Preisüberwacher kritisiert das aktuelle Zonensystem
Auf die überhöhten Preise auf der Strecke zwischen Wattwil – Nesslau aufmerksam gemacht, holte der Preisüberwacher weitere Abklärungen ein. Rudolf Lanz, Sprecher des Preisüberwachers, meint dazu: «Die Preise in den Verbünden führt regelmässig zu Meldungen durch frustrierte Nutzerinnen oder Nutzer. Die Zonenaufteilung ist hierbei häufig ein Stein des Anstosses. So gibt es kleine und grosse Zonen, Zonen mit Haltestellen oder auch ohne. Eine Logik oder Systematik ist für die Nutzerinnen und Nutzer oftmals nicht erkennbar. Der Preisüberwacher hat das Zonensystem schon häufig kritisiert. Diese Unstimmigkeiten müssen (endlich) im Rahmen der branchenweiten Bemühungen angegangen und gelöst werden, so Rudolf Lanz weiter.
So soll es sehr bald nur noch eine einheitliche, kundenfreundliche und effiziente nationale Grundlage zur Preisberechnung geben. Die Anforderungen an die Branche sind formuliert und bis 2025 sollten sie auch umgesetzt sein. Wie das «neue» System aussehen wird, ist derzeit noch offen.
Aus Sicht des Preisüberwachungsgesetzes sind Interventionen des Preisüberwachers nur dann möglich, wenn marktmächtige oder Monopolunternehmen missbräuchlich hohe Preise setzen und überhöhte Gewinne erwirtschaften. Auf die Strecke Nesslau – Wattwil angesprochen habe man dabei keine eindeutigen Hinweise für einen Preismissbrauch gefunden. Viel eher hat es sich auch hier wieder gezeigt, dass die Zonenlogik im ÖV ausgedient hat. Für Reisende ist dies fürs Erste zugegebenermassen leider ein kleiner Trost.
Gemeinde Nesslau und Region Toggenburg fordern Änderung des Zonenplans – Preise sollen gesenkt werden
Seit dem 1. Januar 2013 besteht die Gemeinde Nesslau aus den ehemaligen Gemeinden Krummenau, Nesslau-Neu St. Johann und Stein. Seither waren drei Zonen notwendig, um sich auf dem Gemeindegebiet von Nesslau zu bewegen. In keiner anderen Gemeinde des Kantons St.Gallen müssen so viele Zonen gelöst werden, wie in der Gemeinde Nesslau.
Auf Anfrage meint Patrick Ruggli, Leiter des Amts für öffentlichen Verkehr des Kantons St.Gallen: "Für uns war das Thema bis vor etwa zwei Monaten nicht bekannt. Aus dem Toggenburg – wir arbeiten sehr eng mit der Region und den Gemeinden zusammen – sind bei uns bis anhin keine Reklamationen zu diesem Sachverhalt eingetroffen. Deshalb haben wir bisher keinen Handlungsbedarf gesehen. Wir stehen aber auch in dauerndem Kontakt mit dem Tarifverbund Ostwind. Dieser hat bestätigt, dass der Verein Region Toggenburg die Zonengrenzen in der Region Nesslau – Wattwil anpassen möchte. Die Gemeinde Nesslau wünscht, dass das ganze Gemeindegebiet (Krummenau – Stein) zukünftig in einer Zone liegt. Der Tarifverbund Ostwind hat dem Verein Region Toggenburg und der Gemeinde Nesslau aufgezeigt, wie die Prozesse für eine Zonenanpassung im OSTWIND ablaufen und dass die betroffene Gemeinde die Mutationskosten und die prognostizierten Mindereinnahmen während fünf Jahren tragen muss. Als nächster Schritt findet Anfang Mai 2022 ein Gespräch Ostwind / Region / Gemeinde Nesslau statt."
Kilian Looser, Gemeindepräsident von Nesslau, bestätigt gegenüber Toggenburg24, dass bald eine Diskussion zwischen der Gemeinde Nesslau, der Region Toggenburg und Ostwind stattfinden wird. Er erklärt dazu: «Die Gemeinde Nesslau sucht seit fünf Jahren eine Lösung, mittlerweile mit der Region Toggenburg. Das Verfahren ist recht kompliziert. Ostwind hat für eine Anpassung der Zonen Kriterien definiert. Aus Sicht der Region möchten wir prüfen, ob wir nicht ein Toggi-GA anbieten können. Wenigstens für die Jugendlichen bis z.B. 18 Jahre, damit sich diese frei oder zu sehr günstigen Konditionen im Tal bewegen können», so Kilian Looser weiter.
Der Tarifverbundrat von Ostwind legt die Preise und Zonen fest
Patrick Ruggli, Leiter des Amts für öffentlichen Verkehrs im Kanton St.Gallen, führt zum Prozess der Preisfestsetzung weiter aus: «Die Tarifierung mit der Sortimentsgestaltung, Preisfestlegung und Zoneneinteilung wird vom Tarifverbund OSTWIND vorgenommen. Wichtige Entscheide fällt der Tarifverbundrat, der sich paritätisch aus angeschlossenen Transportunternehmen (TU) und den Bestellerkantonen zusammensetzt. Anträge für Tarifzonen-Änderungen werden nach einem definierten Prozess bearbeitet. Die Federführung für die Bearbeitung liegt bei der Geschäftsstelle des Tarifverbunds».
Ostwind - eine Goldgrube für Transportunternehmungen - Kein Mitspracherecht für Gemeinden
Den Transportunternehmungen kommt somit eine unglaubliche Machtfülle bei der Preis- und Zonengestaltung zu. Dank des paritätischen Einsitzes im Tarifverbundrat können sie Zonenänderungen und somit auch Preissenkungen blockieren. Es ist absolut unverständlich, wieso die lediglich beauftragen Transportunternehmen ein derart grosses Mitspracherecht haben sollen. Während der Kanton als Besteller immerhin noch einen paritätischen Einsitz im Tarifverbundrat von Ostwind hat, haben die Gemeinden, welche jedes Jahr riesige Summen an die Transportunternehmungen zahlen müssen, überhaupt kein Mitspracherecht bei der Zonengestaltung. Eindrücklich kann dies am Beispiel der Gemeinde Nesslau aufgezeigt werden, die seit fünf Jahren eine Lösung mit Ostwind sucht - bis jetzt erfolglos. Trotzdem muss sie mehr als 300'000 Franken pro Jahr an die Transportunternehmen bezahlen! (siehe Geschäftsbericht 2021)
Die aktuelle Zusammensetzung des Tarifverbundrats Ostwind hat grosses Missbrauchspotential und setzt völlig falsche Anreize. Unverständliche Zonenpläne, Reformunwilligkeit seitens des Tarifverbundes und überteuerte Monopolpreise sind die Folge. Die konzessionierten Transportunternehmen können im geschützten Milieu des Tarifverbundes Ostwind weiter Geld scheffeln und den Kundinnen und Kunden, den Gemeinden und dem Kanton das Geld aus der Tasche ziehen.
Für den Konsumenten bleibt zu hoffen, dass dieses marode und intraspante Zonensystem endlich abgeschafft und durch ein neueres und besseres System ersetzt wird. Gemäss Preisüberwacher dürfte dies ab 2025 der Fall sein.