Statt einem geselligen Anlass wie jedes Jahr am Fasnachtsdienstag geht heuer eine Klageschrift an die Mitglieder des «Eis, zwei, Geissebei» in Rapperswil-Jona. Diese findet sich am Dienstag in den Briefkästen. Unterschrieben ist die gereimte Anklageschrift mit den Pseudonymen Sauweibel, Knabenschultheiss und Richter. Die Anklage baut auf vier Miseren auf:
Traditionelles Geissebei per Post - Corona conform

Nicht taget das Gericht der Sau,
zu Hause hocken Mann und Frau,
denn Corona hat verboten
zu präsentieren unsre Zoten!
All schweinisch-frevelhaft Gehabe,
trägt man aber nicht zu Grabe!
Ihr hier auf der Anklagebank,
denket ja nicht: Gott sei Dank …
ihr werdet im «Zwei null zwei zwei»,
am nächsten Eis-zwei-Geissebei,
vorgestellt dem Tribunal
dann im hehren Rathaussaal!
Welche Bösen es dann trifft,
zeigt euch die Anklageschrift!
Die da lautet: Sauerei,
der halbe Stadtrat ist dabei!
Stöck und sein elender Haufen
sollten sich die Haare raufen.
(Wenn besagter solche hätte,
leider zeigt sich dort bloss Glätte).
Misere eins
Voilà, Porthof.
Statt Pflegeraum, was für den Gof,
er mutiert zum Kindergarten,
chaotisch ist’s, wie zu erwarten.
Bald schon folgt die Pirouette,
doch lieber Alte hier im Bette!

Misere zwei
Feuerwehrkrach,
haben Feuer selbst im Dach!
Roli Meier ist der Boss
und hocket auf dem hohen Ross.
Wehe dem, der es probiert
zu motzen, wird grad degradiert!
Misere drei
Ein Blätterzaun,
ein Blätterzaun, hindurch zu schaun!
Der Hug schiesst wieder seine Pfeile,
s Bauamt spielt «Eile mit Weile».
Der Neue dort hat sich bewegt,
und den Zwist nun beigelegt!
Misere vier:
Die alte Badi,
i de Allee, so gern i ha di.
Man soll dort nicht nur s Füdli schwenken,
sondern auch mal Bier ausschenken!
Noch eine Beiz direkt am See,
auch eine Furrer-Furz-Idee!
So, ihr Schelme, gebet acht,
euch wird der Prozess gemacht
im nächsten Jahr! Gar manch’ Gesicht landet vor dem Saugericht!
Ein Pudel, der bleibt unbegossen …
er wurde ja schon abgeschossen!
Was ist das Eis-zwei-Geissbei in Rapperswil SG?
Eis-zwei-Geissebei ist ein Fasnachts-Brauch und Kinderfest beim Rathaus im Herzen der Altstadt von Rapperswil, einer Ortschaft in der Schweizer Gemeinde Rapperswil-Jona im Kanton St. Gallen.
Geschichte
Seit wann der Brauch jeweils am Fasnachtsdienstag praktiziert wird, lässt sich nicht mehr eruieren. Zurückgehen soll das Kinderfest auf die Belagerung und Brandschatzung von Rapperswil am 24. Februar 1350 durch Rudolf Brun, als mitleidige und wahrscheinlich die wohlhabenden Stadtbürger den hungrigen Kindern armer Mitbürger Nahrungsmittel aus den Fenstern ihrer Häuser gereicht haben sollen.

«Sind alli mini Buebe doo? Joo! Eis-zwei-Geissbei!»
Während die Mitglieder des Stadtrates von Rapperswil das traditionelle «Herrenessen» im Rathaus mit Ehrengästen und Kabarettprogramm veranstalten, versammeln sich üblicherweise ab 14.00 Uhr Hunderte von Kindern jeglichen Alters, meist mit ihren Eltern, auf dem Hauptplatz vor dem Rathaus zur «Austeilete».
Exakt um 15.15 Uhr gemäss «Zytturm» des Schlosses öffnen sich die Fenster des Ratssaals im zweiten Obergeschoss und eine Fanfare ertönt.
Auf die Frage: «Sind alli mini Buebe doo?», ertönt die vielstimmige Antwort: «Joo! Eis - zwei - Geissebei!», und die Ratsmitglieder werfen Cervelats, Semmeli und Biberli aus den Saalfenstern hinunter zu den Kindern auf dem Hauptplatz.
Währenddessen fordern die Ratsleute die Kinder mit Gesten und Schwenken der Würste während rund einer halben Stunde auf, ihre Rufe zu wiederholen. Je lauter der Ruf erschallt, desto mehr Leckerli werfen die Ratsleute den Kindern zu.

Der grosse Lebkuchen
Eine weitere Rolle spielt ein überdimensionierter Lebkuchen, der mittels einer Seilwinde am Dachfirst des Rathauses befestigt ist und langsam herabgelassen und wieder hinaufgezogen wird, bis die Geschicktesten der Versammelten diesen in kleinen und grösseren Stücken heruntergerissen haben.
Zum Abschluss veranstalten die lokalen Guggenmusik-Ensembles ein kleines Monsterkonzert auf dem Hauptplatz, mit einem anschliessenden Umzug zum Schlosshof und Darbietungen während des Abends in den Gaststätten der Altstadt.