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St. Gallen
07.01.2025

Viva-Solar-Kunden sind hoffnungslos

Die versprochene Solaranlage wurde bis heute nicht fertig gestellt – trotz Vorauszahlung
Die versprochene Solaranlage wurde bis heute nicht fertig gestellt – trotz Vorauszahlung Bild: stgallen24
Das Unternehmen Viva Solar AG beschäftigt seit Monaten nicht nur das Rheintal. Die Schlammschlacht zwischen dem Geschäftsführer und seinen Mitarbeitern, die dubiose Geschäftsführung oder der kürzliche Gerichtsprozess tragen dazu bei.

Solarenergie ist von einem reinen Phänomen in Zeiten von Energiewende und Energiemangellage zu einem Hype geworden; immer mehr Hauseigentümer springen auf den Zug auf und packen sich eine Solaranlage auf das Dach. Die ungebrochene Nachfrage nach der nachhaltigen Energie lässt auch im Rheintal neue Solarfirmen wie Pilze aus dem Boden schiessen.

Diesen Höhenflug nutzen viele Unternehmer, um sich mit einem eigenen Business das grosse Geld zu verschaffen. Darunter befindet sich auch die Viva Solar AG: Sie hat in der Vergangenheit aufgrund verschiedener undurchsichtiger Geschäftspraktiken in diversen Medien Schlagzeilen gemacht. (Die weiteren Artikel dazu finden Sie am Ende des Artikels). 

Ausgelöst durch unsere Berichterstattung, hat sich nun ein Ehepaar K. (Name der Redaktion bekannt) aus dem Kanton Thurgau bei rheintal24 gemeldet und exklusiv über die Sicht der Kunden berichtet.

Angebot hat überzeugt

Für das Einfamilienhaus der Familie sollte eine Solaranlage gebaut werden – Viva Solar war der Lieferant. «Mitte Mai 2024 wurde mein Mann via Instagram auf das Unternehmen aufmerksam, da wir zu dieser Zeit aktiv auf der Suche nach einer Firma waren, mit der wir unser Projekt einer PV-Anlage für unser Einfamilienhaus realisieren konnten. Wir hatten verschiedenste Offerten eingeholt, Preise und Leistungen verglichen», erzählt die Ehefrau.

Und Viva Solar konnte überzeugen: «Zusammen mit einem Mitbewerber hatte Viva Solar das beste Angebot. Wir haben uns dann für Viva Solar entschieden, da diese nach Auskunft des Beraters für uns sehr naheliegend und eine länger bestehende, grössere Firma sei.» Der Hauptsitz in Sirnach habe den Ausschlag gegeben, «anderenfalls hätten wir uns nicht für die Viva Solar entschieden». (Viva Solar betreibt Geschäftssitze in Sirnach, Schachen b. Reute und Balgach). 

Das Angebot hat ebenfalls überzeugt. Daher bestellte das Ehepaar eine PV-Anlage für ein begrüntes Flachdach mit 24 Solarmodulen, einen Wechselrichter, Batteriespeicher und eine Wallbox. Zu diesem Zeitpunkt wusste das Ehepaar noch nichts davon, was für ein Stein damit ins Rollen gebracht wurde. 

Viva-Geschäftsführer David Zlatkovic Bild: Ulrike Huber

Der erste Schein trügt

«Bei einem ersten Beratungsgespräch vor Ort war der Eindruck sehr positiv und das Beratungsgespräch wurde professionell geführt.» Und auch die Verträge machten einen vertrauenerweckenden Eindruck: «Es erschien uns alles richtig. Sonst hätten wir nichts unterzeichnet.»

Die Unterzeichnung der Verträge erfolgte im Juni 2024, kurz darauf folgte die erste Teilrechnung. «Danach wurden die Genehmigungen durch die Viva Solar bei der Gemeinde beantragt. Am 12. September 2024 kam die zweite Rechnung, die nach Erhalt der Ware bezahlt werden sollte.»

