Was sich derzeit in Lausanne abspielt, ist mehr als ein lokaler Aufstand. Es ist ein Aufschrei des städtischen Gewerbes – und vielleicht ein heilsames Beispiel für andere Städte:
In der Westschweizer Metropole machen sich die Geschäftsleute Luft – mit Plakaten, einem Online-Countdown zur nächsten Wahl und der Forderung nach einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den realen Problemen des innerstädtischen Detailhandels.
Die Kritik richtet sich gegen die mehrheitlich linke Stadtregierung.
Die Vorwürfe sind konkret: zu wenige Parkplätze, zu viele Baustellen, zu wenig Sicherheit – und zu viele Demonstrationen, die das Zentrum regelmässig lahmlegen.
Das Resultat sind massive Umsatzeinbussen für lokale Geschäfte. Eine Floristin spricht von einem «Überlebenskampf», weil ihre Kundschaft schlicht nicht mehr zu ihr findet.
Der Protest ist nicht parteigesteuert, sondern stammt direkt aus der Mitte der betroffenen Bevölkerung: Unternehmer wie Claudio Bocchia bündeln die Stimmen derer, die sonst kaum Gehör finden. Auch die lokale Gewerbe-Genossenschaft zeigt Verständnis.
Überraschend ist indes die Reaktion des Lausanner Stadtpräsidenten Grégoire Junod:
Statt in Abwehr zu gehen, sucht er den Dialog. Zwei Millionen Franken Soforthilfe sollen den Detailhandel stützen – ein erster Schritt.
Und St.Gallen? Auch hier leidet der stationäre Handel unter strukturellen Problemen – Onlinekonkurrenz, schwierige Erreichbarkeit, hohe Leerstände und anhaltender Frequenzrückgang in der Innenstadt.
Allzu oft aber wirkt die Politik ratlos oder ideologisch verhärtet, wenn es um konkrete Unterstützung geht. Ein offener, ungefilterter Dialog zwischen Stadtregierung und Gewerbe – wie ihn Lausanne jetzt erzwingt hat – wäre auch in St.Gallen dringend nötig.
Nicht als Misstrauensvotum, sondern als Weckruf. Damit die Innenstadt nicht irgendwann still und leise ausblutet.