Der frühere Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz hat zeitweise weit mehr verdient, als bislang öffentlich bekannt war. Dies berichtet die «NZZ am Sonntag» unter Berufung auf Ermittlungsunterlagen um mutmassliche private Deals mit versteckten Kassen.
Er verdiente mehr, als der Öffentlichkeit weisgemacht werden sollte ...
Als genossenschaftliche Bank pflegt Raiffeisen die Tugend der Bescheidenheit. Das gilt auch für die Löhne der Chefs. Seit dem Jahr 2009 weist die Bank transparent aus, wie viel der CEO verdient.
Der Betrag lag seither stets unter zwei Millionen Franken. Zuvor aber kassierte Pierin Vincenz als damaliger Chef ein Vielfaches davon. Dies dokumentieren neue Unterlagen, die der «NZZ am Sonntag» vorliegen. Allein im Jahr 2008 erhielt er einen Nettolohn von 13,8 Millionen Franken. Auch davor kassierte er teils mehrere Millionen Franken.
Um die Entlöhnung der Geschäftsleitung «in diskreter Weise» abzuwickeln, hatte Vincenz eine neue Salärbuchhaltung eingeführt. Somit floss der Grossteil der Gehälter über das Konto eines externen Anwalts.
... und prangerte gleichzeitig «Lohnexzesse» an
Vincenz war von 1999 bis 2015 CEO der Bank. In der Öffentlichkeit hatte er «Lohnexzesse» bei Banken angeprangert. So sprach er davon, die ausbezahlten Boni hätten die «Grenzen des guten Geschmacks» überschritten. Zu den neuen Vorwürfen nahm er gegenüber der NZZ keine Stellung.
Vincenz muss sich nun im Januar 2022 unter anderem wegen gewerbsmässigen Betrugs vor Gericht verantworten. Dies, weil er mit Komplizen bei Firmenkäufen illegale Vorteile erhalten und unrechtmässig Spesen bezogen haben soll.