Und es wurde tatsächlich Ware geliefert. Konkret die Wallbox und 24 Solarmodule. Die Wechselrichter und Speicher fehlten jedoch, sagt das Ehepaar. Am 16. und 17. September 2024 wurde die Unterkonstruktion geliefert, diese und die Solarmodule auf dem Dach montiert und die Leitungen in den Technikraum verlegt. «Eine Teilabnahme DC wurde durchgeführt.»

Unsaubere Arbeit, nicht erreichbarer Kundendienst

«Am Abend des 17. September 2024 ging mein Mann auf das Dach und erkannte schnell, dass eine falsche, zu niedrige Unterkonstruktion montiert wurde. Dies haben wir reklamiert. Nach einigen Telefonaten und Durchsicht der Offerte wurde klar, dass wir im Recht sind und eine Unterkonstruktion für ein begrüntes Flachdach hätte verbaut werden müssen», so die Ehefrau.

Der Ehemann ist Handwerker und hat daher genug technisches Wissen, um gravierende Mängel erkennen zu können. «Die Kabel sind sehr gut verlegt. Die Erstmontage der (falschen) Unterkonstruktion war so weit in Ordnung. Allerdings wurde keine Absturzsicherung montiert.»

Am 1. Oktober 2024 wurde die falsche Unterkonstruktion von zwei Mitarbeitern wieder abgebaut und mitgenommen. Seit diesem Tag liegen die Module gestapelt auf dem Dach. Knapp zwei Wochen später, am 14. Oktober 2024, wurde das Ehepaar von einer Nachbarin auf einen Beitrag auf «TVO» angesprochen. «Daraufhin recherchierten wir im Internet und stiessen auf den Artikel von Rheintal24.»

Daher der Gang zum Kundendienst. «Anfangs wollten wir Viva Solar nicht mit unserer Kenntnis der Artikel konfrontieren, da wir uns so erhofften, dass unser Projekt eventuell priorisiert wird.» Doch das sei nicht der Fall gewesen. «Wir wurden ständig vertröstet und belogen, was die weiteren Lieferungen sowie die Fertigstellung der Anlage betrifft.»

Am 7. Oktober 2024 wurde dann tatsächlich ein Wechselrichter geliefert – der heute noch originalverpackt im Technikraum steht. «Auf all unsere Anrufe und Nachrichten wurden wir vertröstet, und uns wurden falsche Versprechungen gemacht. Es gäbe lange Lieferzeiten, man könne uns nur das weiterleiten, was der Chef seinen Mitarbeitern sagt.»

Die Viva in der Schuldenfalle

Eine Zeit lang spielt das Ehepaar das Spiel mit – doch schon bald regen sich noch grössere Zweifel. Am 27. Oktober 2024 wurde dann ein Schreiben verfasst, mit Frist bis Ende November zur vollständigen Lieferung und kompletten Fertigstellung und Inbetriebnahme der Anlage. «Dieses ging in mehrfacher Ausführung an David Zlatkovic (per eingeschriebenem Brief), den Verkäufer sowie an die Geschäftsstelle in Balgach (per A+) und per Mail.»

Am 5. November ging der Ehemann persönlich bei der Viva Solar in Balgach vorbei und sprach mit Zlatkovic. «Auch dort wurden Versprechungen gemacht, sogar Anruflisten mit Lieferanten gezeigt. Alles vergeblich und bis heute ohne Erfolg.»

Am 6. Dezember erhielt David Zlatkovic erneut eine schriftliche letzte Frist bis 13. Dezember. Erlischt diese Frist ohne weitere Reaktion der Viva Solar, behielt sich das Ehepaar sämtliche Rechte vor, sodass die Anlage mit einer anderen Firma fertiggestellt und die bisher angelaufenen Kosten von Viva Solar zurückgefordert werden können. «Auch wenn wir die Hoffnung auf nur einen Rappen schon fast verloren haben», so die Ehefrau. 

