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05.02.2025

Müssen wir das Buch Hiob neu schreiben?

Eberhard von Wächter: Hiob und seine Freunde
Eberhard von Wächter: Hiob und seine Freunde Bild: Archiv
Alfred Tobler vom Institut für Makro-, Mikro- und Nanotechnologie in Rorschach ist es gelungen, den möglichen Wohnsitz Hiobs zu lokalisieren – eine Entdeckung, die neue Perspektiven auf die biblische Geschichte eröffnet. Nachdem er bereits den Weg der Israeliten aus Ägypten neu definiert hat, zeigt seine Forschung nun, dass Hiob wohl in der Region um Buraydah auf der Arabischen Halbinsel gelebt haben könnte.

Das Buch Hiob ist ein besonderes Buch im Kanon des Alten Testaments: Es handelt von einer Wette zwischen Gott und Satan.

Satan glaubt, dass Hiob sich vom Glauben abwenden würde, wenn Gott ihm alles nähme. Daraufhin nimmt Gott Hiob seinen gesamten Besitz. Auch die Kinder Hiobs sterben; er selbst wird krank, wendet sich aber nicht von Gott ab.

Die Geschichte endet wie im Märchen: Hiob bekommt noch einmal sieben Söhne und drei Töchter. Die Zahl der Schafe, Kamele, Rinder und Eselinnen verdoppelt sich. Er lebt danach noch 140 Jahre, stirbt alt und lebenssatt.  

Das Buch Hiob ruft uns also dazu auf, Gottes Weisheit und Charakter unter jeglichen Umständen zu vertrauen.

Obwohl wir nicht immer wissen, warum wir leiden, können wir unseren Schmerz und unsere Trauer ehrlich zu Gott bringen und darauf vertrauen, dass er weiss, was er tut.

Das Buch Hiob wird geliebt, kritisiert, verkannt – von Freunden, Kennern und der historisch-kritischen Theologie.

«Die Forschung zum Buch Hiob hat mich schon lange fasziniert. Es war ein Rätsel, wo dieser bedeutende Mann tatsächlich gelebt hat», sagt Alfred Tobler. «Doch mit modernen Methoden und einer interdisziplinären Herangehensweise konnten wir das geografische Umfeld nun präziser bestimmen.»

Seine Wohnsitze lassen sich in der Ebene nahe Buraydah, in der Mitte der Arabischen Halbinsel, bestimmen – östlich von Riad.

Tobler erklärt wieso: «Die Hinweise auf seinen Wohnsitz sind eindeutig: Der Name Hiobs spiegelt sich erstens in Ortsbezeichnungen wie Jubbah, Jubail (Ha'il) und Al Jubb wider. 

Archäologische Funde zeigen zweitens Verbindungen zum alten Land Uz, das sich mit den heutigen Gebieten um Samirah bei Al-Uzaym und der Stadt Unayzah bei Buraydah deckt.

Besonders wichtig ist drittens die Existenz von Oasen und Wasserquellen in grosser Menge in der gesamten Region des sogenannten Natsch. Diese waren eine essenzielle Voraussetzung für die Erhaltung grosser Viehherden – genau so, wie es im Buch Hiob beschrieben wird.»

Der grosse Reichtum des Protagonisten, des Sohnes des Ostens, sei sowohl zu Beginn als auch am Ende des Berichts detailliert nachweisbar.

Hiobs Wohnsitze lassen sich in der Mitte der Arabischen Halbinsel bestimmen Bild: Alfred Tobler

Ein weiteres Indiz stellen die Wohnorte der vier ihn besuchenden Freunde dar: «Die Städtenamen mit Bezug zu deren Namen sind in relativer Nähe zum alten Land Uz auszumachen», sagt Alfred Tobler. Es sei die Rede von einem Busither, Taymanither, Bushither und Nahamither.

«Interessanterweise deuten auch die Namen der Freunde Hiobs auf geografische Regionen hin. Das spricht dafür, dass sich diese vier Personen tatsächlich aus verschiedenen Richtungen auf den Weg zu ihm gemacht haben», so Tobler.

Sie kommen aus allen vier Himmelsrichtungen. Sie zelebrieren eine besondere, zuweilen skurril anmutende Art des Redens und Diskutierens über den Allmächtigen – sein Wesen, sein Wirken und Handeln. Durch ihr Reden bringen sie auch ihr örtlich-kulturelles Denken in das Geschehen ein.

Hiob selbst offenbart durch seine eigene familiäre Situation eine soziologische Komponente, die in der modernen Gesellschaft noch heute von Bedeutung ist. Bereits im Patriarchat vor 3000 Jahren war das Konzept der Sozialstruktur kein Fremdwort.

