Dienstagnachmittag, Linie 4 Richtung Wittenbach: Am Marktplatz steigt eine Gruppe Teenager ein, manche tragen Sneaker, andere Sandalen – aber alle eine Maske. Sie unterhalten sich laut, lachen und zeigen sich Videos auf dem Smartphone. Ein Mann, um die 50, nuschelt etwas vor sich hin. Er trägt keine Maske.
Die anderen VBSG-Gäste scheint das nicht zu stören, sie schauen aus dem Fenster, hören Musik oder tippen noch schnell eine SMS ins Handy. Der Mann wirkt nervös. Dann steigt ein junger Vater mit einem Kind ein, er setzt sich neben den Mann. «Haben Sie die Maske vergessen? Ich hätte sonst noch eine», fragt er. «Das Ding kannst du behalten. Nützt sowieso nichts, haha!» Der Vater nimmt sein Kind auf den Schoss und ignoriert den Mann während der restlichen Fahrt.
Eine weitere stgallen24-Leserin beobachte fast jeden Morgen ein Pärchen, dass ohne Maske unterwegs ist. Auf ihrem Rucksack klebe der Sticker «Zwangsimpfung? Nein Danke!»
Mehr Maskenverweigerer unterwegs?
Fallen langsam die Hemmungen in der Gesellschaft, und wird die Maskenpflicht nicht mehr so Ernst genommen wie zu Beginn der Pandemie? Oder handelt es sich hier um rein subjektive Wahrnehmungen? Bei den Verkehrsbetrieben St.Gallen habe man nicht den Eindruck, dass mehr Menschen ohne Masken reisen. «Die allermeisten Fahrgäste halten sich an die Maskenpflicht. Es gibt einen minimalen Prozentteil, der das nicht tut», sagt Ralf Eigenmann, Unternehmensleiter der VBSG.
Das Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) und das Bundesamt für Verkehr (BAV) haben die SBB AG und die Postauto AG als Systemführerinnen beauftragt, ein Schutzkonzept öV zu erarbeiten. Dieses definiert Grundregeln und Massnahmen zum Schutz der Kunden und Mitarbeiter im gesamten öffentlichen Personenverkehr der Schweiz. Gestützt auf den Artikel 5 der Covid-19-Verordnung zur besonderen Lage sowie den Erläuterungen zur Covid-19-Verordnung sind Reisende seit dem 6. Juli 2020 in Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs dazu verpflichtet, eine Gesichtsmaske zu tragen. Die Maske muss Mund und Nase bedecken.
Zusätzlich wird mit Hängekartons und auf den Informationsbildschirmen in Bussen, an Bahnhöfen und in Wartebereichen auf die Massnahmen mit der Maskenpflicht aufmerksam gemacht. Auch eine Durchsage ertönt regelmässig aus den Lautsprechern. «Wir öffnen ausserdem alle Türen bei einem Halt, um frische Luft hereinzulassen, und sorgen für die regelmässige Reinigung der Fahrzeuge, insbesondere von Kontaktflächen wie Haltestangen, Haltegriffen und Tastern», so Eigenmann.
Weiterfahrt kann verhindert werden
Trotzdem gibt es Fahrgäste, die sich nicht an das Schutzkonzept halten und ohne Maske reisen. Wie geht die VBSG damit um? «Gemäss Systemführerschaft müssen wir keine polizeilichen Aufgaben übernehmen. Wir unterstützen die Umsetzung des Schutzkonzeptes mit begleitenden und kommunikativen Massnahmen. Die Aufgabe unserer Chauffeure ist der Transport der Gäste – und nicht deren Erziehung», so Ralf Eigenmann. Das Schutzkonzept öV setze auf Eigenverantwortung und Solidarität der Kunden.
Das mit der Kontrolle von Fahrausweisen beauftragte Personal sei aber angewiesen, Personen, die keine Maske tragen, darauf hinzuweisen. Sollten diese die Maske weiterhin verweigern, dann können die Kontrolleure sie auffordern, bei der nächsten Haltestelle auszusteigen.
Polizei auch nicht zuständig
Gebüsst werden die Personen nicht, da das Personal nicht dazu ermächtigt ist. Greift also die Polizei ein? «Wir stellen kaum Bussen wegen Nichttragens der Maske im öffentlichen Raum aus. Wir sind zudem weder für den öV noch für Einkaufszentren zuständig», sagt der Kommunikationsleiter der Stadtpolizei St.Gallen, Roman Kohler, auf Anfrage.
Anders sieht das beispielsweise in Deutschland aus: Dort kontrollieren Patrouillen der Polizei regelmässig in Bus und Bahn, ob die Fahrgäste eine Masken tragen. Wer sich nicht an die Maskenpflicht hält, für den kann es teuer werden: Er muss nicht nur mit einer Anzeige wegen des Verstosses gegen das Infektionsschutzgesetz rechnen, sondern auch mit einem Bussgeld. Hierzulande scheint das etwas lockerer gehandhabt zu werden.