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Kolumne
21.02.2025
23.02.2025 06:17 Uhr

Geschichten aus dem Toggenburg

Historisches Bild Ebnat-Kappel. (Symbolbild)
Historisches Bild Ebnat-Kappel. (Symbolbild) Bild: pixabay
Jakob Büchi war eigentlich Thurgauer, doch nach dem Tod seines Vaters zog er mit seiner fleissigen, unverdrossenen Mutter und der Geschwisterschar nach Ganterschwil zu den Grosseltern, danach ins Allmen, Ebnat-Kappel.

Halbwaise Jakob Büchi (1918 bis 2013)  war eigentlich Thurgauer. Er wuchs als Halbwaise in bitterer Armut im Allmen ob Ebnat-Kappel auf. Nachdem sein Vater, ein Erdarbeiter und Torfstecher, an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben war, zog er zunächst mitsamt seiner fleissigen, unverdrossenen Mutter und einer Geschwisterschar nach Ganterschwil zu den Grosseltern, um dann in ein Heimetli im „Allmen“ ob Ebnat-Kappel umzuziehen. Dort lernte die Rumpffamilie bittere Armut kennen, denn die 1930er Jahre waren allgemein eine Krisenzeit (Weltwirtschaftskrise 1929 – 1939). Der spätere Ustermer Unternehmer Jakob Büchi war ein grosses Erzähltalent. Dies merkten noch zu Lebzeiten auch seine Kinder, die ihn dazu bewogen, seine Erinnerungen schriftlich festzuhalten.

Bahnhof Ebnat-Kappel. Bild: pixabay

Zum Geburtstag eine Kümiwurst

Hätte die reiche Heimatgemeinde Elgg ZH die Mutter nicht mit einer monatlichen Witwenrente unterstützt, wäre die Familie Büchi wohl zwangsaufgelöst worden. Die Mutter war eine Kämpferin, hielt ein paar Geissen, arbeitete, wo sie konnte, war aber eine schlechte Köchin, es fehlte ihr „an allem, an der Kenntnis, an der Zeit und nötigen Zutaten“, wie sich der Sohn erinnerte. So war die Kost im „Allmen“ noch eintöniger und karger als bei anderen Familien. Zum Geburtstag gab es eine billige Kümiwurst zu 15 Rp. das Stück. 
Auch die Kinder waren geheissen, das so knappe Familienbudget aufzubessern. Sie betätigten sich, indem sie wilde Beeren, die wertvollen Walderdbeeren und die weniger teuren Heidelbeeren, sammelten. Die Kinder mussten auch misten – eine mühsame und schmutzige Arbeit – und die frisch gemähten Wiesen „güllnen“. Auf die Geissen aufzupassen war hingegen leichter. Da kein Stroh als Streue vorhanden war, behalf man sich mit Farnkraut. Man sammelte auch Sand, denn reiche Dorfbewohner wie ein Weinhändler in der Scheftenau benötigte diesen, um die teuren Böden zu säubern. 

Zuneigung von den Sennen

Der Zusammenhalt unter den Nachbarn im „Allmen“ war laut Jakob Büchi leider nicht gross. Zerrüttete Familien, Sonderlinge geben sich die Klinke. Echte Zuneigung spürten die blonden Büchi Kinder hingegen bei den Alpsennen.

Dr. Fabian Brändle, Historiker und Volksschriftsteller / Toggenburg24