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Kultur
11.05.2025

Wuchtvoll, fordernd, faszinierend: «Elektra» begeistert bei Premiere

Eliška Weissová
Eliška Weissová Bild: Edyta Dufaj
Mit Richard Strauss’ «Elektra» bringt das Theater St.Gallen ein Werk auf die Bühne, das in seiner Kompromisslosigkeit und klanglichen Wucht seinesgleichen sucht. Die Premiere des knapp zweistündigen Einakters wurde vom Publikum mit langanhaltendem Applaus gefeiert – und das mit gutem Grund.

Im Zentrum der Aufführung steht eine Elektra, die vokal wie darstellerisch überzeugt: Die tschechische Sopranistin Eliška Weissová, ausgebildet am Konservatorium in Brünn und an der Prager Musikakademie bei René Tuček, meistert die äusserst anspruchsvolle Titelpartie mit beeindruckender Klarheit, Ausdruckskraft und stimmlicher Souveränität.

Ihre Stimme trägt selbst durch die dichtesten Orchesterpassagen, ohne an Präzision oder Intensität zu verlieren.

Dass sie buchstäblich jeden Ton trifft, ist bei einer Partie dieses Schwierigkeitsgrades eine herausragende Leistung – und ein Glücksfall für diese Produktion.

Nicht weniger beeindruckend agiert das Sinfonieorchester St.Gallen unter der Leitung von Modestas Pitrėnas. Der litauische Dirigent, der seit 2018 Chefdirigent am Theater St.Gallen ist, bringt seine umfassende Erfahrung aus internationalen Engagements ein.

Unter seiner Leitung entfaltet das Orchester die düstere Intensität und eruptive Gewalt der Strauss’schen Musik optimal. Die Musik unterstreicht die psychologische Tiefe des Dramas, lässt düstere Abgründe aufklaffen und steigert sich immer wieder zu eruptiven Höhepunkten.

Dabei verliert das Orchester nie die Kontrolle, sondern bleibt trotz aller eruptiven Gewalt differenziert und präsent.

Es verleiht dem Werk jene emotionale Wucht, die das Publikum mehr und mehr in den Bann zieht.

Katrine Deleuran, Anna Mahon (im Hintergrund), Ariana Lucas (oben), Eliška Weissová (unten) Bild: Floriaan Ganzevoort

Die Inszenierung von Lisaboa Houbrechts, einer jungen belgischen Regisseurin, verleiht dem antiken Stoff eine zeitgenössische Relevanz. Houbrechts, geboren 1992, verbindet in ihren Stücken das Persönliche mit dem Historischen, das Intime mit dem Monumentalen sowie das Private mit dem Politischen.

Die Handlung von «Elektra» basiert auf der griechischen Tragödie und erzählt die Geschichte von Elektra, die den Mord an ihrem Vater Agamemnon durch ihre Mutter Klytämnestra und deren Geliebten Aegisth rächen will.

Die Oper konzentriert sich auf Elektras obsessive Rachegedanken und ihre psychische Zerrissenheit, was durch die intensive Musik und die dramatische Inszenierung eindrucksvoll dargestellt wird.

Zugegeben: «Elektra» ist keine leichte Kost.

Wer Strauss’ Tonsprache und die existenzielle Härte der Geschichte nicht kennt, braucht eine gewisse Zeit, um sich auf das Geschehen einzulassen. Doch wer sich darauf einlässt, wird mit einem packenden Opernerlebnis belohnt, das musikalisch wie dramaturgisch unter die Haut geht.

Diese «Elektra» am Theater St.Gallen ist ein starkes Plädoyer für die Kraft des kompromisslosen Musiktheaters. Mit einer überragenden Eliška Weissová, einem hervorragend aufspielenden Orchester unter Modestas Pitrėnas und einer minimalistischen Inszenierung von Lisaboa Houbrechts gelingt eine Premiere, die lange nachhallt.

konzertundtheater.ch/programm – noch bis am 1. Juni 2025.

Leitung

  • Musikalische Leitung: Modestas Pitrenas 
  • Inszenierung: Lisaboa Houbrechts
  • Bühne: Clémence Bezat
  • Kostüm: Oumar Dicko
  • Licht: Floriaan Ganzevoort
  • Dramaturgie: Barbara Tacchini
  • Choreinstudierung: Filip Paluchowski
  • Studienleitung: Stéphane Fromageot
  • Regieassistenz: Pady Zlatanovski
  • Inspizienz: Edith Ronacher

Besetzung

  • Elektra: Eliška Weissová
  • Klytämnestra: Ariana Lucas 
  • Chrysothemis: Sylvia D'Eramo
  • Aegisth: Riccardo Botta
  • Orest: Kristján Jóhannesson
  • 1. Magd: Christina Blaschke
  • 2. Magd: Jennifer Panara
  • 3. Magd: Mack Wolz
  • 4. Magd/Die Schleppträgerin: Anna Mahon
  • 5. Magd: Kali Hardwick
  • Die Aufseherin/Die Vertraute: Katrine Deleuran
  • Der Pfleger/Alter Diener: Jonas Jud
  • Junger Diener: Barna Kovács
  • Chor des Theaters St.Gallen
  • Sinfonieorchester St.Gallen
stgallen24/stz. / Toggenburg24