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16.03.2025

Ernst Abderhaldens Erinnerungen «Büntliger Spiegel»

Die Thur bei Niederbüren um 1920.  (Symbolbild)
Die Thur bei Niederbüren um 1920. (Symbolbild) Bild: Kanton St. Gallen
In seinem «Büntliger Spiegel» zeigt sich Ernst Abderhalden als ausgezeichneter Beobachter und guter Kenner der örtlichen Familiengeschichten. Der Autor wusste über Einzelne sehr viel zu berichten.

Der Autor wusste genau, wer mit wem verwandt war und wen es in seinem Leben wohin verschlagen hat. Tatsächlich fällt auf, wie viele Dorfbewohnerinnen und -bewohner im Laufe der Zeit ausgewandert sind, beispielsweise in die Westschweiz, ins Deutsche Reich, nach Österreich-Ungarn, in die USA, ja bis nach Buenos Aires in Argentinien. Manche zogen bloss bis nach St. Gallen, wo sie für die kantonale Verwaltung oder eine private Firma arbeiteten. 

«Brennerhaus» – erster Migros

Abderhalden schrieb allerhand über kleine Läden und Ladenbesitzer, so auch über das „Brennerhaus“ an der alten Staatsstrasse. Dieser Laden Christian Brenners war nach Angaben Abderhaldens der erste „MIGROS“ im Toggenburg (entstanden lange bevor der legendären Genossenschaft Gottlieb Duttweilers). Der Inhaber Christian Brenner „ging stets in schwarz und trug weisse Wäsche“, legte also Wert auf  Eleganz. Christian Brenner bereiste die ganze Ostschweiz, mit Vorliebe seinen Heimatkanton Graubünden. Wenn er abwesend war, führte seine Frau den Laden, die freilich in der Vergabe von Kandiszucker zurückhaltender war als die übrigen Familienmitglieder. Sohn Emil Brenner war ein eifriger „Veloklüpler“ und stieg mit Erfolg in den aufkommenden Fahrradhandel ein. 

Der tüchtige Emil Brenner besorgte später noch die Ablage der Winterthurer Brauerei „Haldengut“. Ernst Abderhalden Mettler durfte Flaschen spülen und kassierte pro Kiste einen Rappen Lohn. 

Thur tritt über die Ufer

Dann und wann regnete es so stark, dass die Thur über die Ufer trat, besonders schlimm 1910, nach einer Regennacht im Juni. Eine gelbe Brühe wälzte sich talwärts. Das Vieh musste mit Johlen herausgelockt werden. In der „Osteria del Polo Nord“ schwammen Möbel herum. Manche Häuser waren abgeschnitten: „Man sah reissende Strömungen, dass man kaum mehr feststellen konnte, wo sich überhaupt das richtige alte Thurbett oder eben die durch den wütenden Strom angefressenen Korrektionsstellen befanden.“

Dr. Fabian Brändle, Historiker und Volksschriftsteller / Toggenburg24