Von welchem Betrag wird dabei überhaupt gesprochen? «26'000 Franken, verteilt auf zwei Rechnungen mit jeweils 13'000 Franken. Eine dritte Rechnung über 6500 Franken sollte nach Fertigstellung gezahlt werden.» Erhalten hat das Ehepaar seitdem einen Gegenwert von 9'000 Franken.

Das sinkende Schiff verlassen

Mittlerweile sind Mitarbeiter entweder entlassen worden oder kündigten selbst. Gleichzeitig machte TVO vor einigen Wochen publik, dass Viva Solar ihre Firmenautos abgeben muss – auch diese Rechnungen wurden allem Anschein nach nicht bezahlt. Dazu kommen zwei dicke Betreibungsregisterauszüge, die Rheintal24 vorliegen. 

Ein für das Ehepaar zuständiger Mitarbeiter berichtete ihm von seinem Abgang. «In diesem Zusammenhang wollte er uns als Kunden für seine eigene, im Aufbau befindliche Firma abwerben, um unser Projekt fertigzustellen. Dies mit angeblich zwei weiteren Kollegen der Viva Solar. Der Kontakt zu einem anderen Mitarbeiter ist seit dem 3. Dezember 2024 ebenfalls abgebrochen. Er ist nicht mehr erreichbar und befindet sich laut Viva Solar in einem gekündigten Verhältnis», so die Ehefrau.

Vom zuständigen Elektriker der Viva Solar erhielt das Ehepaar zudem einen aktuellen Auszug aus dem Betreibungsregister. «Durch die dort ersichtlichen Summen an Betreibungen haben wir eher keine Hoffnung mehr. Sowohl auf Fertigstellung als auch auf Schadenersatz.»

«Wir wünschen uns einfach, dass die Sache bald ein Ende hat.»
Viva-Solar-Kunden

«Schlicht unglaublich»

Da bleibt nur noch die Ergreifung rechtlicher Schritte. «Wir haben unsere Rechtsschutz-Versicherung bereits kontaktiert. Aufgrund der aktuellen Sachlage steht wohl der Konkurs der Viva Solar kurz bevor. Demnach sind die Aussichten auf einen Erfolg verschwindend gering.» Um der Gerechtigkeit zu dienen, fordert das Ehepaar «eine schnellstmögliche Fertigstellung und Inbetriebnahme unserer Anlage oder zumindest die Rückzahlung der nicht erhaltenen/erbrachten Leistungen».

Das Ehepaar bleibt also wohl auf einem grossen finanziellen Schaden sitzen – ohne jemals wirklich etwas dafür bekommen zu haben. «Als Familie mit zwei Kindern überlegt man sich ein solches Projekt mehrmals. Man vergleicht Angebote, möchte eine gute Anlage, jedoch nicht zu horrenden Preisen. Wir verdienen unser Geld mit ehrlicher Arbeit (Mann Schreiner, Frau Lehrerin). Da sind 15'000 Franken natürlich viel Geld, die einfach so verloren gehen.»

Das Ehepaar findet klare Worte: «Die Tatsache, dass David Zlatkovic privat offensichtlich ein Luxusleben führt, verärgert uns zusätzlich sehr. Ebenso ist die Tatsache, dass ein solcher Mensch in einem anderen Kanton ohne Weiteres eine neue Firma gründen und so sein Werk weiterführen kann, schlicht unglaublich.» 

Die Situation belastet die Familie sehr. «Wir wünschen uns nur, dass die Sache bald ein Ende hat, wir die Anlage fertigstellen können und möglichst keine weiteren Kosten haben.»

Und was sagt David Zlatkovic zu den Vorwürfen?

David Zlatkovic bezieht zu den Vorwürfen keine Stellung. 

Die Redaktion gab dem Geschäftsführer die Möglichkeit, in einem persönlichen Gespräch seine Punkte darzulegen. Den Interviewtermin sagte er wenige Stunden vor dem Termin kurzfristig ab. Auch schriftliche Fragen blieben unbeantwortet. 

Fabian Alexander Meyer / Toggenburg24