Im Januar letzten Jahres hatten die Vereinsmitglieder des Kinder Dörfli Lütisburg und des Johanneum Neu St. Johann beschlossen, die Möglichkeiten einer Fusion der beiden traditionsreichen Institutionen im Toggenburg zu prüfen. Eine Projektgruppe, bestehend aus Mitgliedern beider Vorstände und Geschäftsleitungen, analysierte zusammen mit einer externen Beratungsfirma die Chancen und Herausforderungen eines Zusammenschlusses. Nach über einem Jahr intensiver Arbeit sind die beiden Organisationen zum Schluss gekommen, auf eine Fusion zu verzichten. Dieser Entscheid wurde aufgrund verschiedener Faktoren gefällt.
Keine Fusion der beiden Institutionen


Veränderte Rahmenbedingungen ausschlaggebend
Ein wesentlicher Grund für den Verzicht auf die Fusion liegt in der veränderten Ausgangslage des kantonalen Sonderschulkonzeptes. Das ursprünglich geplante integrative Schulsystem konnte vom Kanton nicht wie geplant umgesetzt werden und es besteht aktuell ein Mangel an Sonderschulplätzen. Diese aktuelle Entwicklung hat für beide Organisationen grössere Veränderungen herbeigeführt. Ebenso haben sich beide Organisationen während der doch längeren Evaluationszeit zielführend weiterentwickelt.
Zudem hat sich im Laufe des Evaluationsprozesses gezeigt, dass die Unterschiede zwischen den beiden Institutionen - sowohl räumlich als auch in der Ausrichtung – zu gross sind. Das Johanneum bietet Angebote für Menschen aller Altersstufen mit kognitiven Beeinträchtigungen, während das Kinder Dörfli auf Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten spezialisiert ist. Ursprünglich war eine Teilfusion im Jahr 2021 nur im Sonderschulbereich angedacht, doch im Laufe der Gespräche hat sich gezeigt, dass nur eine Vollfusion Sinn macht. Allerdings überwiegen die effektiven Vorteile erst, wenn mehrere Bildungseinrichtungen miteinander fusionieren würden. Aktuell wäre es vielmehr eine Zusammenlegung mit einer anderen Positionierung.
Beide Institutionen blicken auf eine lange Geschichte zurück und stehen vor wichtigen Jubiläen: Das Kinder Dörfli feiert 2027 sein 150-jähriges, das Johanneum im gleichen Jahr sein 125-jähriges Bestehen. Die Befürchtung, dass diese Traditionen und Werte durch eine Fusion verloren gehen könnten, trug ebenfalls zur Entscheidung bei. Darüber hinaus wurde kein klarer Mehrwert für beide Institutionen gesehen, der die Aufgabe der Eigenständigkeit und kulturellen Identität gerechtfertigt hätte.
Erkenntnisse aus der Fusionsprüfung
Trotz des Verzichts auf eine Fusion werten die Vereinspräsidenten die intensive Prüfungsphase als wertvolle Erfahrung. «Wir bedauern den Entscheid, aber die sorgfältige Analyse hat uns zu einer klaren und tragfähigen Lösung geführt», betonen Glen Aggeler, Präsident des Kinder Dörfli, und Hansjörg Huser, Präsident des Johanneum. Eine Fusion hätte die beiden Organisationen zu einer der grössten sonderpädagogischen Institutionen im Kanton St. Gallen gemacht, wäre aber aufgrund der Grösse und der Distanz der Standorte auch mit Herausforderungen verbunden gewesen.
Dennoch habe die Überprüfung viele positive Impulse gebracht: «Wir kennen nun die Angebote und Stärken der anderen Organisation sehr gut und können so in Zukunft in gewissen Bereichen enger zusammenarbeiten - ohne unsere Eigenständigkeit aufzugeben», so die Präsidenten weiter. Zudem habe der Prozess den Austausch und das gegenseitige Verständnis zwischen den Führungskräften gestärkt, was die Basis für zukünftige Kooperationen bildet.