Lehrer konnten selbstverständlich gut lesen und schreiben, lasen und korrigierten viele Aufsätze ihrer Schülerinnen und Schüler, interessierten sich für Heimatkunde, Geschichte, Flora und Fauna. Sie waren oft kulturell engagiert im Dorf, indem sie Orgel spielten, eine Theatergruppe initiierten oder einen Chor leiteten.
Das Lesen als Leidenschaft entdeckt
Auch der im Lei, Ebnat, geborene Lehrer Jakob Boesch (1887-1973) hatte schon als Kind und Jugendlicher vielfältige Interessen. In späteren Jahren forschte er unter anderem zur Geschichte der Grafen von Toggenburg.
Jakob Boeschs Vater war Kleinbauer und Handsticker in Ebnat. Die Familie Boesch wohnte in einem „Fünffamilenhaus“. An Privatsphäre war natürlich unter solch beengten Umständen kaum zu denken.
Jakob Boesch entdeckte eine Leidenschaft, das Lesen. Er fand alte „Hundertjährige Appenzeller Kalender“ auf dem Estrich und las sie oft in einem Zug durch. Ausserdem fand er Unterhaltungsblätter vor, vergilbte Schulbücher und abgegriffene religiöse Erbauungsschriften: „Ich las alles, was mir vor die Augen kam, gleichgültig, ob ich es verstand oder nicht.“
Wer liest, hat doppelt gelebt
Der Sidwalder Jahrmarkt eröffnete dem Knaben die Gelegenheit, seine Bibliothek um einige Bände zu vergrössern. Boesch las auch Abenteuergeschichten wie „Der letzte Mohikaner“ des bei Kindern und Jugendlichen ungemein beliebten amerikanischen Schriftstellers James Fenimore Cooper, Biographien über den Habsburger Kaiser Franz Joseph I. oder den ein oder anderen Geschichtsschunken. Jakob Bösch avancierte nun zum Forscher und öffnete sich auch anderen Kulturen gegenüber, so den italienischen Gastarbeitern, die in Ebnat zu tun hatten.
Bösch lernte gar einige Brocken Italienisch, verständigte sich mit Händen und Füssen, lernte dazu.
Man sieht: Wer liest, hat doppelt gelebt.