Am 24. November 2024 war das Verdikt deutlich: 55 % der Stadt St.Gallen lehnten den Autobahnanschluss am Güterbahnhof ab. Auch auf nationaler Ebene wurde der Nationalstrassenausbau abgelehnt – mit einem Nein-Anteil von rund 53 %. Beim Bund hiess es: Übungsabbruch.
Trotzdem behandelt der St.Galler Kantonsrat in seiner Junisession ein Standesbegehren, das den Bau des abgelehnten Anschlusses und der dritten Röhre beim Rosenbergtunnel erneut auf die bundespolitische Agenda bringen will. SVP, FDP und Mitte/EVP ignorieren damit den Willen der Standortgemeinde und der Schweizer Stimmbevölkerung.
Problematisches Demokratieverständnis
Für Florim Sabani, Präsident des Vereins gegen den Autobahnanschluss am Güterbahnhof, ist das Vorgehen «ein Affront gegenüber der demokratischen Willensbildung».
Besonders irritierend sei, dass ausgerechnet jene Parteien – SVP, FDP, Mitte/EVP – die sich sonst immer besonders gerne auf den Volkswillen berufen, nun dessen Resultat auf nationaler Ebene und in der Standortgemeinde schlicht ausblenden. Dieses Verhalten sei nicht nur arrogant, das sei gefährlich für das Vertrauen in die demokratischen Prozesse.
Kundgebung vor dem Kantonsrat
Der Verein gegen den Autobahnanschluss am Güterbahnhof ruft deshalb zur Kundgebung am Montag, 2. Juni 2025, um 13:30 Uhr im Klosterhof auf. Unter dem Motto «Stadt sagt Nein – habt ihr’s immer noch nicht kapiert?» will man laut und sichtbar gegen die politischen Manöver protestieren und die Parlamentarier sowie die Regierung an das Abstimmungsresultat erinnern.
Verkehrsfluss als vorgeschobenes Argument
Die Autobahnlobby argumentiert mit einer Verbesserung des Verkehrsflusses. Doch genau das sei laut dem Verein nicht gegeben. Der Zubringer Güterbahnhof bringe keinen Rückgang des Verkehrs, sondern ziehe zusätzlichen Verkehr in die Stadt. Anstelle einer Entlastung entstehen neue Verkehrsknoten – mit langer Bauzeit, massiven Eingriffen ins Stadtbild und Verlust von Naturflächen im Wattbachtobel, so der Verein.
Es ist aus Sicht des Vereins auch völlig unbegreiflich, dass das Komitee auf der Maximalforderung samt Zubringer Güterbahnhof beharrt. Offenbar gelingt es den Befürworten nicht, sich von «vorgestrigen Verkehrskonzepten» zu lösen. Stattdessen zeigen sie eine beachtliche Ignoranz gegenüber zukunftsfähigen Varianten.
Zur Erinnerung: Der Anschluss widerspricht den Zielen des Mobilitätskonzepts 2040 der Stadt St.Gallen, das auf die Plafonierung des motorisierten Individualverkehrs sowie den Ausbau von ÖV und Veloachsen setzt. «Das Nein der Bevölkerung bestätigt die städtische Verkehrspolitik.»
Appell an die Politik: Demokratie ernst nehmen
Der Verein fordert die Politik auf, die demokratische Entscheidung der Stadtbevölkerung zu respektieren und den Autobahnanschluss Güterbahnhof endgültig zu begraben. Gleichzeitig solle die Entwicklung des Güterbahnhofareals nun ohne Autobahnanschluss vorangetrieben werden – mit Fokus auf Lebensqualität, Nachhaltigkeit und zeitgemässer Mobilität.