Home Region Schweiz/Ausland Sport Rubriken Agenda
Region
07.05.2025

Bürgerliche Mehrheit – reisst das Ruder herum

Das Gossauer Stadtparlament tagte - wie alle drei Jahre einmal - im Musical-Setting des Fürstenlandsaals.
Das Gossauer Stadtparlament tagte - wie alle drei Jahre einmal - im Musical-Setting des Fürstenlandsaals. Bild: Jürg Grau
An der Sitzung des Gossauer Stadtparlaments vom 6. Mai 2025 korrigierte die bürgerliche Mehrheit unter der Führung einer Allianz von Die Mitte und SVP eine vorgeschlagene Revision des Personalreglements, die den Eindruck hinterliess, als ob der Stadtrat von einer SP-Mehrheit dominiert würde - dabei ist diese in der Exekutive offiziell gar nicht vertreten.

Kommentar von Jürg Grau 
Hin und wieder lagen an diesem Abend die Nerven blank und das Niveau der Meinungsäusserungen war zeitweise bei jenen tief, die sonst öfters belehrend kundtun, wie man sich zu verhalten habe. Keine leichte Aufgabe also für Parlamentspräsident Lukas Kessler, der aber stets die Ruhe bewahrte.
Emotional zu und her ging es vor allem bei der Debatte über die Anpassungen des Personalreglements. Während die bürgerlichen Parteien zwar weiterhin grosszügige Bedingungen für die Angestellten der Stadtverwaltung befürworteten, wurden eine Reihe von Regelungen mit "Zückerli"-Charakter mit klaren Abstimmungsresultaten gestoppt. Ein Eigentor war zudem die von der SP gebetsmühlenartig bei jedem Antrag vorgebrachte Argumentation, man müsse den Mitarbeitenden der öffentlichen Hand Wertschätzung zeigen. Dass in der Privatwirtschaft auch Menschen arbeiten, die Wertschätzung verdienen, zudem öfters in weniger sicheren Jobs tätig sind und mit ihren Steuern den Verwaltungsservice überhaupt möglich machen, scheint nicht allen bewusst zu sein. Oder wie es Marina Schwizer (Die Mitte) formulierte: "In Anbetracht der angespannten Finanzlage der Stadt wäre eine Komfortsteigerung für die städtischen Angestellten ein falsches Signal". Und Parteikollege Roger Pfister doppelte nach: "Es ist Zeit, das finanzielle Ruder der Stadt Gossau herumzureissen. Wir können nicht mehr warten."
Fazit: Die Kündigungsregelung entspricht neu dem OR (15 Ja, 11 Nein, 1 Enthaltung), die Anzahl Ferientage im Alter von 20-49 Jahren bleibt bei 23 statt 25 (17 Ja, 10 Nein) und auch die Kompetenz zur Festlegung des Teuerungsausgleichs bleibt beim Parlament (22 Ja, 5 Nein). In der Schlussabstimmung wurde das revidierte Personalreglement mit den beschlossenen Anpassungen klar angenommen: 23 Ja, 1 Nein, 3 Enthaltungen.

Ruhiger Teil 2 - Parlament übernimmt Verantwortung

Nach einer verdienten Pause wurden die restlichen Traktanden behandelt. Dabei gab es nur eine Überraschung: Stadtpräsident Wolfgang Giella sah sich veranlasst, nach der Wahl der Mitglieder der Vorbereitenden Kommission für "Rathaus; Neubau, Machbarkeit, Kredit, Genehmigung", den Zweck dieser VBK in Frage zu stellen. Er hätte einen sofortigen Entscheid über den Kredit von CHF 130'000 gewünscht. Das Parlament hat aber auch diesbezüglich gezeigt, dass es inskünftig mehr legislative Verantwortung übernehmen und anschliessend nur die Ausführung der Exekutive überlassen will. 

Aus der Berichterstattung der Stadt

Das geltende Personalreglement der Stadt Gossau stammt aus dem Jahr 2013. Eine Totalrevision sollte zeitgemässe Anstellungsbedingungen schaffen und Mängel im geltenden Reglement ausmerzen. Gemäss Kommissionspräsident Florian Kobler (SP) erfüllt das neue Reglement die heutigen und künftigen Herausforderungen im Personalwesen.

Kündigungsschutz nach OR

Die vorberatende Kommission (VBK) beantragte geringfügige Änderungen zu vier Artikeln. Diesen widersprach der Stadtrat nicht und das Parlament genehmigte sie. Von der VBK unbestritten war der Grundsatz, dass Löhne und Entschädigungen jährlich überprüft werden. Hingegen wurde auf ihren Antrag die Bestimmung gestrichen, dass bei einer Teuerung über drei Prozent ein Ausgleich erfolgen muss.

Gegensätzliche und vom stadträtlichen Antrag abweichende Positionen zum Kündigungsschutz bei Krankheit oder Unfall vertraten einerseits die SVP- und die Mitte-Fraktion sowie andererseits die SP-Fraktion. Letztlich setzten sich die beiden grossen Fraktionen durch. Im städtischen Personalreglement gilt künftig der Kündigungsschutz gemäss Obligationenrecht. Auch die vom Stadtrat beantragte Erhöhung des Ferienanspruchs von 23 auf 25 Arbeitstage für Mitarbeitende bis zum 49. Altersjahr fand keine Mehrheit. Mitte und SVP hatten die Ablehnung unter anderem mit der angespannten Finanzlage der Stadt begründet.

Rathaus, Bibliothek und Gemeindeordnung

Eine Studie soll zeigen, ob eine Erweiterung oder ein Neubau des Rathauses an der Bahnhofstrasse 25 möglich ist. Der dafür beantragte Kredit von 130'000 Franken wird von einer fünfköpfigen Kommission unter dem Vorsitz von Christian Schlegel (GLP-FLiG) vorberaten. 

Andrea Rütsche (Die Mitte) präsidiert die VBK für das Bibliotheksreglement, welches für die Integration der Stadtbibliothek in die Stadtverwaltung erforderlich ist.

Frank Albrecht (SVP) leitet die siebenköpfige Kommission, welche die Änderung der Kompetenzregelung in der Gemeindeordnung vorberaten wird. Diese Anpassung der Gemeindeordnung hat Albrecht mit einer Motion angestossen.

(parl.)

jg / toggenburg24