Der damalige Vereinspräsident Thomas Müller erinnert sich lebhaft an jene Tage: «Es war ein wunderschönes Erlebnis, das man für kein Geld dieser Welt kaufen kann.»
Der Zufall des Spielplans war der Grund, dass die Region St.Gallen und die ganze Ostschweiz den Meistertitel gleich doppelt feiern konnten: Weil der FC Basel am 21. Mai 2000 gegen Servette nicht gewonnen hat, war der FC St.Gallen 1879 in der Rangliste nicht mehr einzuholen und stand als Meister fest. Das Spiel aus Genf wurde auf dem St.Galler Marktplatz mit Grossbildschirm direkt übertragen.
Mit dem Schlusspfiff begann die erste Meisterfeier. Trainer Marcel Koller und die Mannschaft zeigten sich auf dem Balkon der ehemaligen St.Gallischen Creditanstalt (heute Acrevis-Bank). Die Innenstadt versank im grün-weissen Fahnenmeer. Nach dem letzten Spiel am 7. Juni 2000 bekam der FC St.Gallen im ausverkauften Stadion Espenmoos den Meisterpokal. Gefeiert wurde nicht nur im Stadion, sondern viele tausend Fans kamen nochmals auf den Marktplatz und in die Innenstadt. In der Ostschweiz entwickelte sich über den Fussball hinaus ein neues Wir-Gefühl.
Alles andere als selbstverständlich
Der Erfolg des ersten Meistertitels seit 1904 war alles andere als selbstverständlich: Noch wenige Jahre zuvor hatte der FC St.Gallen am Abgrund gestanden – sportlich wie finanziell. Der Traditionsclub musste gleich mehrmals gerettet werden. Die Sanierung 1992/1993 unter Leitung von Eugen Mätzler bewahrte den Traditionsclub vor dem Kollaps. Hans Hurni übernahm 1993 das Vereinspräsidium. Ein Beirat wurde eingesetzt.
Doch die finanziellen Probleme blieben drückend; 1995 wurde dem FCSG die Lizenz im ersten Anlauf verweigert, damals ein Novum im Schweizer Fussball. Erst nach einem weiteren Schuldenabbau durch Dritte bekam der Club die Spielberechtigung. Sportlich pendelten die «Espen», genannt nach dem früheren Stadion Espenmoos, zwischen Hoffen und Bangen. In den Medien schien der Abstieg in die zweithöchste Liga zeitweise unvermeidlich. Die Niederlage im Cupfinal 1998 gegen Lausanne nach einer 2:0-Führung war eine zusätzliche Enttäuschung.
In der Not suchte der Club, nun unter Präsident Emil Kern, Hilfe im Ausland: Im Sommer 1998 war in den Medien zu lesen, dass der Verkauf des ältesten Fussballclubs der Schweiz an eine italienische Gruppe zur Diskussion stand (es wurde gar von «Mafiosi» gemunkelt). In jener Situation trafen sich die Mitglieder des früheren Beirats. Sie wollten den Verkauf des FCSG verhindern und den damaligen Vereinsvorstand ablösen. Knapp zwei Monate dauerte der öffentlich ausgetragene Machtkampf.