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30.01.2025

Frauenfussball: In der kleinen Schweiz wird es enger

Seit 2019 in der höchsten Liga, ging es für Grün-weiss vom 7. über den 5. bis zum 4. Platz nach vorne – auch dieses Jahr spielt der FCSG wieder ganz vorne mit
Seit 2019 in der höchsten Liga, ging es für Grün-weiss vom 7. über den 5. bis zum 4. Platz nach vorne – auch dieses Jahr spielt der FCSG wieder ganz vorne mit Bild: FCSG
Neben der Nati sind auch die Schweizer Clubs im Aufwind: Die Liga ist spannender denn je, während die gesamte erste Tabellenhälfte Ambitionen auf den Titel meldet.

Die Zeiten der alleinigen FCZ-Dominanz sind endgültig vorbei – die Machtverhältnisse in der AWSL verschieben sich, beobachtet stgallen24-Fussballexpertin Simea Rüegg.

GC schlägt den FCZ. 5:0, ein Kantersieg. Es war bloss ein Testspiel, ein vorbereitendes Stadtderby vor der zweiten Saisonhälfte oder eben auch ein nachbereitendes, nachdem die exakt selbe Affiche vor der Winterpause im 1:1-Unentschieden geendet hatte.

Vor Servette kam lange nichts

Und doch zwingt sich dieses kleine «aber» auf. Es war ein Testspiel, aber der grosse FCZ ging unter. Das ist neu. In der AXA Women’s Super League (AWSL) haben sich die restlichen Teams den bis anhin unantastbaren Favoriten FC Zürich und Servette FC Chênois an die Fersen geheftet. Spätestens seit dieser Saison schwindet die Leistungsdifferenz.

Das gewohnte Bild ist noch nicht zerbröckelt, dennoch zeigt es erste Risse. Zürich, und später auch Servette, waren während langer Zeit das Mass aller Dinge: Seit der Geburtsstunde der FCZ-Frauenabteilung im Jahr 2008 ging der Meistertitel – mit zwei Ausnahmen von YB im Jahr 2011 und FC Neunkirch 2017 – an ebendiese Abteilung. In den letzten vier Saisons schloss Servette auf und knöpfte Zürich zwei Ligagewinne ab.

Etwas weniger FCZ gab es im Cup: Ganz nach Cupmanier, wo es traditionell viel Raum für Überraschungen gibt, war Zürich weniger dominant. Seit 2012 gab es jeweils «nur» zwei Siege am Stück, dann gewann ein anderes Team, bevor Zürich wieder zweimal siegte. 2022 riss diese Serie. Danach gelang Servette der Doppelsieg, der FCZ verpasste dabei beide Finals.

Die Liga wird attraktiver

Es waren also die Genferinnen, die erstmals aufhorchen liessen. Damit sind sie nicht mehr allein. In der vorletzten Saison wurde es auf dem Tabellenpodest – bevor es in die titelentscheidenden Playoff-Spiele ging – eng, je sechs Punkte trennten Servette, Zürich und GC. In der letzten Saison wurde es noch enger, der Abstand schrumpfte auf je einen Punkt zwischen Servette, Zürich und Basel.

Am engsten ist es in der aktuellen Saison. Die Top Fünf platziert sich zur Winterpause innerhalb von sieben Punkten, jeweils zwei Zähler liegen zwischen Servette, Basel, Zürich, YB und St. Gallen. Die Liga wird sichtlich attraktiver.

2023 gab es den letzten Meistertitel: Den Ersten mit dem FCZ-Logo auf der Brust holten die Zürcherinnen 2008– zuvor hatte das Team bereits zwölf Mal als SV Seebach Zürich gewonnen Bild: FCZ

Es ist eine erfreuliche Entwicklung. Zum einen, weil es so kein Team mehr gibt, das das unangefochtene Ligamonopol hat. Denn dies sind wenig beliebte Verhältnisse, wie das Extrembeispiel Spanien zeigt. Dort marschiert der FC Barcelona von Meistertitel zu Meistertitel. Den letzten gab es für 29 Siege, 1 Unentschieden, eine Tordifferenz von +127 und 15 Punkte Vorsprung auf das zweitplatzierte Real Madrid.

Umgeben ist die sportliche Brillanz der Katalaninnen von Staunen und Bewunderung, aber eben auch von der leisen Kritik an der allmählichen, subtilen Einbusse des Unterhaltungswerts. Doch zurück in die Schweiz: Hierzulande hatte es nie einen Club gegeben, für den die Meisterschaft jemals ein solches Kinderspiel gewesen wäre.

Unterschiedliche Ansätze gelingen

Zudem macht die gestiegene Wettbewerbsfähigkeit die Schweizer Liga interessant für Spielerinnen. Für Einheimische, die so der AWSL erhalten bleiben und nicht ins Ausland abwandern. So bleibt die Qualität der helvetischen Nachwuchsspielerinnen im eigenen Land. Gleichzeitig sehen internationale Spielerinnen, dass in der Schweiz ein scheinbar ansprechendes Arbeitsumfeld auf sie wartet. Denn einige Vereine haben bereits Fussballerinnen aus dem Ausland geholt.

Spielerinnen kommen, weil das Niveau stieg. Und indem sie bleiben, steigern sie es weiter. Es ist ein Fortschritt, der die Professionalität zunehmend ankurbelt. Davon zeugt, dass AWSL-Vereine auch schon höhere Löhne als die Konkurrenz geboten haben, um eine Fussballerin für sich zu gewinnen.

Zeitgleich gibt es auch einen anderen, nicht minder professionellen Ansatz, mit dem sich ein Club vorne etablieren kann. Das zeigt das Beispiel St. Gallen: Der FCSG kämpfte sich Jahr für Jahr weiter nach vorne und näherte sich so Schritt für Schritt der Tabellenspitze an – 2023 schaffte es das Team gar in den Cupfinal. Die Ostschweizerinnen setzten längerfristig auf dieselben Kräfte. Sie formten mit Kontinuität und Geduld ein erfolgreiches Team, ohne dabei die höchsten Löhne in der Liga zu zahlen.

Unabhängig von der gewählten Taktik verschieben sich die Machtverhältnisse in der Schweiz und die nationale Spitze wird breiter. Dass die Liga in der laufenden Spielzeit so umkämpft ist wie lange nicht mehr, spielt der Schweiz in die Karten. Insbesondere mit Blick auf die Heim-EM, wenn sich alle Augen auf die Eidgenossenschaft richten, ist das gute Werbung.

Bevor aber an das Vermächtnis des Sommermärchens gedacht wird, steht erst noch einiges an Ligaspektakel an: Am 2. Februar ertönt der Anpfiff zur Rückrunde.

Der fif-a.blog von stgallen24-Fussballexpertin Simea Rüegg beschäftigt sich mit Frauen iFussball. Die aktive Spielerin (FC Frauenfeld) schreibt über «Spannendes von gestern, Interessantes von heute und Entwicklungen von morgen».

Das «a» im Titel stehe für vieles, so Rüegg: unter anderem für «Allgemeines zum Thema», für «Abseits des Rampenlichts» – oder schlicht und einfach für die weibliche Seite des Fussballs.

Simea Rüegg, fif-a.blog / Toggenburg24