«Die Figur Hiobs zeigt, dass familiäre und soziale Verantwortung auch damals eine zentrale Rolle spielten. Er war nicht nur ein leidender Mann, sondern auch ein Vater, Arbeitgeber und Glaubensvorbild», betont Tobler.

«Das Vatersein, der Ehemann, Arbeitgeber, Donator und Gelehrte – all das kann im Glauben an Gott bestehen, ohne im Widerspruch zu sein»  sagt Alfred Tobler.

Auch naturwissenschaftlich gibt der Text einiges her: Naturphänomene wie Hagel, Schnee, Sonne und Hitze werden erwähnt. Ebenso die Nomadenkultur und die kriegerischen Einfälle von Zeitgenossen aus den Randgebieten der Halbinsel.

«Die Beschreibungen von Naturkatastrophen im Buch Hiob entsprechen auffallend genau den klimatischen Bedingungen dieser Region. Das stützt unsere These zusätzlich», erklärt Tobler und ist deshalb überzeugt, den Lebensort von Hiob gefunden zu haben.

Buch Hiob, Kapitel 28: Das Lied von der Weisheit Gottes

1 Es hat das Silber seine Gänge und das Gold seinen Ort, wo man es läutert. 2 Eisen bringt man aus der Erde, und aus dem Gestein schmilzt man Kupfer. 3 Man macht der Finsternis ein Ende, und bis ins Letzte erforscht man das Gestein, das im Dunkel tief verborgen liegt. 4 Man gräbt einen Schacht fern von da, wo man wohnt; vergessen, ohne Halt für den Fuss, hängen und schweben sie, fern von den Menschen. 5 Man zerwühlt wie Feuer unten die Erde, auf der doch oben das Brot wächst. 6 Man findet Saphir in ihrem Gestein, und es birgt Goldstaub. 7 Den Steig dahin hat kein Geier erkannt und kein Falkenauge gesehen. 8 Das stolze Wild hat ihn nicht betreten, und kein Löwe ist darauf gegangen. 9 Auch legt man die Hand an die Felsen und gräbt die Berge von Grund aus um. 10 Man bricht Stollen durch die Felsen, und alles, was kostbar ist, sieht das Auge. 11 Man wehrt dem Tröpfeln des Wassers und bringt, was verborgen ist, ans Licht. 

12 Wo will man aber die Weisheit finden? Und wo ist die Stätte der Einsicht? 13 Niemand weiss, was sie wert ist, und sie wird nicht gefunden im Lande der Lebendigen. 14 Die Tiefe spricht: »In mir ist sie nicht«; und das Meer spricht: »Bei mir ist sie auch nicht.« 15 Man kann nicht Gold für sie geben noch Silber darwägen, sie zu bezahlen. 16 Sie kann mit Gold aus Ofir nicht aufgewogen werden, nicht mit kostbarem Onyx und Saphir. 17 Gold und edles Glas kann man ihr nicht gleichachten noch sie eintauschen um güldnes Kleinod. 18 Korallen und Kristall achtet man gegen sie nicht; ein Beutel voll Weisheit ist mehr wert als Perlen. 19 Topas aus Kusch wird ihr nicht gleichgeschätzt, und das reinste Gold wiegt sie nicht auf. 20 Woher kommt denn die Weisheit? Und wo ist die Stätte der Einsicht? 21 Sie ist verhüllt vor den Augen aller Lebendigen, auch verborgen den Vögeln unter dem Himmel. 22 Der Abgrund und der Tod sprechen: »Wir haben mit unsern Ohren nur ein Gerücht von ihr gehört.« 

23 Gott weiss den Weg zu ihr, er allein kennt ihre Stätte. 24 Denn er sieht die Enden der Erde und schaut alles, was unter dem Himmel ist. 25 Als er dem Wind sein Gewicht gegeben und dem Wasser sein Mass gesetzt, 26 als er dem Regen ein Gesetz gegeben hat und dem Blitz und Donner den Weg: 27 Damals schon sah er sie und verkündigte sie, bereitete sie und ergründete sie 28 und sprach zum Menschen: Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weisheit, und meiden das Böse, das ist Einsicht. 

Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017

Das Buch Hiob, Kapitel 32: Elihus erste Rede

1 Da hörten die drei Männer auf, Hiob zu antworten, weil er sich für gerecht hielt. 2 Aber Elihu, der Sohn Barachels des Busiters, aus dem Geschlecht Ram, ward zornig. Er ward zornig über Hiob, weil er sich selber für gerechter hielt als Gott. 3 Auch ward er zornig über seine drei Freunde, weil sie keine Antwort fanden und doch Hiob verdammten. 4 Elihu aber hatte gewartet, bis sie mit Hiob geredet hatten, weil sie älter waren als er. 5 Als Elihu nun sah, dass die drei Männer keine Antwort mehr hatten, ward er zornig. 

