Im Interview freut sich Organisator Philip Kerschbaum über die zahlreichen Siegerwerke aus der Schweiz.
An renommierten Orten zeigt die Ausstellung «100 beste Plakate» die eindrücklichsten Plakate des Jahres 2024 aus den Ländern Schweiz, Österreich und Deutschland. Am Wettbewerb der 100 besten Plakate aus dem DACH-Raum des Jahres 2024 wurden etwa 9000 Plakate aus Deutschland, Österreich und der Schweiz eingereicht.
Ins Leben gerufen wurde der Wettbewerb «Die 100 beste Plakate» in den 1960er-Jahren. Eine Jury aus namhaften Grafikdesignern und Plakattheoretikern ermittelt die jährlichen Sieger, die die kreative Auseinandersetzung mit Plakaten und die Vielfalt der Grafikszene im deutschsprachigen Raum widerspiegeln.
Philip, worauf dürfen wir uns bei der Vernissage der 100 besten Plakate des Jahres 2024 freuen?
Philip Kerschbaum, Präsident des Vereins Alumni HF KGD der Schule für Gestaltung St.Gallen und Inhaber des Design-Studio Modo: «Die Vernissage bietet einen spannenden Rahmen, um sich zum Thema Plakat in der heutigen Zeit und zum aktuellen Plakatschaffen auszutauschen. Es werden nationale und regionale Gewinner vor Ort sein, ebenso einige Organisatoren.
Die Ausstellung gibt einen Einblick in die geballte kreative Kraft aus drei Ländern. Sie ist ab dem 29. August 2025 für drei Wochen hier an der Schule für Gestaltung zu sehen und läuft bis zum 20. September 2025. Während der Museumsnacht ist sie ebenfalls eine Station, bei der ich Führungen anbieten werde.»
Es fällt auf, dass es unter die Besten zahlreiche Veranstaltungsplakate geschafft haben und wenige aus dem kommerziellen und politischen Bereich.
«Der hohe Anteil an kulturellen Plakaten erklärt sich vor allem dadurch, dass in diesem Bereich die Suche nach Innovation und Spitzenleistungen in Kreativität besonders stark ausgeprägt ist. Das spiegelt sich in der Qualität der eingereichten Arbeiten wider.
Der Vorstand der «100 besten Plakate» regt an, dass künftig noch mehr kommerzielle und politische Plakate vertreten sind. Gerade politische Plakate sind erwünscht, die sich intelligent und kritisch mit der Gesellschaft, dem Zeitgeist und unserem Selbstbild auseinandersetzen.»
Inwiefern wurde bei den besten Plakaten des Jahres 2024 aus dem DACH-Raum die Unterstützung von Künstlicher Intelligenz in Anspruch genommen?
«Insgesamt bei zwei Plakaten wurde KI in die Umsetzung eingebunden. Die Serie von Gravity Network bewirbt zum Beispiel eine Clubnacht in Amsterdam mit fantastischen KI-generierten Bildern. Die Sujets vermitteln das Gefühl von Clubkultur: frei, ungezwungen, elektrisierend. Dabei handelt es sich, wie bei anderen Werken, nicht um rein KI-generierte Arbeiten.
Die Plakate entstehen unter der gestalterischen Leitung eines Designers. Künstliche Intelligenz ist dabei nur ein Werkzeug und wurde von den Grafikern so gesteuert, dass die gewünschte Wirkung aufgrund deren Kommunikationskonzept erreicht wurde.
Es geht also nicht darum, den Gestalter zu ersetzen, sondern KI als ergänzendes Mittel in einem experimentellen Kontext einzusetzen. Komposition, Typografie und Bildüberlagerungen im Ebenenaufbau wurden vom Grafiker Robert Radziejewski und dem Art Director Michal Veltruský gestaltet.»
KI kann also als wertvolle Unterstützung betrachtet werden?
«Gerade in freien, kreativen Feldern – wo es nicht primär um exakte Wiedergabe oder maximale Authentizität geht, wie sie oft in Kundenprojekten gefordert wird – kann KI eine echte Bereicherung darstellen. Sie eröffnet neue gestalterische Formen und Ausdrucksmöglichkeiten.
KI kann die handwerkliche, konzeptionelle Arbeit nicht ersetzen, doch im Beispiel von Gravity Network ist die Integration entsprechender Bildfragmente ausgesprochen gelungen. Dieser Ansatz soll meiner Meinung nach unbedingt weiterverfolgt werden.
Letztlich werden die gestalterische Bewertung und Entscheidung, wie etwas wirkt, nie durch KI ersetzt. Ein Gestalter bringt Medienkompetenz mit, erkennt den passenden Einsatzbereich und weiss auch, wann man besser auf KI verzichtet. Diese Kompetenz bleibt zentral.»