Eine Bundesrätin bezeichnete gar eine Rede des US-Vizepräsidenten als «schweizerisch». Da frage ich mich: Haben wir in der Schweiz so dichten Nebel, dass unsere Verleger und Politiker den Durchblick verlieren? Oder haben wir inzwischen so unterschiedliche Vorstellungen davon, was «schweizerisch» ist? Für mich steht die Schweiz für Respekt, für Meinungsfreiheit und für das Streben nach Gleichberechtigung – für eine Gesellschaft, in der Frauen und Minderheiten dieselben Chancen erhalten wie alle anderen. Unsere Demokratie lebt von der Gewaltenteilung, vom Gleichgewicht zwischen Legislative, Judikative und Exekutive – dem Fundament unserer Demokratie. Die aktuelle US-Regierung tritt all diese Werte mit Füssen: Sie grenzt kritische Medien aus, diffamiert Andersdenkende, annulliert Gleichstellungsziele und geht gegen Forscher vor, die ihre Ergebnisse nicht den Wünschen der Regierung anpassen. Sie pinkelt ihren Freunden mit Handelszöllen ans Bein. Sie attackiert Richter verbal und konzentriert die Macht in der Hand einer Person, die sich nicht mehr darum kümmert, ob ihr Handeln gesetzeskonform ist oder nicht. Die USA sind zur Autokratie geworden – wenn nicht schon zur Diktatur faschistischer Prägung. So etwas als «gut durchdacht» oder «schweizerisch» zu loben, bedeutet entweder vernebelte Gedanken – oder eine gefährliche Abkehr von den Werten, die unsere Schweiz ausmachen.
Vernebelte Sicht auf gefährliche Politik

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Grüne Toggenburg
In seiner Kolumne vom 20. März zeigte sich ein Verleger diverser Schweizer Gratiszeitungen beeindruckt vom erneuten US-Präsidenten. Er staune, wie gut vorbereitet dieser sei und wie «gut durchdacht» er vorgehe.