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Magazin
09.05.2024

Bob Marley auf dem Seziertisch

Alessandro Pippia, Autogrammexperte
Alessandro Pippia, Autogrammexperte Bild: zVg
Der Rheintaler Alessandro Pippia ist Autogrammexperte und für internationale Kunden tätig. Er untersucht jeden Tag Dutzende Unterschriften; bis er eines Tages auf ein absolutes Unikat stösst, dass ein wichtiger Zeitzeuge der modernen Musik ist.

Pippia hat den Beruf des Autogrammexperten selber ins Leben gerufen und ist gleichzeitig international führend. Kein Wunder, dass die unterschiedlichsten Personen auf den Rheintaler zukommen. Sei es zur Bestätigung der Echtheit einer Unterschrift, der Beglaubigung eines Testaments oder auch einfach nur weil der Wert einer Unterschrift bestätigt werden soll.

Seine letzte bekannte Unterschrift

Vor Kurzem kam ein Kunde aus den Deutschland auf den Rheintaler zu. Im Gepäck: Eine Unterschrift von Bob Marley. Nicht nur sind Marley-Unterschriften sehr begehrt,nein, im Falle des deutschen Kunden handelt es sich gar um ein Unikat: «Es handelt sich hierbei um Marleys allerletzte Unterschrift.» Nach einer gründlichen Untersuchung kann er jetzt interessante Ergebnisse vorweisen.

«Mein Kunde kommt aus Deutschland. Er hat das Autogramm an einer Auktion ersteigert. Daher kontaktierte er mich.» Doch was ist an dieser Unterschrift so besonders? «Sehr vieles. Denn es ist die letzte bekannte Unterschrift von Bob Marley. Denn er hat sie kurz vor seinem Tod verfasst.» Marley befand sich damals in einer deutschen Klinik, weil er unheilbar an Krebs erkrankt war. «Dort hat er einen anderen Patienten kennengelernt und sie haben sich schnell sehr gut verstanden.» Der Patient hatte eine Behinderung, jedoch ist diese nicht näher definiert.

Diese Unterschrift ist ein echtes Unikat. Bild: zVg

Der König ist tot

«Was man aber weiss: Marley gab ebendiesem Patienten eine seiner Unterschriften. Dass es seine Letzte werden wird, wusste er damals noch nicht.» Als Marley wenige Tage darauf in die USA zurückreist, verschlechtert sich sein Zustand massiv. So massiv, dass er in Miami im US-Bundesstaat Florida noch am Flughafen zusammenbrachund anschliessend verstarb. «Damit ging der King of Reggae und einer der grössten Musiker unserer Zeit von uns.»

Was Marley hinterlässt ist mehr als nur eine Unterschrift. Mit ihm starb ein Stück Musikgeschichte; Songs wie «Three Little Birds», «Buffalo Soldier» und «Is This Love?» sind bis heute fest in der Popkultur verankert und tragen sein Vermächtnis weiter. Aufgrund dieser Bekanntheit verwundert es kaum, dass Marley-Unterschriften heute unter Sammlern extrem beliebt sind und auch einen entsprechend hohen Wert haben. Insbesondere das letzte je dokumentierte Exemplar.

An wen die Unterschrift gerichtet war, ist leider nicht hinreichend bekannt. Bild: zVg

Extreme Gefühlslage = Extreme Unterschrift?

Doch was macht die Unterschrift von Bob Marley so besonders? «Bob Marley hat immer wieder anders unterschrieben. Keine seiner Unterschriften ist genau gleich. Damit ist jede Unterschrift für sich genommen ein Unikat. Dennoch hinterlässt jeder Mensch bei seinen Unterschriften immer auch seinen Charakter. Das kann man beispielsweise an den Rundungen erkennen.» Dass seine Unterschrift jedes Mal anders ausfiel, könnte auch mit seinem Drogenkonsum zusammenhängen, «jedoch gibt es hier keinen eindeutigen Beweis und ich konnte auch nichts derartiges feststellen.»

