Dass ein Buch den Titel «Der Flüsterwitz im Dritten Reich» und auf dem Umschlag ein «pst» trägt, sagt alles: «Müller fragt: ‹Was gibt es für neue Witze?› Worauf Schulz antwortet: ‹Sechs Monate KZ!›» – «Zwei Irrenärzte begegnen einander. Der eine grüsst: Heil Hitler! Darauf der andere: Heil du ihn!»
An einer Anschlagsäule hing ein Plakat mit Werbung für Heilkräuter und -erden. Unter die Schlagzeilen «Heiltee zum Trinken», «Heilerde zum Essen» hatte ein Missvergnügter geschrieben: «Heil Hitler zum Kotzen!»
Der zweifelhafte «Volkssänger» und «Mitläufer» Weiss Feral (Ferdinand Weisheitinger) soll, wie er vermutlich im Kabarett erzählte, von Hitler dessen Bild mit eigenhändiger Unterschrift bekommen haben. «Das ist mein Freund, der Hitler», sagte er. «Jetzt weiss ich nur net, soll ich ihn aufhängen oder an die Wand stellen?» Diese «Flüsterwitze» entnahm ich dem oben erwähnten Buch von Hans-Jochen Gamm (1925–2011).
Der Hass gegenüber dem Führer wurde auch «religiös gerechtfertigt»: Im Beichtstuhl fragte jemand, ob es eine Sünde sei, wenn man jemandem von ganzem Herzen den Tod wünsche. Die verständnisvolle Antwort des Priesters lautete: «In diesem besonderen Falle nicht!»
Clemens August Graf von Galen, Bischof von Münster und Kardinal (1878–1946), wandte sich in einer Predigt gegen die Jugenderziehung durch die Hitlerjugend. Da rief jemand dazwischen: «Wie kann ein Mann, der keine Kinder hat, massgeblich über Kindererziehung sprechen wollen!» Darauf Galen: «Ich kann eine solche persönliche Kritik am Führer in meiner Kirche nicht zulassen!»
Im folgenden Witz, der sich direkt gegen Hitler richtete, ist die sarkastische Pointe in eine kleine Geschichte eingepackt:
Hitler und sein Chauffeur fahren übers Land. Auf einmal, bumm, ein Aufprall! Sie haben ein Huhn überfahren. Hitler zum Chauffeur: «Wir müssen es dem Bauern melden. Lassen Sie mich mal machen, ich bin der Führer, er wird es verstehen.» Nach zwei Minuten kommt Hitler angerannt und hält sich den Hintern – der Bauer hat ihn verdroschen. Die beiden fahren weiter. Doch plötzlich, bumm, platsch, wieder ein Aufprall! Sie haben ein Schwein überfahren. Hitler zum Chauffeur: «Diesmal gehen aber Sie zum Bauern!» Der Chauffeur gehorcht dem Befehl, kommt aber erst nach einer Stunde wieder, vollkommen betrunken und mit einem Korb mit Würsten und Geschenken in der Hand. Hitler vollkommen erstaunt: «Ja, mein Gott, was haben Sie dem Bauern denn gesagt?» Darauf der Chauffeur: «Ich habe nur gesagt: ‹Heil Hitler, das Schwein ist tot!› – und da haben sie mir diese Geschenke gegeben!»
Dieser «Flüsterwitz» gab Rudolph Herzogs Buch von 2006 den Titel: «Heil Hitler, das Schwein ist tot! Lachen unter Hitler – Komik und Humor im Dritten Reich» (2006). Dieses sowie die erwähnten und rege benutzten Werke von Ernst Friedrich und Hans-Jochen Gamm gaben mir die Gewissheit, dass Witze wichtige «Zeitdokumente» sind.