6 Und Elihu, der Sohn Barachels des Busiters, hob an und sprach: Ich bin jung an Jahren, ihr aber seid alt; darum hab ich mich gescheut und gefürchtet, mein Wissen euch kundzutun. 7 Ich dachte: Lass das Alter reden, und die Menge der Jahre lass Weisheit beweisen. 8 Wahrlich, es ist der Geist im Menschen und der Odem des Allmächtigen, der sie verständig macht. 9 Die Betagten sind nicht die Weisesten, und die Alten verstehen nicht, was das Rechte ist. 10 Darum sage ich: Höre mir zu; auch ich will mein Wissen kundtun. 11 Siehe, ich habe gewartet, bis ihr geredet hattet; ich habe aufgemerkt auf eure Einsicht, bis ihr die rechten Worte treffen würdet, 12 und habe achtgehabt auf euch; aber siehe, da war keiner unter euch, der Hiob zurechtwies oder seiner Rede antwortete. 

13 Sagt nur nicht: »Wir haben Weisheit gefunden; Gott muss ihn schlagen und nicht ein Mensch.« 14 Mich haben seine Worte nicht getroffen, und mit euren Reden will ich ihm nicht antworten. 15 Ach, betroffen stehen sie da und können nicht mehr antworten; sie wissen nichts mehr zu sagen. 16 Und da soll ich warten, weil sie nicht mehr reden, weil sie dastehen und nicht mehr antworten? 17 Auch ich will mein Teil antworten und will mein Wissen kundtun! 18 Denn ich bin voll von Worten, weil mich der Geist in meinem Inneren bedrängt. 19 Siehe, mein Inneres ist wie der Most, der zugestopft ist, der die neuen Schläuche zerreißt. 20 Ich muss reden, dass ich mir Luft mache, ich muss meine Lippen auftun und antworten. 21 Vor mir soll kein Ansehen der Person gelten, und ich will keinem Menschen schmeicheln. 22 Denn ich weiss nicht zu schmeicheln; sonst würde mich mein Schöpfer bald dahinraffen. 

Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017

Das Buch Hiob, Kapitel 42: Hiobs letzte Antwort an den Herrn

1 Und Hiob antwortete dem HERRN und sprach: 2 Ich erkenne, dass du alles vermagst, und nichts, das du dir vorgenommen, ist dir zu schwer. 3 »Wer ist der, der den Ratschluss verhüllt mit Worten ohne Verstand?« Darum hab ich ohne Einsicht geredet, was mir zu hoch ist und ich nicht verstehe. 4 »So höre nun, lass mich reden; ich will dich fragen, lehre mich!« 5 Ich hatte von dir nur vom Hörensagen vernommen; aber nun hat mein Auge dich gesehen. 6 Darum gebe ich auf und bereue in Staub und Asche.

Gott rechtfertigt Hiob
7 Als nun der HERR diese Worte mit Hiob geredet hatte, sprach er zu Elifas von Teman: Mein Zorn ist entbrannt über dich und über deine beiden Freunde; denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Hiob. 8 So nehmt euch nun sieben junge Stiere und sieben Widder und geht hin zu meinem Knecht Hiob und opfert Brandopfer für euch; aber mein Knecht Hiob soll für euch bitten; denn ihn will ich erhören, dass ich euch nichts Schlimmes antue. Denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht Hiob. 

9 Da gingen hin Elifas von Teman, Bildad von Schuach und Zofar von Naama und taten, wie der HERR ihnen gesagt hatte. Und der HERR erhörte Hiob. 10 Und der HERR wandte das Geschick Hiobs, als er für seine Freunde bat. Und der HERR gab Hiob doppelt so viel, wie er gehabt hatte. 11 Und es kamen zu ihm alle seine Brüder und alle seine Schwestern und alle, die ihn früher gekannt hatten, und assen mit ihm in seinem Hause und sprachen ihm zu und trösteten ihn über alles Unglück, das der HERR über ihn hatte kommen lassen. Und ein jeder gab ihm ein Goldstück und einen goldenen Ring. 

12 Und der HERR segnete Hiob fortan mehr als zuvor, er besass vierzehntausend Schafe und sechstausend Kamele und tausend Joch Rinder und tausend Eselinnen. 13 Und er bekam sieben Söhne und drei Töchter 14 und nannte die erste Jemima, die zweite Kezia und die dritte Keren-Happuch[1]. 15 Und es fanden sich so schöne Frauen wie die Töchter Hiobs im ganzen Land nicht. Und ihr Vater gab ihnen Erbteil unter ihren Brüdern. 16 Und Hiob lebte danach hundertvierzig Jahre und sah seine Kinder und Kindeskinder bis in das vierte Glied. 17 Und Hiob starb alt und lebenssatt. 

Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017

stgallen24/stz. / Toggenburg24