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Kolumne
01.03.2025
01.03.2025 07:47 Uhr

„Loretliger“ und „Fabrikler“ zuhinterst

Lichtensteig ohne genaue Datierung.
Lichtensteig ohne genaue Datierung. Bild: pixabay
Ganz im Gegensatz zur Gegenwart griffen Frauen in früheren Zeiten weit weniger zur Feder als Männer. Ihnen blieb in der Regel der Zugang zu höheren Schulen verwehrt. Doch die Frida Edelmann-Knöpfel war eine Ausnahme.

Die Lichtensteigerin Frida Edelmann Knöpfel (1864 - 1921), Frau des bedeutenden Lichtensteiger Lehrers Jakob Edelmann, Mutter des Heimatkundlers und Malers Albert Edelmann und Schwiegermutter des Historikers Heinrich Edelmann, war eine Ausnahmeerscheinung, schrieb bereits um das Jahr 1910 über ihr Leben.  Noch eine Besonderheit: Die Autorin schrieb in Toggenburger Mundart.

Statusunterschiede bereits im Kindergarten

Frida Knöpfel-Edelmann war das siebte Kind des Bäckers Johannes Knöpfel von der Waldstatt (AR) und von der Krinauerin Regula Müller. Der fröhliche Vater sang gerne während der Arbeit und gab – ganz Appenzeller – gerne einen träfen Witz zum Besten. 
Die „Töggelischuel“ (Kindergarten) besuchte Frida Edelmann-Knöpfel in Bruggmanns Haus im Parterre. „Jungfrau“ Roos erzählte Geschichten, lehrte fromme Sprüche und Handarbeiten.  Die vornehmen Kinder verwendeten beim Basteln teureres Material als die ärmeren Kindergärtler. So wurden Statusunterschiede bereits im Kleinkindesalter sinnfällig. 

Ein Schleckstengel für einen Fünfräppler

In der Arbeitsschule lernte das Mädchen bei „Jompfer“ Weber später bordieren. Die Kinder wurden nach Stand und Vermögen platziert, zuhinterst sassen die „Loretliger“ und die „Fabrikler“. Eine solche Hierarchisierung wäre heutzutage undenkbar, dies waren noch Relikte aus dem ständischen Zeitalter vor der Helvetischen Revolution von 1798. 

Jeden Montag, am Markttag, besuchte ein Jugendfreund des Vaters, der „Gschirr-Ambüel“ von Bütschwil, die Familie. Er verkaufte seine „blüemlete Beckeli und Teller“. Wenn ihm Frida Edelmann-Knöpfel beim Versorgen des Geschirrs half, bekam sie einen Fünfräppler, mit dem sie einen Schleckstengel kaufte. Ambühl wartete bis abends in der Backstube und erzählte so manche  Geschichte von Gespenstern oder von Hexen. Der Mann kannte auch schöne Lieder und hatte eine sichere Stimme. Die stets warme Backstube des Vaters war somit ach ein sozialer Treffpunkt.

Dr. Fabian Brändle, Historiker und Volksschriftsteller / Toggenburg24