Der Altstätter Kantonsrat Meinrad Gschwend verlangt strengere Lebensmittelkontrollen, Nationalrat Mike Egger verteidigt die Branche – und Jürg Daniel, Leiter Amt für Verbraucherschutz erklärt, wo die Grenzen des Kontrollsystems liegen.
Der Skandal rund um die Geschäftspraktiken der Carna Center wirft im Kanton hohe Wellen. Vor wenigen Wochen deckte der «Blick» dubiose Machenschaften der bekannten «Carna Center» auf.
Fleisch aus dem Ausland soll als Schweizer Fleisch verkauft worden sein, abgelaufene Ware sei als frisch verkauft worden und zudem wurden angeblich auch Mitarbeiter bedroht. Für den Grünen-Kantonsrat Meinrad Gschwend aus Altstätten war dies Grund genug, dem Kanton auf den Zahn zu fühlen. Denn auch hier im Rheintal sowie in der Stadt St.Gallen hat Carna die Finger im Spiel. Doch der Reihe nach.
Kontrollen als Mammutaufgaben
Im Rheintal gibt es in Heerbrugg ein Carna Center. Seit 2024 sei dies allerdings eine eigenständige Niederlassung mit einem tadellosen Ruf. So jedenfalls der Carna-Center-Anwalt Andreas Meili zum Blick. In St.Gallen firmiere man seit Anfang Jahr unter dem Namen «Gastroblitz».
Die GastroBlitz AG (Sitz in St.Gallen) und das Carna Center (Unternehmen der Carnapartner AG, Sitz in Heldswil TG) sind aktuell zwei eigenständige juristische Einheiten.
In einem Vorstoss will der Grünen-Kantonsrat Meinrad Gschwend von der Regierung wissen, wie sich diese zu einer Erhöhung der Kontrolle in Lebensmittelbetrieben stelle und vor allem, ob die personelle Aufstellung eine Bewältigung der Aufgaben überhaupt zulasse.
Laut Carna Center soll es bei Kontrollen in der Vergangenheit angeblich keine Beanstandungen gegeben haben. Gschwend sieht den Kanton hierbei allerdings klar in der Pflicht. «Wenn tatsächlich offensichtliche Mängel und Gesetzesverstösse bestanden, zeugt dies von einer mangelhaften Kontrolltätigkeit. Dazu kommt, dass – gemäss Medien – das zuständige Amt von ehemaligen Mitarbeitern auf die Unregelmässigkeiten aufmerksam gemacht worden ist, ohne dass etwas geschehen ist.»
Zwar bezweifelt Gschwend nicht, dass der Kanton seiner Pflicht nachkommt und Kontrollen durchführt. Allerdings stelle sich die Frage, ob die jetzigen Kontrollen genügen. Denn es gibt mehrere Tausend Betriebe, die man kontrollieren muss – eine Mammutaufgabe.
«Je geringer die Busse, desto verlockender sind Übertretungen»
Laut Gschwend isst der durchschnittliche Schweizer im Jahr rund 50 Kilo Fleisch. Mit der steigenden Anzahl von Leuten, die auf den Fleischkonsum verzichten, wird diese Zahl wohl in Zukunft abnehmen. Das macht den Fleischmarkt schwierig. «Die Grossverteiler überbieten sich mit Fleischaktionen und bewerben ihr Angebot entsprechend. Für Händler und Produzenten ist das ein riesiger Druck.»
Auch die Grenznähe im Rheintal sei ein Faktor, der sich auf den Fleischmarkt auswirke. «Jenseits der Grenze ist Fleisch wesentlich günstiger. Das fördert den Druck noch mehr – damit die Verlockung von Schummeleien. So gesehen ist es sicher auch ein systemisches Problem.» Ein Ansatz für bessere Kontrollen könnte sein, dass man in Betrieben, welche bereits negativ aufgefallen sind, in Zukunft genauer hinschaue. «Ein Anderer: Den Bussenkatalog anpassen. Denn es ist ein altes Muster: je geringer die Busse, desto verlockender sind Übertretungen.»
«Zweifel an der Wirksamkeit»
Falsch deklarierte oder bereits abgelaufene und neu etikettierte Produkte würden im Widerspruch zum Gesetz stehen. «Dass erst die Medien auf den Fall aufmerksam machen mussten, weckt Zweifel an der Wirksamkeit des Kontrollsystems.» Die Fleischbranche sei vermutlich anfällig für unsaubere Machenschaften. «Der enorme Preisdruck, die komplexen Abläufe in Verarbeitung und Handel, geringe Strafen und wenig Transparenz sind einige der Ursachen.»
Noch hat die Regierung keine Stellung zu den Fragen von Gschwend genommen.