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Kultur
17.05.2025
18.05.2025 11:41 Uhr

Appenzeller und Toggenburger Alpfahrten

Alpaufzug Richtung Säntisalp
Alpaufzug Richtung Säntisalp Bild: Dieter Scheuermeier
Jetzt laufen sie wieder: die schön geschmückten Ziegen und Kühe, Kinder und Bauern! Die klassischen Alpfahrten rund um den Säntis folgen einer bestimmten Choreographie. Der Zug wird angeführt von Appenzeller Ziegen mit Mädchen und Knaben in Tracht.

"Dahinter geht der Senn in der Volltracht mit den gelben Kniebundhosen und dem Fahreimer an der Schulter. Drei Kühe mit den Senntumschellen, drei Begleiter in der Sonntagstracht mit den braunen Hosen und neben ihnen ein weiterer Senn in der Volltracht folgen. Dann kommt die Kuhherde und der Besitzer der Tiere, meist begleitet vom Appenzeller Sennenhund, dem «Bläss». Der Lediwagen mit Holzgeschirr schliesst den Zug ab.

Ein besonderes Merkmal der Alpfahrten sind die Schellen der Leitkühe. Sie sind aufeinander abgestimmt und dienen als Bordun-Begleitung zum «Zauren» (langgezogener Naturjodel ohne Worte). Auch beim «Schellenschötten» kommen sie zum Einsatz; dabei werden die Schellen von Sennen durch kontrollierte rhythmische Bewegungen zum Klingen gebracht. Im Toggenburg wird nach dem Alpaufzug die «Älplerchilbi» auf der Sellamatt gefeiert. Im Appenzellerland finden während des Alpsommers die «Alpstobete», die «Jakobifeier» und der «Sennenball» statt. Den Abschluss des Alpsommers bilden die Viehschauen."

Bild: Dieter Scheuermeier

"Die Alpfahrt ist für die Bauern ein wichtiger Festtag. Oft noch mitten in der Nacht, etwa um drei Uhr in der Früh, bricht man auf zum langen Marsch auf die Alp. Von weither hört man den orgelnden Wohlklang der drei auf einander abgestimmten Senntumsschellen, das «Zauren» der Sennen, dumpfes Muhen und das giftige Gebell des Appenzeller Sennenhundes, den man im Volksmund «Bläss» nennt. Anfänglich nur schattenhaft, gegen Tagesanbruch dann immer deutlicher, erkennt man die grossartige Marschordnung, der sich alle Alpfahrten unterziehen: Ein Bub in der Sennentracht führt ein Rudel der weissen, hornlosen Appenzeller Ziegen an, die von einem Mädchen in der braun- oder blauge streiften Werkstagstracht getrieben werden. Dann tritt der Senn in der Volltracht mit den gelben Kniebundhosen auf. An der linken Schulter trägt er den reichgeschnitzten Fahreimer, einen hölzernen Melkkübel, dessen Unterseite mit einem kleinen runden Gemälde, dem «Bödeli», verziert ist. Ihm folgen drei schöne Kühe mit den schweren Senntumsschellen an kunstvoll verzierten Riemen. Vier Gehilfen in der Tracht, einer davon «i de Geele», der Volltracht der Sennen, marschieren vor dem Rest der Viehhabe und stimmen zum eigenen Vergnügen und zur Freude der Zuschauer am Strassenrand «Zäuerli» an. So heissen in Ausserrhoden die traditionellen Naturjodel ohne Worte, in Innerrhoden sind das «Ruggusseli» und die Toggenburger nennen den Gesang «Joole». Der Bauer folgt in der braunen Halbleinentracht, manchmal führt er den Stier am Halfter, und die Pferdewagen mit den Alpgerätschaften und den Schweinen bilden den Schluss des Zuges."

Quelle: Appenzeller und Toggenburger Alpfahrten, Hans Hürlemann, 2018

Bild: Dieter Scheuermeier
Dieter Scheuermeier