Und doch hat er sie kurz vor seinem Tod verfasst; die Gefühlslage muss extrem gewesen sein. «Doch auch hier kann ich keinen Unterschied erkennen.» Warum das so ist und wie Marleys Gefühlslage war, das hat er mit in sein Grab genommen. «Doch die Nachforschungen haben einen grossen Vorteil. Marley hat sehr gerne und vor allem sehr oft unterschrieben. Daher fällt mir die Nachforschung leichter als bei anderen, seltenen Unterschriften. Pippia hat nämlich eine Online-Datenbank, die er bei Recherchen zurate ziehen kann.

Mithilfe bei Kriminalfällen

Diese Datenbank kommt nicht von ungefähr; Pippia ist bereits seit Jahren im Geschäft und konnte viele Erfahrungen sammeln. «Ich habe verschiedene Kunden aus aller Welt, die mit den unterschiedlichsten Anliegen auf mich zukommen. Mittlerweile kann ich von meinen Stammkunden leben und bekomme ausserdem auch immer wieder neue Kundschaft.»

Der Experte gibt beispielsweise Gutachten ab, prüft Testamente und hat auch schon bei Kriminalfällen mitgeholfen. «Konkret ging es dort um die Prüfung eines missbräuchlichen Vertrags.» Auch notarielle Beglaubigungen spricht Pippia aus.

Auch wenn er davon leben kann, so will Pippia dennoch weiter hinaus und neue Kundenkreise erschliessen: «Ich habe mir sehr viele Gedanken gemacht. Künftig will ich mich noch breiter mit der Forschung befassen. Ausserdem läuft derzeit auch ein Forschungsprojekt rund um die Verblassungsprozesse bei Unterschriften. Dort werde ich Neuigkeiten kommunizieren, sobald ich welche habe.»

Fakt ist aber: Das Autogramm ist ordentlich was wert. Bild: zVg

Bob Marley unter dem Mikroskop

Spannend ist aber: «Es gab mal die Theorie, dass man ein Kunstgemälde nicht hinter eine Glaswand stellen sollte – das würde die Unterschrift schneller verblassen lassen.» Seine Studie zeigt jetzt: «Das ist nicht wahr! Was wirklich gegen einen Verblassungsprozess hilft, ist wenn man die Unterschrift einrahmt und fernab einer Lichtquelle aufbewahrt.» Zwar sieht das dann nicht so schön aus, aber im Endeffekt bleibt die Unterschrift damit länger in ihrem Ursprungszustand erhalten. Und wie geht man bei einer solchen Untersuchung wie bei Bob Marley vor?

«Zuerst mache ich immer ein Foto und dokumentiere, wie das Paket bei mir angekommen ist.» Die Unterschrift kommt in einem unauffälligen Paket daher und wird speziell besonders schützend verpackt. «Anschliessend speise ich das Foto in meine Datenbank ein und vergleiche bestehende und verifizierte Unterschriften mit dem mir vorliegenden Exemplar.»

Auch ein Mikroskop kommt zum Einsatz, «damit ich die Verblassungsprozesse erkennen und damit das Alter ermitteln kann.» Wenn Marley heute noch eine Unterschrift herausgeben würde, handelt es sich mit Sicherheit um eine Fälschung. «Und anhand des Verblassungsprozesses kann ich daher mit ziemlicher Sicherheit sagen, ob eine Unterschrift neu oder bereits älter ist.»

Pippia wird seine Zeit nutzen, um weiter an Verblassungsprozessen zu forschen. Bild: Alessandro Pippia

Forschung weiter vorantreiben

Anschliessend wird die Unterschrift wieder verpackt und in einem unauffälligen Paket an den Besitzer zurückgeschickt. «Dabei ist es mir wichtig, dass der Empfänger den Erhalt der Unterschrift bestätigt. Nur so kann ich sicher sein, dass alles heil angekommen ist.» Schliesslich sprechen wir hier von Unterschriften die je nach dem einen Wert von bis zu 20'000 Franken haben können. «Und wenn doch mal etwas passiert, bin ich versichert.»

Pippia wird seine Zeit jetzt weiterhin dafür nutzen, an den Verblassungsprozessen zu forschen. Sollten sich erste Ergebnisse abzeichnen, wird Rheintal24 erneut mit dem Autogrammexperten sprechen und die Details rund um die Erkenntnisse publizieren.

Fabian Alexander Meyer, Rheintal24