Wie entsteht ein Ort zum Innehalten? Am Anfang steht eine Idee – die Vision eines Weges, der Menschen verbindet und Achtsamkeit sichtbar macht. Doch Ideen bleiben leer, wenn sie nicht Gestalt annehmen. Für den Thur- und Neckerweg fand diese Gestalt ihren Anfang im Lochwald bei Oberhelfenschwil.
An einem ruhigen Morgen ging Förster Thomas Schneider zwischen den Stämmen hindurch. Mit geübtem Blick prüfte er die Weisstannen: ihren Standort, ihre Rolle im Schutzwald, ihre Bedeutung für das Gleichgewicht. Erst nach sorgfältiger Abwägung setzte er die Markierung – kein willkürlicher, sondern ein bewusster Schritt im Dialog mit der Natur.
Jeder Stamm wurde registriert, Länge und Durchmesser vermessen, die Qualität dokumentiert. Danach begann ihre Reise. Der Abtransport verlief nicht ganz ohne Hindernisse: Eine neugierige Kuhherde versperrte den Weg, als hätte sie selbst ein Wörtchen mitzureden. Ein Moment des Schmunzelns – typisch Toggenburg halt.
Vom Lochwald ins Toggenburger Handwerk
In der Sägerei in Unterwasser warteten traditionelle Maschinen aus einer anderen Zeit – aus lackiertem Eisen, mit schweren Hebeln. Kein anonymer Produktionsprozess, sondern sichtbar gemachte Handwerkskunst. Mit jedem Schnitt legten sie die Jahresringe frei, die Spuren von Sonne, Regen und Schnee.
Von dort ging es weiter in die Trocknung. Wochenlang ruhten die Bretter, sorgfältig gestapelt, geschützt und belüftet, damit das Holz seine Form behält und für die nächsten Arbeitsschritte bereit ist. Erst dann zogen sie in die Schreinerei nach Bütschwil. Hier riecht es nach Holzstaub und nach Arbeit, die präzise und geduldig ist. Bretter werden gehobelt, Latten gefügt, Stücke verschraubt – erste Bänkli, Liegen und Bühnen nehmen Form an.
Es ist der Endspurt: Die Ruhe- und Genussoasen ebenso wie die Klangbotschafter entstehen in diesen Wochen und bald schon werden sie entlang von Thur und Necker ihren Platz finden.
Lancierung am 27. September
Und genau das wird gefeiert. Am Samstag, 27. September 2025 wird der Thur- und Neckerweg offiziell lanciert – mit einem grossen Fest, das die Vielfalt des Projekts spürbar macht und die Region zusammenbringt.
Auf rund 80 Kilometern zwischen Wildhaus, der Schwägalp und Bazenheid entsteht ein Tag voller Begegnungen, Klänge und Entdeckungen – für Gross und Klein. Konzerte, Lesungen, Workshops, Werkgespräche, Naturinputs und Kinderprogramme füllen die Wege mit Leben. Entlang von Thur und Necker wird gespielt, erzählt und musiziert – frei zugänglich für alle Altersgruppen, vom frühen Morgen bis in die Dämmerung.
Am Abend wird das Kraftwerk Trempel in Krummenau zum zentralen Treffpunkt für alle. Das Kunstwerk von Mirre Yayla Séur entfaltet im UV-Licht seine ganze Wirkung, Feuerkünstler bringen Bewegung ins Dunkel. An der Bar im Freien beginnt der gesellige Teil, bevor das neue Team des Kraftwerkclubs übernimmt und den Abschluss des Lancierungstags zur Party macht. Das komplette Festprogramm finden Sie unter www.thurundneckerweg.ch/fest.
Gemeinschaftswerk Toggenburg
So schliesst sich der Kreis: Von der Weisstanne im Lochwald bis zur fertigen Liege hat jeder Schritt im Toggenburg stattgefunden. Kein Arbeitsschritt hat die Region verlassen, alles blieb in den Händen von Menschen, die das Holz kennen und achten. Der Thur- und Neckerweg ist mehr als ein Wanderweg. Er ist ein Projekt, das aus der Region heraus gewachsen ist – ein Ausdruck von Achtsamkeit, Handwerk und Verbundenheit. Und er lädt ein, dieses Kapitel gemeinsam aufzuschlagen.