet werden, weil sie niemand haben will.[2]

Eine Katzensteuer, ein Katzenmoratorium oder ein Ein-Katzen-Haushalt sind alte Ideen, die wieder neu aufgegriffen wurden. Dabei wird leider stets ausser Acht gelassen, dass es nur ein effektiv wirksames und tiergerechtes Mittel gegen die Überpopulation gibt: die Kastration. Diese muss zur Pflicht werden, um das Problem an der Wurzel zu packen und die Verursacher in die Pflicht zu nehmen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Aufklärung allein nicht zum Ziel führt. Das gilt auch für die Alibi-Kampagne des Bundes «Luna & Filou» von 2018. Im Gegenteil: Das Katzenelend ist heute auf einem Höchststand und Tierschutzorganisationen und Tierheime entsprechend komplett überlastet.

Allein in den letzten 12 Monaten hat NetAP in über 300 Einsätzen rund 1400 Katzen eingefangen und kastrieren lassen. Dafür waren die ehrenamtlichen Helferinnen schweizweit in insgesamt 16 Kantonen unterwegs. Zusätzlich mussten 82 Katzenmütter mit fast 400 Kitten notfallmässig in Tierheimen und Auffangstationen untergebracht werden, was aufgrund der überfüllten Heime jedes Mal eine weitere Herausforderung darstellte. Viele der Katzen waren in keinem guten Gesundheitszustand und mussten intensiv gepflegt werden, damit sie wieder eine gute Lebensqualität erlangten.

Eine weitere Schwierigkeit stellten die vielen Fund- und Verzichtskatzen der vergangenen Monate dar. Auch hier brauchten die meisten dringend tiermedizinische Versorgung, die die ursprünglichen Halter offensichtlich nicht zahlen wollten oder konnten. Zwar boomt die Katzenhaltung in der Schweiz. Ein Grossteil der Halter macht sich aber kaum Gedanken über die Bedürfnisse ihrer Tiere. Da man an jeder Ecke herzigen Katzennachwuchs kostenlos oder für wenig Geld bekommt, werden die Tiere allzu oft unüberlegt angeschafft … und schliesslich genauso schnell wieder entsorgt, wenn das Tierchen plötzlich nicht mehr in die aktuelle Lebensplanung passt, zuviel Dreck macht oder unerwartete Kosten verursacht. Die Billigware Katze ist zum Wegwerfartikel verkommen – ein besorgniserregender Trend in unserem Land.

Dagegen will Nationalrätin Meret Schneider aktiv vorgehen. Mit einer «Kastrationspflicht light» sollen die Halter von Freigänger-Katzen verpflichtet werden, ihre Tiere von einem Tierarzt kastrieren zu lassen. Mit einer Ausnahme: Katzen, die auf Landwirtschaftsbetrieben leben, dürfen maximal einmal Nachwuchs bekommen. So will man der Befürchtung der Landwirte Rechnung tragen, sie könnten plötzlich zu wenig Katzen auf dem Betrieb haben.

«Aus veterinärmedizinischer Sicht wäre die Kastration vor der ersten Rolligkeit zu begrüssen», erklärt Esther Geisser, Präsidentin der Tierschutzorganisation NetAP. Dennoch wäre die Juristin froh, die Motion würde angenommen werden. «All die privaten Vermehrer würden wegfallen und auch auf Höfen kämen deutlich weniger Kätzchen auf die Welt», hält Geisser fest. So gäbe es in den Tierheimen auch eher wieder Platz für Fundtiere und der Stellenwert der Katze würde generell wieder steigen.

«Noch immer werden unzählige Katzen getötet, weil sie als überflüssig gelten und niemand Geld für sie ausgeben möchte.» bedauert Geisser. Mit einer Kastrationspflicht würde es längerfristig nicht nur weniger Katzen geben, es wäre – insbesondere in Kombination mit der Chippflicht – klar, dass diese Kosten verursachen. Entsprechend würde sich der eine oder die andere vielleicht vor einer Anschaffung ein paar Gedanken mehr machen. Zu guter Letzt, so hofft Geisser, können Tierschutzorganisationen unkastrierte Katzen, sofern sie nicht gechippt sind, kastrieren lassen, ohne die gesetzliche Aufbewahrungspflicht von zwei Monaten einzuhalten.

Für beide Vorstösse gibt es Unterstützer von Links bis Rechts. Entsprechend rechnen sich Tierschützer und Politiker Chancen aus, endlich etwas an der Katzenfront bewegen zu können. Über sieben Jahre ist es her, seit NetAP mit Unterstützung von 150 weiteren Tierschutzorganisationen eine Petition für eine Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen eingereicht hat. Mehr als 115'000 Menschen hatten die Forderung damals unterschrieben. Der Bund blieb über all die Jahre untätig mit dem Ergebnis, dass die Situation heute noch viel schlimmer geworden ist. Eine verpasste Chance zu Lasten der Tiere. Es bleibt zu hoffen, dass nun endlich ein grosser Schritt in die richtige Richtung getan wird.

 

 

[1] Statista, Anzahl Katzen Schweiz 1995-2022 (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/283732/umfrage/katzen-in-der-schweiz/#:~:text=Im%20Jahr%202022%20leben%20gem%C3%A4%C3%9F,die%20beliebtesten%20Haustiere%20der%20Schweizer),

[2] Zur Berechnung vgl. NetAP (https://netap.ch/wp-content/uploads/2024/08/2024_Hochrechnung-Katzentoetungen-Schweiz-NetAP.pdf).

NetAP – Network for Animal Protection

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8133 Esslingen

+41 (0)44 202 68 68

www.netap.ch

www.facebook.com/netap.ch

NetAP, Lic.iur. Esterh Geisser, Präsidentin und Gründerin