Der Gommiswalder Gemeindepräsident und Kantonsrat Peter Hüppi erkundigte sich in seiner Interpellation vom 2. Dezember 2024 nach der Situation sowie Präventionsmassnahmen hinsichtlich des Bildschirmkonsums von Kindern in den ersten Lebensjahren.
Antwort der Regierung
«Medien mit Bildschirmen wie z.B. Smartphones, Tablets oder Fernseher gehören heute zum Alltag in den allermeisten Familien. Entsprechend sind Bildschirme für Kinder und Jugendliche allgegenwärtig.
Neben den vielen Chancen, die sich mit den digitalen Medien bieten, gibt es auch Risiken, die insbesondere Kinder und Jugendliche treffen. So ist das Gehirn von Kleinkindern mit den Reizen vor dem Bildschirm häufig überfordert.»
Auch würden Kinder in den ersten Lebensjahren hauptsächlich über «reale» Erfahrungen (z.B. gemeinsames Spielen, Vorlesen, Entdecken) lernen, schreibt die Regierung. «Die Zeit vor dem Bildschirm verkürzt die Zeit, in der die Kinder solche wichtigen Lernerfahrungen machen oder sich erholen können.»
Eine «Abschottung» der Kinder von Bildschirmen sei nicht realistisch und auch nicht sinnvoll, so die Regierung weiter. Umso wichtiger sei es, den Kindern bzw. ihren Eltern zu vermitteln, wie ein bewusster Umgang damit möglich ist und welche Risiken sich ergeben.
«Angebote im Bereich der frühen Förderung können dabei eine wichtige Rolle einnehmen. So können Eltern z.B. über Elterninformationen oder Elternberatungen für die Probleme sensibilisiert werden und Kinder etwa in Spielgruppen oder Kindertagesstätten wichtige, reale Lernerfahrungen machen; sei dies kognitiv, körperlich, sozial oder emotional», so die Regierung in ihrem Schreiben weiter.
Seit dem Jahr 2015 verfüge der Kanton St.Gallen über eine gemeinsam mit Gemeinden und Schulträgern getragene Strategie «Frühe Förderung» (1). Zudem erarbeite das Departement des Innern zusammen mit dem Verband St.Galler Gemeindepräsidien sowie dem Verband St.Galler Volksschulträger derzeit die Sammelvorlage «Erledigung parlamentarische Vorstösse im Bereich der frühen Förderung (EPAFF)».
Darin gehe es spezifisch um die Frage, wie die frühe Förderung im Kanton gestärkt werden könne, um den vom Interpellanten aufgeführten Problemen fehlender sprachlicher und sozialer Kompetenzen beim Schul- bzw. Kindergarteneintritt stärker entgegenzuwirken (2).
Verweise:
(1) Die aktuelle Strategie läuft von 2021 bis 2026 und ist abrufbar unter www.soziales.sg.ch → Kinder und Jugendliche → Frühe Förderung → Strategie Frühe Förderung.
(2) Die Sammelvorlage EPAFF war bis Mitte 2024 in der Vernehmlassung (abrufbar unter www.sg.ch → Politik & Verwaltung → Kantonale Vernehmlassungen). Diese hat ergeben, dass im Bereich der frühen Förderung – im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage – mehr Verbindlichkeit gefordert wird. Derzeit läuft die Überarbeitung der Sammelvorlage. Die Zuleitung an den Kantonsrat erfolgt voraussichtlich Ende 2025 (nach einer nochmaligen Vernehmlassung).
Antworten zu den einzelnen Fragen
1. Welche Rückmeldungen gibt es aus dem Bereich der Volksschule bezüglich Defizite beim Eintritt in den Kindergarten? Inwiefern können diese auf den übermässigen Konsum von Bildschirmzeit in den ersten vier Jahren zurückgeführt werden?
Im Rahmen der Erarbeitung der Sammelvorlage EPAFF seien u.a. Interviews mit Vertretenden aus der Praxis in den Gemeinden geführt worden (z.B. Schulleitungen, Kindergarten oder Fachstellen der Gemeinden) (3).
«Die Interviews bestätigen die Herausforderungen im Bereich Sprache und Verhalten beim Eintritt in den Kindergarten. Auch gaben die Befragten an, dass die Herausforderungen in den letzten Jahren zugenommen haben.
Zu den Hintergründen der Problematik wurde in den Interviews die zentrale Rolle der Eltern hervorgehoben. Verschiedene Faktoren wurden als Ursache identifiziert, z.B. mangelnde Nutzung von Angeboten der frühen Förderung, nicht systematisch gelebte Mehrsprachigkeit im Elternhaus, schwierige Erreichbarkeit und mangelnde Sensibilisierung der Eltern», schreibt die Regierung weiter.
