Echo durch Raum und Zeit
Lütisburg liegt am Zusammenfluss von Thur und Necker – ein Ort, der mit dem Werk «Hydromyths» von Lucie Tuma in Form eines Soundwalks zum Klingen gebracht wird. Über Kopfhörer begleiten nachgesungene Vogelstimmen, Wassergeräusche und gesprochene Texte den Weg. Auch Stimmen längst ausgestorbener Vogelarten sind zu hören. Fünf Holzbilder in den Giebeln der historischen Letzibrücke greifen diese Erinnerung auf – sie zeigen eben jene verschwundenen Vögel.
„Hydromyths“ erzählt von Vergänglichkeit und vom Einfluss des Menschen auf die Natur. Es verbindet geologische Tiefenzeit mit zyklischen Rhythmen, lässt Jahreszeiten, Tageszeiten und Zeitschichten ineinanderfliessen. Ein Klangraum öffnet sich, der nachwirkt und daran erinnert, wie vergänglich Natur sein kann.
Zeichnungen im Fluss
Am Tüfenbach bei St. Peterzell führt ein schmaler Pfad über Sand, Fels und Nagelfluh zu einem mächtigen Findling im Flussbett. Anna Maria Fink macht diesen Weg zum Resonanzraum – mit feinen Markierungen, die in Beziehung stehen zum Wasser, zum Stein, zur Zeit. Ihre Arbeit «Herrgottsbeton» wächst aus der Landschaft heraus: Linien im Sand, Spuren auf Stein, Eingriffe von Hand, Maschine und Fluss.
Manche Zeichnungen bleiben bestehen, andere verändern sich – so wie das Gelände selbst. Der grosse Stein wird zum Spiegel des Wandels und der stetigen Bewegung: Wie bewegen wir uns durch diese Landschaft? Wann wird das Gehen zum Eingreifen und wann zum stillen Zuhören?
Licht als Sprache der Energie
Die fühlt sich Energie an? Wie verändert sie den Raum – und die Wahrnehmung der Zeit? Beim Kraftwerk in Krummenau setzt die Künstlerin Mirre Yayla Séur genau dort an, wo Natur und Infrastruktur aufeinandertreffen. Ihre Installation verwandelt das Gelände in eine leuchtende Landschaft im Wandel: Uranglas-Skulpturen fangen Licht und Energie ein, UV-Strahlen bringen sie zum Glühen.
Das Glas nimmt Formen der Umgebung auf: Felsen, Moos, industrielle Elemente. Die Beleuchtung reagiert auf die Energieflüsse des Kraftwerks – eine Übersetzung von Strom und Wasser, von natürlichem Rhythmus und menschlichem Eingreifen. So verwandelt sich der Ort in einen Raum, an dem Energie nicht nur erzeugt, sondern sichtbar wird.
Parcours für die Sinne
Beim Thurfall in Unterwasser entsteht ein „Kulturparcours“ der anderen Art. In Anlehnung an Tarotkarten und Vitaparcours entwickelt marce norbert hörler sechs Bronzegusstafeln, die dazu einladen, sich dem Ort körperlich und sinnlich zu nähern – mit Bewegungen, Gedankenbildern, Handlungen oder Klängen.
Die Tafeln greifen das Spiel von Ebbe, Flut und Mondzyklen auf und eröffnen neue Erzählstränge zwischen Natur, Magie und Alltag. Mit der Zeit verändert das Wasser auch die Tafeln selbst – ihre Patina wird Teil des Werks. So wirken stille Impulse, die sich in den Ort einfügen, ihn aktivieren und immer wieder neu erfahrbar machen.
Ein Prozess mit Tiefe
Alle Arbeiten entwickeln sich aktuell parallel. Einige befinden sich im Experimentieren mit Materialien, andere kurz vor der Umsetzung. Bis zur Lancierung am 27. September 2025 soll jedes Werk seinen Platz gefunden haben – sichtbar, spürbar, erlebbar.
Der Thur- und Neckerweg wird damit zu einem Ort, an dem sich Kunst, Landschaft und Achtsamkeit verbinden. Ein Ort, der nicht nur begangen, sondern auch gehört, gesehen und empfunden werden will.