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16.09.2025

«'Verdünntes Gift' bleibt Gift – auch in unserer Bratwurst»

Michael Breu ist Co-Präsident der Grünen von Stadt und Region St.Gallen
Michael Breu ist Co-Präsident der Grünen von Stadt und Region St.Gallen Bild: Collage: stgallen24
Michael Breu warnt in seinem Leserbrief vor den Gefahren durch PFAS, sogenannte «Ewigkeitschemikalien». Er fordert konsequentes Handeln von Politik und Behörden – und kritisiert Verharmlosung sowie halbherzige Lösungen.

«PFAS sind keine normalen Schadstoffe – sie sind «Ewigkeitschemikalien». Sie zerfallen nicht, sie verschwinden nicht, sie reichern sich in unserem Körper an. In Blut, Leber, Nieren, ja sogar in Muttermilch sind sie nachweisbar.

Wer PFAS aufnimmt, wird sie so schnell nicht wieder los: Langkettige Varianten bleiben über Jahre im Organismus. Jeder Bissen, jedes Glas Wasser, jedes Produkt mit PFAS erhöht die Gesamtbelastung.

Und trotzdem wird in der Schweiz – aber auch im Kanton St.Gallen – weiter gezögert, verharmlost und verwässert. Ein besonders absurdes Beispiel: die Diskussion um PFAS-belastetes Fleisch. Statt ein Verkaufsverbot zu beschliessen, wird ernsthaft vorgeschlagen, belastetes Fleisch einfach mit unbelastetem zu mischen. Das ist ein gefährlicher Irrtum. PFAS lassen sich nicht «verdünnen» – sie reichern sich im Körper an. Auch kleine Mengen summieren sich über die Jahre. «Verdünntes Gift» bleibt Gift.

Wir brauchen endlich konsequentes Handeln! Kein Schönreden, kein Aufschieben, keine halben Lösungen. Es geht um unsere Gesundheit und die unserer Kinder. Konkret heisst das:

  • Verkaufsverbot für belastete Lebensmittel – ohne Schlupflöcher.
  • Strenge Grenzwerte für Wasser, Boden und Produkte.
  • Verbot unnötiger PFAS-Anwendungen in Verpackungen, Pfannen, Textilien und Sprays.
  • Investitionen in moderne Filter- und Sanierungstechnologien, damit PFAS nicht weiter im Kreislauf zirkulieren.

Jede Verzögerung bedeutet, dass mehr PFAS in unsere Körper, unsere Böden und unser Wasser gelangen. Jede «Abschwächung» der Regeln ist ein Geschenk an die Industrie – und ein Schlag ins Gesicht für die Bevölkerung.

PFAS sind ein Testfall für die Politik: Schützt sie die Gesundheit der Menschen – oder die Interessen der Märkte? Die Antwort darf nicht länger hinausgezögert werden. Wir brauchen einen klaren Kurs: Raus mit den Ewigkeitschemikalien – für uns und für die kommenden Generationen!

Manche Stimmen haben versucht, Windräder für PFAS-Belastungen verantwortlich zu machen. Doch das ist ein gefährlicher Irrtum. Der Abrieb von Windkraftflügeln stellt in erster Linie eine technische Herausforderung für die Betreiber dar – für Umwelt und Bevölkerung ist er vernachlässigbar. Die Mengen, die beim Abrieb von Windkraftflügeln freigesetzt werden, sind im Vergleich zu anderen Mikroplastikquellen verschwindend gering und nicht giftiger als gewöhnliche Partikel. PFAS kommen dabei nicht in die Umwelt, da sie fest im Kunststoff eingeschlossen und durch Lacke und Folien geschützt sind.

Die hohen PFAS-Werte in Wildschweinlebern stammen nicht von Windrädern. Das zeigen mehrere Untersuchungen aus Deutschland. Vielmehr sind es andere Quellen wie der Einsatz von PFAS-haltigem Löschschaum bei Bränden, die punktuelle Einträge in Boden und Wasser verursachen. Wildschweine nehmen diese Substanzen beim Wühlen auf, die PFAS lagern sich vor allem in der Leber ab – was die beobachteten Belastungen erklärt.

Das ist kein Freipass! Selbstverständlich braucht es ungiftige Lösungen für Windkraftanlagen. Hier ist die Industrie gefordert. Wer aber die Windenergie zum Sündenbock der PFAS-Belastung macht, betreibt billige Polemik.»

Michael Breu, St.Gallen / Toggenburg24