Die Regisseurin Regina Heer ist seit ihrer innovativen „La Traviata“-Inszenierung 2015 in Wil für das Musiktheater Wil tätig und beliebt. Nur zu gerne gewann Präsident und mittlerweile Produktionsleiter Eugen Weibel die Baslerin nach der „Regimentstochter“ 2018 wieder für die nächste Spielzeit 2024.
Ostergottesdienst
Mit dem Einakter „Cavalleria rusticana“, eine der erfolgreichsten Opern der Musikgeschichte, sahen sich Weibel und Heer mit der Herausforderung konfrontiert, die Spieldauer zu erweitern. Denn die übliche Kombination mit einer weiter Kurzoper kam für beide nicht in Frage: „Die Cavalleria hat eine ungemein dynamische Dramatik, die mit einer zweiten Oper in sich zusammenfallen würde“, erläutert Heer ihre Überlegungen. Und so setzt der dramaturgische Eingriff dort an, wo die Opernhandlung quasi eine Lücke aufweist: Im Ostergottesdienst. An dieser Stelle wird das „Gloria“ aus Puccinis „Messa di Gloria“ eingefügt.
Authentische Chorpräsenz
Dieser Messeausschnitt soll nicht als Lückenbüsser fungieren: Hier sitzt die Dorfbevölkerung zwar still in den Kirchenbänken, doch in den Köpfen, den Gesten und Mimiken setzt sich die Handlung fort. Hier zeigt sich auch der spezielle Umgang der Regisseurin mit dem Chor: Dieser wird nicht mit einer festgelegten Choreographie in den Kulissen hin und her geschoben. Vielmehr soll sich jedes Chormitglied seine eigene Rolle schaffen: In welcher Beziehung steht man zu den Nachbarn? Trägt man seinen Reichtum mit Stolz zur Schau oder ist alles nur Fassade? „Mir ist wichtig, Raum für Bewegung zu schaffen“, erläutert Heer ihren Ansatz. Das Individuum sei ihr wichtig, nicht der Pulk. Neue Chormitglieder, die mit ihrer Arbeitsweise noch nicht vertraut sind, fragen anfangs noch nach genauen Anweisungen. Doch schnell wachsen auch sie in ihre Verantwortung hinein und gestalten an einer authentischen Chorpräsenz mit.
Guter Dialog bei Probenarbeit
Gewöhnlich wird die Santuzza, Hauptfigur der Oper, als Opfer dargestellt, eine elternlose Frau, nicht mehr ganz die Jüngste und vom Leben hin und her geschubst, ganz im Gegensatz zu ihrer jungen und attraktiven Widersacherin Lola. Doch Heer hält sich gerne an die Novelle von Giovanni Verga, die dem Libretto zugrunde liegt: Darin handelt es sich bei Santuzza um die durchaus selbstbewusste Tochter eines vermögenden Weinbauern.
„Bei den Vorsingterminen ändert sich meine Vorstellung der Figur mit jeder Solistin“, erzählt die Regisseurin. Doch letztlich hatte sie sich mit Mirjam Fässler für die junge, schlagfertige Figur voller Stolz und Witz entschieden, wie sie auch in der Novelle durchscheint. „Unter den Solisten herrscht ein guter Dialog“, erläutert Heer die Probenarbeit. Gemeinsam entwickle man die Dynamik des Stückes, neue Ideen hätten Raum. „Sie denken mit und sind keine Befehlsempfänger“, schwärmt Heer.
Die Premiere findet am Samstag, 6. Januar 2024 statt.
Vorverkauf: tonhallewil.ch