Die mangelnde Sensibilisierung der Eltern sei dabei insbesondere auch im Bereich der sozialen bzw. digitalen Medien festgestellt worden.
2. Sieht die Regierung einen Handlungsbedarf?
«Wie auch im Antrag der Regierung zur Motion 42.21.02 «Abbau von Sprachbarrieren vor dem Schuleintritt» festgehalten, sieht die Regierung grundsätzlichen Handlungsbedarf im Bereich der frühen Förderung. Im Rahmen der Sammelvorlage EPAFF werden entsprechende Massnahmen zusätzlich zur bereits laufenden Strategie «Frühe Förderung» vorgeschlagen», antwortet die Kantonsregierung.
Dabei werde ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, um den Problemen der fehlenden sprachlichen und sozialen Kompetenzen von kleinen Kindern entgegenzuwirken. Das heisse: Das Angebot der frühen Förderung sowie dessen Nutzung im Kanton solle gesamthaft gestärkt werden.
Dies betreffe auch – aber nicht nur – Angebote, die den bewussten Umgang von Kindern bzw. deren Eltern mit Medien bzw. Bildschirmen fördern.
3. Welche Präventionsmassnahmen bestehen, um Erziehungsberechtigte auf die Auswirkungen des Bildschirmkonsums bei Kindern unter vier Jahren aufmerksam zu machen?
In der Schweiz bzw. im Kanton St.Gallen bestünden verschiedene Angebote, die Eltern, Grosseltern und weitere Bezugspersonen in Sachen Medienkonsum unterstützen und beraten.
So gebe es auf nationaler Ebene seit dem Jahr 2011 die Plattform «Jugend und Medien» zur Förderung der Medienkompetenz. Verantwortlich dafür sei das Bundesamt für Sozialversicherungen, so die Regierung weiter.
«Ziel der Plattform ist u.a. auch die Information und Sensibilisierung von Eltern und Fachpersonen. Auf der Plattform finden sich u.a. Empfehlungen spezifisch für Kinder in den ersten Lebensjahren (4).
Der Kanton nutzt verschiedene Informationskanäle (z.B. Informationsmaterialien, Newsletter, Webseite (5), Rundbriefe), um Fachpersonen, Entscheidungstragende und weitere Engagierte im Bereich Frühe Kindheit zu informieren.»
Zudem gebe es auf kantonaler Ebene folgende Angebote, die Eltern auch in Sachen Medienkonsum unterstützen (nicht abschliessend):
- Mütter- und Väterberatungen: Bieten verschiedene Informationen und Beratungen für Familien mit Kindern in den ersten Lebensjahren an, so auch im Bereich Mediennutzung.
- Kinderärztinnen und Kinderärzte: Können im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen auch zum Medienkonsum informieren.
- Elterninformation: Z.B. informiert Pro Juventute im Rahmen der Elternbriefe bzw. über die Webseite über die empfohlene Bildschirmzeit für verschiedene Altersklassen.
- Kommunale Elternorganisationen sowie weitere Angebote im Bereich Elternbildung:
Z.B. Femmes-Tische – ein niederschwelliges Bildungsangebot für Frauen mit Migrationshintergrund –, die als Thema auch den Umgang mit digitalen Medien in der Familie haben können.
4. Welche zusätzlichen Möglichkeiten sieht die Regierung, die Information und Prävention in diesem Bereich für werdende Eltern klarer zu fördern bzw. aufzubauen (z.B. öffentliche Kampagne)?
«Wie erwähnt ist es nach Ansicht der Regierung auf kantonaler Ebene grundsätzlich wichtig, den Bereich der frühen Förderung gesamthaft zu stärken. Dazu gehört die Förderung eines bedarfsgerechten Angebots. Aber auch die Nutzung dieses Angebots soll zusätzlich gefördert werden, z.B. mit einem einfacheren Zugang oder einer stärkeren Verbindlichkeit für Familien», so die Regierung zu Frage 4.
Über den Kinder- und Jugendkredit oder weitere kantonale Fördermittel wäre je nach Ausgestaltung auch die (Mit-)Finanzierung einer öffentlichen Kampagne zum Thema denkbar.
Diese Idee solle daher in den entsprechenden Umsetzungsgefässen der kantonalen Strategie Frühe Förderung besprochen werden, schliesst die Regierung ihr Schreiben ab.
Verweise:
(3) Vgl. Sammelvorlage EPAFF Kapitel 2.2, abrufbar unter www.sg.ch → Politik & Verwaltung → Kantonale Vernehmlassungen.
(4) Weitere Infos abrufbar unter www.jugendundmedien.ch.
(5) Vgl. die Seite www.kindersg.ch Frühe Kindheit → Fachorganisationen → Informationen für Eltern in mehreren
Sprachen → Umgang mit Medien.