Lisa Wehrli-Abederhalden war in ihrem markanten Toggenburgerdialekt eine präzise Beobachterin der Landstrassenkultur der Jahre um das Epochejahr 1900. Es ist bemerkenswert, dass dort gleichsam verschiedene Zeiten aufeinanderprallten: das erste Motorrad, das über den Ricken fuhr und das Eselfuhrwerk, das Güter des Alltags von A nach B transportierte.
Die Landstrasse von einst war durchaus verkehrsreich. Fuhrwerke brachten Textilien von den Kellern der Heimweberinnen und Heimweber zum Bahnhof, wo die Stickereien teilweise bis nach Siam (Thailand) oder andere weit entfernte Destinationen gelangten. Die Stickerei mit Zentrum in St. Gallen brachte Brot ins Toggenburg, war aber auch extrem mode- und somit konjunkturabhängig.
Vom Fussvolk sich feiern lassen
Den Kindern bot die Landstrasse nach Wattwil – Wildhaus allenthalben Spektakel, beispielsweise, wenn ein Automobil knatternd und stinkend vorbeifuhr. Einmal erhoben sich zwei grossbürgerliche Ebnaterinnen und winkten vom Auto aus. Die Reichen und Schönen liessen sich eben schon damals gerne vom Fussvolk feiern, zumal in jener Zeit der Eleganz. Auch die mehrspännigen Postkutschen über die Wasserfluh hinab ins Neckertal standen unter Beobachtung. Mit dem Tourismus gaben sich auch fremde („frönte“) Bergsteiger die Ehre, die wichtig durch ihre teuren Feldstecher schauten. Noch mehr Exotik jedoch verbreiteten Kamelführer, so genannte „Brutfueder“ oder zwei schottische Dudelsackspieler, deren Gedudel aber nicht so recht zu gefallen wusste.
«Reiflen und chügele»
Bei allem Verkehr blieb die Landstrasse doch auch ein Spielort. Die Knaben „reifelten“ nämlich gerne, während sich die Mädchen im Murmelspiel („Chügele“) übten. Man sieht: Die Alte Landstrasse war gewissermassen auch ein Spielplatz und erfüllte ganz verschiedene Funktionen im Alltagsleben unserer Vorfahren.